Mozart bei Dornbirn Klassik – mitteilsam und unverblümt
Das fünfte Abonnementkonzert von Dornbirn Klassik war ganz Wolfgang Amadeus Mozart gewidmet. Das Stuttgarter Kammerorchester mit Thomas Zehetmair am Pult stellte einander die erste und die letzte Sinfonie gegenüber und bot damit spannende Vergleichsmöglichkeiten. Zudem interpretierte Pierre-Laurent Airmard Mozarts letztes Klavierkonzert, Nr. 27 (KV 595). Zu erleben war ein geistreicher Konzertabend mit markigen und aussagekräftigen Werkdeutungen. Überdies war die gute Stimmung zwischen den Orchestermusiker:innen und ihrem Chefdirigenten Thomas Zehetmair spürbar und verbreitete im Dornbirner Kulturhaus eine freudvolle Atmosphäre.
Thomas Zehetmair ist als international renommierter Violinist bekannt, der sich neben dem klassischen Repertoire stets auch der zeitgenössischen Musik zuwendet. Auch als Dirigent genießt er international hohes Ansehen. Seit der Saison 2019/2020 ist der vielseitige Musiker unter anderem Chefdirigent des Stuttgarter Kammerorchester. Der französischen Pianist Pierre-Laurent Aimard ist ebenfalls ein ausgewiesener Spezialist für die Interpretation zeitgenössischer Musik. Diese Qualifikationen sind deshalb bemerkenswert, weil Musiker:innen, die sich intensiv mit neuer Musik beschäftigen, meistens die Werkdeutungen traditioneller Kompositionen durch ihr spezielles Augenmerk unter anderem auf harmonische Farben und innermusikalische Klangcharakteristika sowie spezifische Tongebungen bereichern. So profitierten auch die drei Mozartwerke von diesem besonderen interpretatorischen Zugang. Vom ersten bis zum letzten Ton war Spannung angesagt. Thomas Zehetmair leitete die Musiker:innen mit gut nachvollziehbarer Gestik und einer aktiv formenden linken Hand. Seine Körperhaltung war jeweils ganz den einzelnen Stimmgruppen zugewandt.
Der ersten Sinfonie von W.A. Mozart begegneten die Orchestermusiker:innen und Thomas Zehetmair mit viel Esprit. Durch ausgeprägte dynamische Unterschiede verliehen sie den Themen Kontur und machten auch Perspektivenwechsel auf klassische Themenführungen und Phrasierungen möglich. Spannend waren die Vergleiche zwischen der ersten und letzten Mozartsinfonie, der berühmten Jupitersinfonie. So waren in der ersten Sinfonie, die Mozart als Kind komponiert hat, bereits motivische Gegensatzpaare, Wechselwirkungen zwischen Stimmgruppen und harmonische Farbschattierungen wirkungsvoll angelegt, die im Spätwerk mit dramatischer Wucht aufeinander prallten.
Mozarts Sinfonie Nr. 41, (KV 551) gestalteten das Kammerorchester Stuttgart und Thomas Zehetmair mit viel Elan, so dass die dramatischen Wendepunkte mit Brüchen und immer wieder sich aufbauenden Neuanfängen, über aufgewühlten Tuttipassagen mitreißend zur Geltung kamen. Auffallende Temposchwankungen hievten Übergänge in den Klangvordergrund und schufen eine große Erwartungshaltung. Die gedämpften Violinen unterstrichen den in sich gekehrten, geheimnisvollen Charakter im Andante. Im Menuett formte das Orchester das Hin- und Herschwanken der Themenblöcke mit breitem Duktus aus. Schließlich erklang der kontrapunktische Schlusssatz in vielerlei schillernden Klangfarben und harmonischen Stimmungen. Linien und Bögen wurden straff artikuliert und bündelten die Energien.
Verbindungen geschaffen
Pierre-Laurent Aimard und das Stuttgarter Kammerorchester fanden in der Werkdeutung des Klavierkonzertes Nr. 27 nicht von Beginn an zueinander. So richtig in Beziehung traten sie erst nach der ersten Solokadenz. Bewundernswert kommunizierte Aimard dabei die Themen und präsentierte sie kunstvoll und mit perlendem Anschlag. Das Larghetto kostete der Pianist voll aus, dabei tauchte er ein in den Klangfluss des aufmerksam agierenden Orchesters und ließ sich tragen. Auch im Finale war spürbar, wie konzentriert Pierre Laurent Aimard in Kontakt zum Instrument trat und zu einer intensiven Ausdruckskraft fand. Das Publikum reagierte begeistert auf die Werkdeutung. Mit dem Klavierstück „Hommage a Berenyi Ferenc“ von György Kurtág dankte der Solist und stellte dabei eine Beziehung zu Mozarts Musik her, die lange nachwirkte.
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