Stefan Rüeschs Werke sind derzeit in der Galerie Sechzig in Feldkirch zu sehen. (Durchblick, Acryl u. Kohle auf Leinwand, 126 x 438, 2020, Foto: Markus Tretter)
Walter Gasperi · 30. Mär 2023 · Film

Aktuell in den Filmclubs (31.3. - 6.4. 2023)

Beim TaSKino Feldkirch steht diese Woche der französische Spielfilm „Gagarine - Einmal schwerelos und zurück“ auf dem Programm, in dem Fanny Liatart und Jéremy Trouilh leichthändig Sozialdrama, zarte Liebesgeschichte und märchenhafte Momente mischen. Der Spielboden Dornbirn zeigt dagegen unter dem Motto „Animal Watching!“ in Kooperation mit dem Verein gegen Tierfabriken und pure leben in Vorarlberg den Disney-Animationsfilm „Zoomania“.

Gagarine – Einmal schwerelos und zurück: Die nach dem legendären sowjetischen Kosmonauten Juri Gagarin benannte Pariser Wohnanlage Cité Gagarine sollte ein Musterprojekt des sozialen Wohnbaus werden. 55 Jahre nach der Einweihung ist aber von der einstigen Aufbruchsstimmung nichts mehr zu spüren: In desolatem Zustand befindet sich der Komplex und steht vor dem Abbruch. Doch während andere schon an Umzug denken, will der 16-jährige Yuri (Alséni Bathily), der nach Gagarin benannt wurde, dies auf keinen Fall. Mit seinem Freund Houssam (Jamil McCraven) versucht er Reparaturen durchzuführen und die Anlage, so gut es geht, in Schuss zu halten.
So realistisch Fanny Liatart und Jérémy Trouilh in ihrem Spielfilmdebüt die triste Wohnsituation einfangen, so poetisch ist „Gagarine“ nicht nur in Yuris Träumen von Weltraumausflügen, sondern auch, wenn der Teenager nachts mit einer Freundin mit Lichtsignalen kommuniziert. Nichts spürt man hier vom aggressiven und explosiven Klima, von den Konflikten zwischen den verschiedenen Ethnien und brutalen Polizeieinsätzen, die Klassiker des Banlieue-Films wie Matthieu Kassowitz´ „La Haine“ oder Ladj Lys „Les Misérables“ bestimmen. Vielmehr beschwören Liatard und Trouilh die Lebensfreude der Jugendlichen und die Kraft der jungen Liebe. 
Verspielt und leicht macht die Mischung von Sozialdrama, Coming-of-Age-Geschichte, zartem Liebesfilm und märchenhaften Elementen „Gagarine“, der auch durch das leidenschaftliche Spiel der jungen Hauptdarsteller:innen Vitalität und Optimismus ausstrahlt. Doch nicht nur ihr Spiel und das Setting, sondern auch die sehr authentisch besetzten Bewohner:innen der Anlage sorgen dafür, dass die Realität nie aus den Augen verloren wird und der Film immer geerdet bleibt.
TaSKino Feldkirch im Kino GUK: 1.4.bis 6.4.

Zoomania: Eine kleine Häsin geht als Polizistin in einer nur von Tieren bewohnten Metropole auf Verbrecherjagd: Byron Howard und Rich Moore spielen in diesem Disney-Animationsfilm brillant und anspielungsreich mit den Mustern des Cop-Genres, zitieren Coppolas „Der Pate“ ebenso wie Orson Welles´ „Citizen Kane“ und bieten so rasante, gleichermaßen spannende wie witzige Unterhaltung.
Gleichzeitig verbinden sie die mitreißende Handlung aber auch souverän mit höchst aktuellen gesellschaftspolitischen Themen. Wie einst George Orwell in „Animal Farm“ nimmt das Regie-Duo die ursprüngliche Funktion der antiken Tierfabel ernst, will unterhalten und nützen und verpackt in die Unterhaltung eine klare Botschaft, die aber nur ganz am Ende penetrant vorgebracht wird. Ungemein dicht kommen die Anspielungen auf Quotenregelung, politisches Taktieren und Klischeebilder. Raffiniert wird mit den klassischen Tierrollen von den bösen Raubtieren und den dummen und harmlosen Schafen gespielt und diese gezielt auf Menschen und die heutige Situation der Welt, auf stereotypes Denken von aggressiven Fremden und zivilisierter eigener Gesellschaft übertragen. Was in einem Realfilm leicht platt und überfrachtet wirken könnte, funktioniert in der Animation bestechend.
Spielerisch leicht wird vorgeführt, wie brüchig die gewonnene Einigkeit unter den Tieren ist, und wie leicht machtgierige Tiere, die nach außen hin ganz unscheinbar und harmlos wirken können, gezielt Angst schüren, um ihre Interessen durchzusetzen und wie leicht auch eine positive Figur wie die Häsin Hopps unfreiwillig mit missverständlichen Aussagen bei einer Pressekonferenz diese Hetzer und Verhetzer beim Schüren von Vorurteilen unterstützt.
Spielboden Dornbirn: Di 4.4, 19.30 Uhr

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