Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Thorsten Bayer · 08. Mai 2013 · Aktuell

Stille Kräfte des Kulturbetriebes, Teil vier: Marion Maier

In unserer neuen Serie präsentieren wir in kurzen Interviews Menschen, die für Vorarlberger Kulturveranstalter unverzichtbare Arbeit leisten. Dieses Mal stellen wir Marion Maier vor. Sie hat es vor zwanzig Jahren aus Nordhessen nach Hittisau verschlagen.

Marion Maier, 1965 in Köln geboren, ist in der Kulturstadt Kassel aufgewachsen. Schon als Kind hat sie die Documenta, eine der weltweit bedeutendsten Reihen von Ausstellungen für zeitgenössische Kunst, hautnah miterlebt. „Einige Kunstprojekte sind mir bis heute noch in lebhafter Erinnerung geblieben“, erzählt sie. „1982 erregte der Künstler Joseph Beuys großen Unmut innerhalb der Bevölkerung, indem er direkt auf einer Wiese vor dem Fridericianum 7000 Basaltblöcke abgeladen hatte. Jeder, der 500 DM spendete, durfte einen Stein abtragen und an einer anderen Stelle in Kassel dafür ein Eichenbäumchen pflanzen. Daneben wurde der Basaltblock platziert. Fünf Jahre hat es gedauert, bis auch der letzte Stein abgetragen war. Beuys hat mit diesem Projekt den urbanen Lebensraum von Kassel nachhaltig verändert.“

Persönliche Blickwinkel der Kulturvermittlerinnen


Marion Maier ist gelernte Lithografin und seit 1994 verheiratet. Ihren Mann, einen gebürtigen Dornbirner, lernte sie bei einer Reise in Osttirol kennen: „Da mich die Region Bregenzerwald von Anfang an faszinierte, konnte mich nichts mehr in Kassel halten.“ Gemeinsam haben sie zwei Kinder: Laura (19) und Simon (9). Laura eifert ihrer Mutter nach und engagiert sich ebenfalls im Frauenmuseum. „Eine große Besonderheit des Frauenmuseums Hittisau liegt nicht nur in der Art der persönlichen Vermittlung, sondern auch darin, dass Frauen aus unterschiedlichem sozialen Hintergrund und verschiedenen Alters, zwischen 18 und 80 Jahren, mitarbeiten und ihren persönlichen Blickwinkel miteinbringen.“ Direktorin Stefania Pitscheider Soraperra schätzt an ihrer Kollegin unter anderem ihr „hohes Engagement und Interesse für das Haus“.

Vielfältiges Engagement


Seit wann sind Sie im Frauenmuseum aktiv? Und wie kam es zu diesem Engagement?
Die Geburt meines Sohnes im Jahr 2003 und die damit verbundene berufliche Arbeitspause brachte mich auf die Idee, die Karenzzeit zu nutzen, um mich im Frauenmuseum zu engagieren. Inzwischen bin ich zehn Jahre dort aktiv. Schon immer waren Frauengeschichte und die Gleichstellung von Frauen und Männern wichtige Themen für mich. Sehr früh habe ich in vielen Bereichen ein starkes Ungleichgewicht gespürt, besonders in der Arbeitswelt. Seit dem Jahr 2000 engagiere ich mich darum ehrenamtlich als Frauensprecherin im Frauennetzwerk Vorarlberg.

Im Jahr 2010 habe ich zusammen mit Ingrid Delacher aus Alberschwende einen Kurzfilm zum Thema „121 payday in Vorarlberg“ gedreht, um besonders auf die großen Einkommensunterschiede zwischen Männer und Frauen in Vorarlberg hinzuweisen. Seit ein paar Jahren bin ich Gemeindevertreterin in Hittisau. In unserer Gemeinde begleite ich Gruppen auf dem „Holzkulturweg“ und mache Architekturführungen durch das Feuerwehr- und Kulturhaus (Frauenmuseum) von Hittisau. Da Frauengeschichte heute noch in vielen Geschichtsbüchern fehlt, ist es sehr wichtig, dass es Museen gibt, die diese Geschichte wieder sichtbar machen. Wir sind zwar in Österreich einzigartig, aber weltweit gibt es inzwischen über 40 Frauenmuseen und Initiativen. Darum engagiere ich mich!

Welche Aufgaben haben Sie seitdem im Frauenmuseum gehabt?
Neben den Führungen und der Betreuung der Besucher während der Öffnungszeiten bin ich wie alle unsere Kulturvermittlerinnen in vielen verschiedenen Bereichen tätig, die in so einem Museum anfallen: Recherche, Dokumentation und Archivierung, Aufbau und Abbau usw.

Selbstbewusstsein


Wie verläuft die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen im Frauenmuseum?
Wir profitieren und lernen alle voneinander. Besonders der Bereich Ausstellungsvermittlung und der dadurch verbundene Kontakt mit vielen Menschen, den verschiedensten Gruppen und den unterschiedlichsten Kulturen hat mich persönlich ein großes Stück weltoffener und selbstbewusster gemacht. Ständig wechselnde Ausstellungen in unserem Museum, das heißt, sich ständig auf neue Themen einzulassen, an unseren intensiven internen Fortbildungen teilnehmen, sich gründlich einzulesen, viele Fragen zu stellen und mit Expertinnen und Experten in Kontakt zu kommen. Für mich persönlich hat die Arbeit im Museum auch bewirkt, dass ich mich nun auch in der Gemeindepolitik engagiere.

Welche Erfahrungen aus dem Frauenmuseum nehmen Sie mit in die Arbeit als Frauensprecherin der Gemeinde Hittisau?
Die Arbeit im Frauenmuseum stärkt nicht nur das Selbstbewusstsein und die Lebensfreude, sondern es macht sensibel für Frauenthemen und- anliegen. Jede neue Ausstellung bedeutet gleichzeitig: ständige Weiterbildung, Ansammlung von Wissen und Lebenserfahrung. Diese Kulturarbeit prägt und fließt in unser gesamtes Leben mit ein.

Ausbildung zur Museologin


Sie haben auf eigene Initiative eine Ausbildung in Museumsarbeit besucht. Wie lange dauerte diese Ausbildung und was haben Sie dabei gelernt?

Nachdem es in Vorarlberg zwar eine vielfältige  Museumslandschaft gibt, aber keine Möglichkeit, sich in diesem Bereich weiterzubilden, habe ich mich im Oktober 2012 für den Studiengang „Museumsarbeit“ an der HTW Chur angemeldet, den ich im April 2013 erfolgreich als Museologin abgeschlossen habe. Das Besondere daran war, dass die blockweise angelegten Unterrichtseinheiten immer in verschieden Museen der Schweiz und auch Liechtenstein stattfanden. Man bekommt zahlreiche Einblicke in den Arbeitsbereich von anderen Museen und kann daraus sehr viel an Erfahrung und Wissen mitnehmen. Besonders beeindruckt war ich vom Sammlungszentrum in Affoltern.

Und ganz allgemein: Was bedeutet Kultur für Sie?
Kultur bedeutet für mich heute: an der Gestaltung des gesellschaftlichen Lebens aktiv teilnehmen.