Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Christina Porod · 03. Mai 2013 · Kleinkunst, Kabarett

Florian Schröder beim Seelax-Festival - Eine lebendig spritzige Show mit dem Gefühlsvegetarier ohne Schawatte

Dass Florian Schröder weitaus mehr kann, als nur Politiker imitieren, stellte er am gestrigen Donnerstagabend im Freudenhaus in Bregenz mit seinem Programm „Offen für alles und nicht ganz dicht – DIE SHOW“ eindrucksvoll unter Beweis. Der Kabarettist überzeugte in seinem mittlerweile 3. Soloprogramm mit Politischem, Gesellschaftlichem und Zwischenmenschlichem. Bereits als 14-Jähriger hatte Schröder seinen ersten TV-Auftritt. In Harald Schmidts Sendung „Schmidteinander“ parodierte er Prominente. Heute kennt man den Wahl-Berliner aus regelmäßigen Fernsehauftritten in „Neues aus der Anstalt“, „Ottis Schlachthof“ oder „Genial Daneben“.

Nach einem flotten Intro mit imitierten Eingangsworten von Angela Merkel über Mario Barth bis zu Joseph Ratzinger aus dem Off, steht er da, elegant im weißen Hemd und Krawatte.
Von Beginn an macht es Spaß, dem spitzzüngigen Kabarettisten zuzuschauen und zuzuhören. Die üblichen Verdächtigen der deutschen Polit-Szene, Merkel, Rösler oder Steinbrück sind ihm ebenso eine dankbare Quelle wie aktuell auch Uli Hoeneß.
Der 33-Jährige hat was zu sagen, durchforstet auch den Zeitgeist seiner Generation. Eine Generation, die sich nie entscheiden will, eine Generation der Jein-Sager, bei der es bis 39 heißt „ich bin offen für alles“ und ab 39 das Motto lautet „mal gucken“. Eine Generation, die laut Schröder bei der Facebook-Anmeldung 90 Fragen beantwortet - bei der Stasi seien es nur 48 gewesen. Scharfsinnig wird diese von Florian Schröder beobachtet und persifliert.
Auf Modebegriffe wie „Lounge“, Trendgetränke wie „Aperol Sprizz“ oder vermeintlich Kreative mit „Schawatten“, also krawattenähnlich gebundene Schals, hat es Schröder ebenso abgesehen wie auf moderne Unternehmenskultur, bei der Angestellte anhand von Brainstormings scheinbar in Mitbestimmungsprozesse eingebunden werden.
Aber auch die Tatsache, dass beim Prozess gegen die Zwickauer Terrorzelle, die Zeitschrift Brigitte ausgelost wurde, lässt er nicht außen vor. „Was kann man da erwarten? Diät-Tipps von Beate Zschäpe?“ Dazwischen mischt er zum großen Vergnügen der Zuschauer brillante Parodien von Politikern und anderen Prominenten. Die von Anfang an hohe Lach-Frequenz flaut beim bekennenden Gefühlsvegetarier – er isst nur hässliche Tiere - nicht ab, im Gegenteil sie steigt beständig an.

Feines Zusammenwirken mit dem Publikum


Souverän interagiert der charmante Entertainer auf der Bühne und beweist immer mal wieder Geschick im Umgang mit seinem Publikum: Schon eingangs möchte er wissen, aus welchem Land die Zuschauer kommen: Deutschland, Österreich oder der Schweiz? Mit Applaus soll dies beantwortet werden. So will er herausfinden in welche Richtung seine Witze gehen sollen.
Vor der Pause agiert er noch in feinster Coach-Manier. Für die Übung zur Stärkung des Selbstwertgefühls lässt Schröder das Publikum aufstehen und mitmachen: Zuerst winken, einmal rechts und einmal links, dann beide Arme nach vorne, die Hände zu Fäusten ballen und mit einem schnellen Ruck zur Seite preschen - hätte bei den Sitzengebliebenen ins Auge gehen können. Auch nach der Pause gibt’s was zum Mitmachen: ein Quiz. Bei der Textinterpretation der Musikgruppe „Silbermond“ soll das Publikum mitraten, ob die jeweiligen Textzeilen von der deutschen Pop-Band stammen oder nicht. Als Preis winkt eine Tasse Espresso. Die Gewinnerin, Claudia aus Feldkirch, schlägt sich beim kurzen Interview mit Schröder auf der Bühne wacker und bietet so wider Erwarten einen kleinen Höhepunkt.
Zwischendurch heißt’s dann: „Gibt’s sonst noch Fragen bis hierhin?“.

Dreistündiger Kabarettgenuss


Das kunterbunte Allerlei aus Kabarett, Parodie, Interaktion mit dem Publikum schmiegt er zu einem harmonischen Ganzen zusammen. Ab und an hört man doch ein verdaddertes „Ohhh“ vor dem Lachen, ob seiner scharfen spitzen Zunge. Das fast dreistündige Kabarett mit geballter Ladung Energie kommt gut an und das honoriert das Publikum mit tosendem Applaus.