Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Sabine Benzer · 05. Jul 2015 · Literatur

Literaturwettbewerb „Lobreden auf Dinge“ - Interview mit Isabella Natter-Spets vom desingnforum Vorarlberg

Das Theater am Saumarkt, Literatur Vorarlberg und die ArtDesign Feldkirch suchen im Rahmen des Feldkircher Lyrikpreises 2015 nach „Lobreden“ auf Dinge. Ein Interview mit Isabella Natter-Spets von Sabine Benzer kann vielleicht manche/n aus der Literaturszene zur Teilnahme animieren.

Sabine Benzer: Was sind die Aufgaben des Vorarlberger designforums?
Isabella Natter-Spets: Das designforum Vorarlberg ist eine Vernetzungs-, Präsentations- und Dialog-Plattform für Design. Wir wollen Design und seinen Wert als Innovationstreiber ins Bewusstsein der Bevölkerung rücken und einen Ort bieten, an dem Designinteressierte, Anbieter und NachfragerInnen von Designleistungen in Austausch kommen. Dazu bieten wir das ganze Jahr über ein Programm mit Ausstellungen, Workshops, Vorträgen, Dialogformaten und Vernetzungsevents wie etwa die PechaKucha Night - Abende an denen sich bis zu 15 kreative Köpfe in Kurzpräsentationen ihre Ideen, Projekte und Initiativen vorstellen.
Benzer: Welche „Trends“ sehen Sie im zeitgenössischen Design?
Natter-Spets: Um es nicht unnötig kompliziert zu machen, spreche ich jetzt nicht von Mode-, Schmuck-, Grafik-, Verpackungs- oder Industriedesign, sondern versuche, die Frage für Möbel und Alltagsobjekte zu beantworten: Dort sehe ich den einen großen Trend nicht – eher mehrere Paralleltendenzen mit ihren jeweils eigenen Botschaften, Ausdrucksformen und Gesten: Da gibt es zum einen die große Gruppe von jungen Designerschaffenden, die ganz sinnliche und humorvolle Dinge entwerfen – nicht mehr streng geometrisch, sondern organische Formen, oft recht verspielt und mit überraschenden Materialkombinationen.
Dann gibt es die Gruppe, die sich sehr stark am Thema Einfachheit und Angemessenheit orientiert – einfache Formen, einfache Materialien, einfache technische Lösungen – hier geht es darum, Dinge zu gestalten, die in der heute so komplex scheinenden Welt wohltuend simpel und verständlich sind. Nachhaltigkeit und schonender Umgang mit Ressourcen ist natürlich auch im Design ein großes Thema, daraus erklärt sich die aktuell sehr populäre Verwendung von heimischem Holz, die verschiedenen Upcycling-Themen, die vielen Modul-Möbel, die durch Erweiterbarkeit länger genutzt werden können und einige interessante Objekte aus atypischen Materialien wie etwa Sessel aus Birkenrinde oder Hocker aus Stroh in einem Metallgehäuse.
Im Bereich Industriedesign gibt es auch sehr interessante Entwicklungen im Materialbereich – in Vorarlberg sind hier die ganzen neuen Stickereianwendungen zu nennen – etwa Stickerei, die LEDs in Textilien einbringt, gestickte Konstruktionen, Carbonstickerei u.ä. technische Anwendungen. Und es gibt sehr interessante Materialinnovationen wie  etwa Bakterienzellulose, das große Feld der hochwertigen 3D-Druckverfahren u.v.a.m.

Architektur – Literatur – Design

Benzer: Welche neuen Aufgabenbereiche sehen Sie auf DesignerInnen zukommen?
Natter-Spets: Die Designschaffenden arbeiten in einer sehr interessanten Zeit: Es geht nicht mehr um „more of the same“. Gesellschaft und Wirtschaft sind stark im Umbruch, was wieder Auswirkungen auf die „Dingwelt“ hat. Wir werden immer stärker und konsequenter hinterfragen, was wir brauchen und wozu. Es lässt sich schon beobachten, dass GestalterInnen sich wieder viel mehr Terrain im gesellschaftlichen Diskurs zurückerobern und an die Dinge sehr umfassend herangehen – also nicht mehr nur fragen: wie mache ich einen formschönen, ergonomischen Sessel? Sondern: Was sind Situationen, wo wir uns als Menschen länger austauschen wollen und wie könnte ein passendes Möbel dafür aussehen?
Benzer: Architektur ist mit Design eng verbunden, sehen Sie auch Zusammenhänge zwischen den beiden Kunstrichtungen Design und Literatur?
Natter-Spets: Ich sehe da viele Parallelen, erstens – ganz einfach – sind Design und Literatur beide schöpferisch. Angewandtes Design kann Literatur in Szene setzen. Als Sprachen haben beide viele ähnliche Facetten wie Schwere und Leichtigkeit, eine bestimmte Persönlichkeit, einen lauten oder leisen Ton, sie können verständlich und klar sein oder chaotisch. Ich würde da soweit gehen, dass jedes literarische Werk Umgebungen und Möbel hat, die sich passend oder aber extrem unpassend anfühlen. Einen spröden Text in einem dieser wunderbar organischen Jacobsen-Egg-Sesseln sitzend zu lesen, scheint mir z.B. irgendwie seltsam.
Was Design und Literatur auf jeden Fall vereint, ist, dass beide Geschichten erzählen.

 

Ausschreibung des Literaturwettbewerbs „Lobreden auf Dinge“ für Erwachsene und junge Leute unter www.saumarkt.at/lyrikpreis/literaturwettbewerb-lobreden-auf-dinge