Neu in den Kinos: "Die Unschuld" (Foto: Wild Bunch Germany/Plaion Pictures)
Thorsten Bayer · 11. Aug 2011 · Musik

“Welcome to the church of love and happiness” – Aloe Blacc in der poolbar

Kleine Brötchen zu backen, ist nicht sein Ding. Wenn schon, denn schon: In nichts weniger als eine Kirche will Aloe Blacc die ausverkaufte Halle der poolbar verwandeln – „die Kirche von Liebe und Glück“, so seine Ansage auf der Bühne. Und er misst sich mit den Größten seines Fachs: Er wolle eine Show wie James Brown, Marvin Gaye oder Stevie Wonder hinlegen, verkündet der 32 Jahre alte US-Amerikaner bereits nach dem ersten Song. Doch zum Glück wirkt in der Folge sein Auftritt kein bisschen großspurig, sondern sympathisch und mitreißend – auch dank seiner großartigen Band „The Grand Scheme“.

So voll ist es heuer im Feldkircher Alten Hallenbad noch nicht gewesen: Bis auf den letzten Platz ist die poolbar ausverkauft; sehr zum Leidwesen einiger Fans, die schon lange vor der Öffnung der Kassen auf nicht abgeholte Karten gehofft haben. Der Ruf eines grandiosen Live-Künstlers ist Aloe Blacc vorausgeeilt – und der Soulsänger wird im Laufe des rund 70-minütigen Konzerts seinen Vorschusslorbeeren gerecht.

Geschmeidiger Auftritt

Gleich der erste Song „Hey Brother“ setzt den Ton für die gesamte Show. Mit einem funky Wah-Wah-Gitarrensound, treibenden Drums, Saxophon und Trompete sowie Blaccs unvergleichlichem Timbre geben die sieben Musiker von Anfang an Vollgas. Aloe Blacc nimmt sofort mit seiner Präsenz das Publikum für sich ein. Wer nicht mitsingt, der tanzt mit – und das von den ersten Takten an. Apropos Tanzen: Auch hier setzt der US-Amerikaner Maßstäbe. So geschmeidig er singt, so bewegt er sich auch, spielerisch und scheinbar mühelos.

Fokus auf die eigene Stimme

Die Interaktion mit den Zuschauern ist ihm wichtig. Bei fast jedem Song holt er sich das Publikum als Chor mit ins Boot – das artet mitunter schon etwas aus. Seine Band „The Grand Scheme“ hingegen schweigt, lässt nur die Instrumente sprechen. In einem Interview hat Aloe Blacc einmal erklärt, dass er sich bei seinem aktuellen Album „Good Things“ bewusst auf die bestmögliche Nutzung seiner Stimme konzentriert habe. Dabei kommt ihm auch on stage niemand in die Quere.

Das Debütalbum „Shine Through“ (2006) war noch deutlich experimenteller angelegt. Hier spielte Blacc den Bass, sämtliche Percussion und Bläser selbst ein und probierte die unterschiedlichsten Stile aus, kombinierte Folk, R'n'B, Rap und Indie. Heute setzt er ganz auf Soul; zumindest mit seiner Solokarriere. Denn parallel arbeitet er weiterhin auch als eine Hälfte des Hip-Hop-Duos Emanon, das noch für 2011 ein neues Album angekündigt hat. „Ich genieße es, kreativ zu sein und freue mich, als Soulmusiker Erfolg zu haben. Aber das wird mich nicht davon abhalten, jedwede Form von Musik zu machen, die mir in den Sinn kommt“, erklärt er im Interview. „Derzeit arbeite ich auch mit meinem guten Freund Fabiano Nascimento an einem Bossa-Nova-Album.“

Wie aus einem Guss

Sein Können als MC lässt er auch in der poolbar einmal aufblitzen, als er einen Rap-Song einstreut. Das tut seinem Auftritt gut, der ansonsten wie aus einem Guss wirkt – manchmal sogar etwas zu homogen und abgeschliffen. Das liegt nicht zuletzt an der Begleitband „The Grand Scheme“, die sich zurückhält, die Show ihrem Frontman überlässt, aber stets auf den Punkt und auf höchstem Niveau spielt. Die Musiker harmonieren großartig, ohne dabei routiniert ihr Standardprogramm abzuspulen.

Klare Botschaft statt Platitüden

Die – zweifellos lupenreine – Optik täuscht bei Aloe Blacc, der auch in Feldkirch mit stilsicherem Outfit (oranges Hemd, Weste und Hut) überzeugt. Denn bei ihm handelt es sich eben nicht um einen „Modepapst“, der eine attraktive Hülle, aber inhaltlich nur Platitüden zu bieten hat. Im Gegenteil: Seine Songs versteht der Kalifornier, dessen Eltern aus Panama stammen, nicht als bloße musikalische Kulisse für romantische Stunden. Er hat stattdessen eine klare Botschaft: „Das größte Problem, das wir in der Welt haben, ist ein schwerer Mangel an Achtsamkeit. Viele von uns in den entwickelten Ländern machen sich keine Gedanken über das Leiden auf der ganzen Welt, das wir mit unseren Gewohnheiten als Konsumenten verursachen – und wegen dem mangelnden Verantwortungsgefühl der Konzerne.“

Insofern passt auch der Erfolg seines Top-Hits „I need a dollar“, der es in Österreich bis auf Platz fünf der Single-Charts geschafft hat, ins (sozialkritische) Bild. Kurioserweise ist ausgerechnet dieser Song in der Zwischenzeit die Titelmelodie der US-Fernsehserie „How To Make It In America“ geworden – einem Format, das Wikipedia „Comedydrama“ nennt und sich um zwei Männer dreht, die versuchen, in der New Yorker Modeszene Fuß zu fassen.

Eigene Top-Hits und eine Coverversion von „Billie Jean“

Für das Ende des umjubelten Sets hat sich Aloe Blacc noch einige Trümpfe aufgehoben: Natürlich „I need a dollar“, außerdem eine getragene Coverversion von Michael Jacksons „Billie Jean“ und als allerletzte Zugabe schließlich „Loving You Is Killing Me“. Nur ein Song vermisst der Fan, nämlich das groovige „Miss Fortune“. Aber das Manko lässt sich an diesem begeisternden Soul-Abend leicht verschmerzen.