Neu in den Kinos: "Die Unschuld" (Foto: Wild Bunch Germany/Plaion Pictures)
Dagmar Ullmann-Bautz · 21. Nov 2016 · Literatur

Was der Seele gut tut – Schwärzlers Literatursalon

Was der Seele gut tut, lässt sich oft gar nicht so leicht feststellen. Bisweilen lassen sich die kostbaren und willkommenen Seelenstreicheleinheiten verorten mit besonderen Begegnungen, mit einzigartigen Ereignissen und Erlebnissen, mit Lokalitäten und Aufenthaltsorten. Kurzum, es sind die Sinneserfahrungen, über deren Kanäle diese Streicheleinheiten in unser innerstes Ich gelangen, jedoch nur unter einer unumstößlichen Voraussetzung: Es muss passieren, es muss geschehen, muss erfahren und erlebt werden.

Letzten Sonntag waren sich die Besucher des kleinen, doch feinen Symposiums im Hotel Schwärzler in Bregenz jedenfalls durchwegs einig: „Es war ein einmaliger, ein kostbarer Abend!“ Als Überraschungsgast wurde die Vorarlberger Autorin Monika Helfer im Rahmen des zweiten kulinarischen Literatursalons präsentiert.

Klassischer Salon

Es ist ein ausgefeiltes, ein feines Format, das Hoteldirektorin Susanne Denk gemeinsam mit Theater-Kosmos-Leiter Hubert Dragaschnig und dem Autor Wolfgang Mörth in ausgiebigen Diskussionen an der Hotelbar ersonnen haben. Ein Format, das an die Tradition der klassischen Salons anknüpft, präsentiert im überschaubaren, ja intimen Rahmen, mit etwa 20 Gästen. Neben einem wirklich exquisiten, mehrgängigen Menü sieht das Konzept die Anwesenheit und den Auftritt eines prominenten Überraschungsgastes vor, der sich zwischen den kulinarischen Verwöhneinheiten mit Leseproben seines Lieblingsbuches ins Rampenlicht stellt.

Literatur als Lebenselixier

Für Veranstalterin Susanne Denk ist Lesen seit jeher Lebenselixier und mithin auch der Grund, warum in ihrem Hotel das Lesen, warum Bücher eine ganz große Rolle spielen. Mit Büchern auf den Hotelzimmern lädt sie ihre Gäste zum Lesen ein, unterstützt junge Autorinnen und Autoren mit einem Literaturwochenende zu Ostern und bringt literaturinteressierte Menschen zusammen. Für ihre Ideen und Vorhaben hat sie mit Hubert Dragaschnig und Wolfgang Mörth zweifellos die richtigen Partner gefunden – zwei kreative Köpfe mit den richtigen Kontakten in die Literaturszene.

Etwas ganz Besonderes

„Nichts Großes, nichts Lautes, vielmehr etwas Intimes, gedacht für einen kleinen Kreis von Menschen, denen Lesen mehr bedeutet, als nur das Verarbeiten von Informationen.“ So wird Schwärzlers Literatursalon auf der Homepage des Hotels angekündigt. Und es ist tatsächlich etwas ganz Besonderes. Wer zu Gast sein wird, wird vorher nicht verraten. Es sind Persönlichkeiten aus der Gesellschaft, nicht unbedingt Autorinnen. Denn gelesen wird nicht selbst Geschriebenes, sondern aus dem Lieblingsbuch. Und genau dadurch entwickelt der Abend eine ganz eigene Dynamik. Ein Lieblingsbuch vorzustellen hat etwas sehr Persönliches, ja beinahe Intimes. Über die Liebe und Leidenschaft für ein bestimmtes Buch, einen Autor, eine Autorin öffnet sich der Mensch und gestattet einen kurzen „Blick in seine innere Welt“, wie es Monika Helfer so wunderschön formulierte.

Ein verzweifelt schönes Buch

Die Autorin Monika Helfer als Gast des zweiten Literatursalons brachte ein Buch mit, das sie als 17-Jährige gelesen hatte, das sie damals verzaubert hat und auch heute noch begeistert. „Das Herz ist ein einsamer Jäger“ der amerikanischen Autorin Carson McCullers verknüpft die Schicksale von fünf Menschen in einer Stadt im Süden Amerikas der Dreißigerjahre. Die damals erst 22-jährige Autorin hat ein „verzweifelt schönes Buch über das Scheitern menschlicher Sehnsucht“ (Elke Heidenreich) geschrieben, in einer großartigen Sprache und einer faszinierenden Figurenzeichnung.

Berührend und Spannend

In ihrer unnachahmlichen Art hat Monika Helfer aus dem Buch gelesen, hat sich für eine Figur, das Mädchen Mick Kelly entschieden, hat deren Träume, ihre Liebe zur Musik, ihre Sehnsucht nach Schönheit den gebannten Zuhörern näher gebracht. Im Gespräch mit dem Moderator des Abends Wolfgang Mörth schilderte sie weitere Details der Handlung, präzisierte andere wichtige Figuren der Geschichte und gab auch viel Persönliches in sehr berührender Weise preis, indem sie ihre Hingezogeneinheit zu diesem Buch erläuterte. So entspann sich zwischen Wolfgang Mörth mit seiner ruhigen, kompetenten und feinfühligen Art und einer in allen ihren Momenten des Auftretens zutiefst feinsinnigen Monika Helfer ein für den Zuhörer höchst spannender und inspirierender Dialog.

Literarische und kulinarische Köstlichkeiten

Der Abend hatte von Anfang bis zum Schluss Stil und Klasse. Von der persönlichen Begrüßung bei einem Glas Prosecco bis hin zum abschließenden Maroni-Tiramisu war das Gebotene ein Genuss, seien es die sautierten Kräuterseitlinge oder das rosa gebratene Kalbsfilet, alles spielte gemeinsam mit den literarischen Köstlichkeiten auf höchstem Niveau, war Körper- und Seelennahrung, war Streicheleinheiten für die Seele. Schön, dass dabei die Hauptperson, das Hauptthema immer der Gast und sein Lieblingsbuch blieb und die Gespräche, die sich dazu an den drei Tischen während des Abends entwickelt hatten, dank einer unermüdlich umsorgenden Gastgeberin Susanne Denk sich noch bis kurz nach Mitternacht in der Lounge fortsetzen ließen. (Co-Autor: Heinz Ullmann)

Der nächste Literatursalon mit einem weiteren, nicht preisgegebenem Ehrengast und seinem literarischen Lieblingswerk, findet am 11. Dezember statt.