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Friederike Hehle · 08. Sep 2015 · Literatur

Quintessenz aus fünf Jahrhunderten - Neues Buch zur Geschichte der Stadt-Apotheke Bregenz

Welcher Bregenzer kennt sie nicht, die Stadt-Apotheke am Fuße der Kirchstraße, die dieses Jahr ihr 350-jähriges Bestehen feiert? Wie reich an Geschichte die älteste Apotheke der Vorarlberger Landeshauptstadt tatsächlich ist, das ist wahrscheinlich den wenigsten Bregenzern bekannt. Ein neu erschienenes Buch beleuchtet nun ihre geschichtliche Entwicklung anhand zahlreicher Quellen, die Norbert Spalt umfassend in verschiedenen Archiven recherchiert hat, sowie mittels beeindruckendem Bildmaterial. Kurze Exkurse betten sie in den stadt- und pharmaziegeschichtlichen Zusammenhang ein.

Über 200 Jahre am jetzigen Standort


Nicht immer befand sich die Stadt-Apotheke am heutigen Standort. 1665 war es ein Haus in der jetzigen Kirchstraße 15, in dem der erste Apotheker Johannes Brendlin – er hatte in der St. Galler Hofapotheke gelernt – im Dienste der Gesundheit wirkte.

In den 1750er-Jahren wechselte die Apotheke an den Kornmarkt, wohin sich das städtische Leben vom Leutbühel aus verlagert hatte. Hier war der damalige Apotheker Johann Anton Flatz durch Heirat in den Besitz des sogenannten Schatzmannschen Hauses (heute Juwelier Kuner und Theatercafé) gelangt. Sein Schwiegersohn Franz Anton Bandel führte die Stadt-Apotheke bis ins frühe 19. Jahrhundert am Kornmarkt fort.

Franz Anton Bandels Schwager Franz Xaver Flatz kaufte 1789 das Haus in der Kirchstraße 7, wo die Stadt-Apotheke heute ist, den Erben des weithin bekannten Stadt- und Landphysikus Dr. Jakob Mathias Zürcher von Goldenbeck ab. Dr. Zürcher hatte sich nicht nur als Arzt, sondern vor allem auch als Verfasser von Beschreibungen des Hohenemser Schwefelbades bzw. des Schoppernauer Bades Hopfreben einen Namen gemacht. Flatz richtete somit erstmals eine Apotheke in diesem Haus ein, verkaufte sie jedoch nach zehn Jahren an seinen Schwager. Bandels Sohn Ferdinand übernahm die Apotheke in der Kirchstraße 1812 und vereinigte sie wenige Jahre später mit der väterlichen Apotheke in der heutigen Kirchstraße 7, wo sie heute noch besteht.

Nach der Apotheke benannte Gasse


Seit 1697 verbindet eine Gasse die Maurachgasse mit der Kirchstraße. Ursprünglich ließ sie der Stadtrat im Hinblick auf mögliche Feuersbrünste oder Überschwemmungen anlegen. Nach der Unterbringung der Apotheke in der heutigen Kirchstraße 7 und ihrem dauerhaften Verbleib an diesem Ort setzte sich im Laufe der Zeit der Name „Apothekergässele“ durch. Die Verkleinerungsform in der Bezeichnung war einerseits ihrer Lage nördlich der Apotheke, andererseits der geringen Breite und Länge geschuldet. 1956 bestätigte ein Stadtvertretungsbeschluss die Bezeichnung „Apothekergässele“ auch offiziell.

Prunkvolle Zeit um die Jahrhundertwende


Ein besonders eindrückliches Bild der Stadt-Apotheke zeichnen die Fotos aus dem frühen 20. Jahrhundert, die der damalige Apotheker und Hobby-Fotograph Eduard Zigna quasi vor und hinter den Kulissen machte. Sie befinden sich heute im Bregenzer Stadtarchiv bzw. in Privatbesitz. Gemeinsam mit Drucksorten aus dieser Zeit zeigen die Fotos eine prunkvolle Zeit für die Apotheke. In diesem Zusammenhang sind nicht nur die zwischenzeitlich entfernte historistische Fassadendekoration, sondern auch die damalige Innenausstattung im Verkaufsraum und Labor zu sehen.

Anhand der Drucksorten wird auch deutlich wie breit das damals in der Stadt-Apotheke geführte Sortiment war. Neben gängigen Arzneien betrieb sie eine Sodawasser- und Limonaden-Erzeugung und bot diverse Weine, Spirituosen und Teespezialitäten an. Verschiedenste Drogerieartikel sowie Kindernahrung rundeten das Sortiment ab.

Vom Handwerker zum Händler


Anhand der Fotos lässt sich auch der Wandel in der Tätigkeit des Apothekers gut nachvollziehen. Lange Zeit war diese sehr handwerklich geprägt, während derer er die einzelnen Arzneien selbst zubereitete. Mit fortschreitender Industrialisierung sollte sich dies zunehmend ändern. Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts deckten sich immer mehr Apotheker mit chemischen Stoffen und Arzneifertigprodukten aus industrieller Produktion ein. Die Folge war eine Verschiebung der Tätigkeit in Richtung Handel. Heute steht die Handelstätigkeit mit entsprechender Beratungsleistung deutlich im Vordergrund.

Stadt-Apotheke heute


Heute ist die Stadt-Apotheke eine von insgesamt fünf Apotheken der Vorarlberger Landeshauptstadt. Die Apotheke, wie wir sie heute kennen, verdankt ihr Aussehen einer umfassenden Sanierung aus den Jahren 1999 und 2000. Veranlasst hat sie der jetzige Besitzer Mag. pharm. Werner Braun, der das Haus 1993 kaufte und seit diesem Zeitpunkt die Apotheke führt. Die Geschichte seines Hauses, aber auch die Entwicklung seiner Apotheke interessierten ihn von Beginn an. Das Ergebnis seines Interesses ist die jetzige Herausgabe eines Buches sowie die Anbringung einer Gedenktafel am Haus. Beides soll weit über das Jubiläumsjahr hinaus auf die reiche Vergangenheit der Stadt-Apotheke Bregenz aufmerksam machen.

 

 

Friederike Hehle, mit umfassender Quellenrecherche von Norbert Spalt, Quintessenz aus fünf Jahrhunderten, 350 Jahre Stadt-Apotheke Bregenz 1665-2015, 144 S., € 24,90, StudienVerlag, Innsbruck 2015

Friederike Hehle ist Geschäftsführerin von historizing – Agentur für Geschichte e.U. in Dornbirn, www.historizing.at