Stefan Rüeschs Werke sind derzeit in der Galerie Sechzig in Feldkirch zu sehen. (Durchblick, Acryl u. Kohle auf Leinwand, 126 x 438, 2020, Foto: Markus Tretter)
Christina Porod · 08. Mai 2013 · Kleinkunst, Kabarett

Roland Düringer – Über die Schieflagen des Weltgeschehens

Am gestrigen Dienstagabend setzte Roland Düringer seine geplante Vortrags-Trilogie fort. Auf „ICH - Ein Leben“ folgte nun der zweite Teil „WIR - Ein Umstand“, den er im Freudenhaus in Bregenz präsentierte. Darin steckte scharfe, laute und giftige Gesellschaftskritik. Sprache, Wirtschaft, Politik und Arbeit sind die großen Themen des zweistündigen Programms, in das der österreichische Kabarettist das Weltgeschehen, manchmal auf pikante, fast immer aber auf spitzzüngige Art und Weise, verdeutlichte.

Kaum auf der Bühne, im legeren Outfit und bunten Perlen im Bart, legt Roland Düringer los. Um sein Publikum auf das Kommende vorzubereiten, gibt er einen kurzen Rückblick in den ersten Teil seines Vortrags. Und er stellt gleich klar, dass in seinem aktuellen Vortragskabarett mehr Fragen gestellt werden, als er Antworten geben kann. Dazu wird immer wieder das Saallicht angeworfen, um mit dem Publikum zu interagieren. Beispielsweise lässt Düringer mit Handzeichen abstimmen, wer an Gott glaubt oder wer seine Arbeit auch unbezahlt machen würde.

Wir oder die anderen


Der Kabarettist und Schauspieler spricht über die anderen, gemeint sind aber wir alle. WIR im Bürgerkäfig: Wir, die einen Arbeitsplatz haben, aber einen Einkommensplatz besetzen, im WIR-Bewusstsein leben und die Macht, die dieses auf das Leben jedes Einzelnen ausübt. An plastischen Beispielen versucht er unter anderem die Verschuldung und die Verteilungsungerechtigkeit zu erklären. Er thematisiert Massentierhaltung, die Tier-KZs. „Tiere töten ist etwas Unschönes. Deshalb lassen wir töten.“ „Besser als Kinder so früh wie möglich an Chicken McNuggets zu gewöhnen, wäre eine Exkursion in den Schlachthof“. Ein solcher Besuch wird dann schonungslos aufgezeigt. Oder er berichtet vom Irrwitz mit dem Auto zur Arbeit zu fahren, mit dem Lift ins Büro und dann freilich wieder mit dem Auto ins Fitnesscenter. Der 49-Jährige stellt die Absurditäten des Weltgeschehens mit scharfem Blick bloß. Als Vergleich dient ihm der Neandertaler, der „ein Burnout nur dann bekommt, wenn das Feuer ausgeht".

Vom Schmunzeln bis zum herzhaften Lachen, aber auch vieles zum Reflektieren umschließt das Programm, das mehr Wahrheit in seinen Worten hat, als so mancher Zuschauer erträgt.

Bissig und hintergründig


Lachen ist zwar die beste Medizin, heißt es. Und es wird auch gelacht bei Roland Düringers Vortrag. Doch die Schieflagen, die der empörte Wutbürger anspricht, können und sollen nicht weggelacht werden. Es braucht Menschen wie ihn, der die Umstände, die oft pervertierten Lebensweisen anspricht. Und das tut er, oft auf zynische und unbequeme Weise, mitunter mit drastischen Episoden und derben Worten. Das alles verlangt die Aufmerksamkeit vom Zuhörer, der sich größtenteils unterhalten, aber auch ertappt fühlt und im besten Fall nachdenklich nach Hause geht.

Gültige Stimme


Seit letztem Dezember wagt Düringer einen Selbstversuch. Er verzichtet auf viele Annehmlichkeiten der Konsumgesellschaft. Fast täglich gibt er im Videotagebuch auf www.gueltigestimme.at Auskunft darüber wie’s ihm beim Verzicht auf Handy, Auto, Supermarkt oder Bankomatkarte geht.

 

Die schlechte Nachricht vorweg: Leider ist die heutige Vorstellung von Roland Düringer bereits ausverkauft. Aber die gute Nachricht ist, noch bis zum 25. Mai steht ein abwechslungsreiches Programm auf dem Spielplan des Seelax-Festivals. Näheres unter: www.seelax.at