Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Thorsten Bayer · 02. Apr 2011 · Kleinkunst, Kabarett

Charmant unperfekt - „Malediva“, die schwulen Musik-Kabarettisten aus Berlin, begeisterten am Spielboden Dornbirn

Mit vielen Vorschusslorbeeren waren sie nach Dornbirn gekommen: Kleinkunstpreise am laufenden Band, Lobeshymnen in den Feuilletons, gut besuchte Konzerte. Und Lo Malinke, Tetta Müller und Florian Ludewig (Piano) zeigten an zwei Abenden am Spielboden, dass ihnen ihr guter Ruf zu Recht vorauseilt.

Diese Situation kennt wohl jeder, egal ob homo- oder heterosexuell: Freunde haben sich zum Essen angekündigt, in wenigen Stunden soll der gemeinsame Abend beginnen. Und die Stressfaktoren bis dahin sind zahlreich: Welcher Hauptgang (ist wirklich Kaninchen die richtige Wahl für alle?), welcher Wein – und am wichtigsten: Was ist überhaupt die richtige Sitzordnung? Kratzen sich nicht vielleicht Schwiegermutter und die beste Freundin die Augen aus?

Bissige Dialoge mit Wiedererkennungswert

Diese erste Szene ist der Rahmen für „Die fetten Jahre“, das neue Programm von "Malediva". Hinter diesem Pseudonym verbergen sich zwei Partner, die auch privat unzertrennlich sind: Tetta Müller und Lo Malinke aus Berlin. Dazu begleitet sie ihr langjähriger Freund Florian Ludewig am Piano. Und das tut er gleich virtuos, als die vor Wortwitz sprühenden Dialoge in den ersten Song münden: „Fremde Leute In Deiner Wohnung“. Mit Bissigkeit spart der für die Texte zuständige Malinke dabei nicht: „Du glaubst doch nicht, dass diese Leute nur kommen, um mit uns zu essen / Die woll´n doch als erstes ´ne Tour durch die Wohnung und dann wird jeder Winkel vermessen / Und sie schwören auf Jacques´ Weindepot, weil sie nur Jacques´ Weindepotweine trinken / Besuch ist wie Fisch auf der Heizung: Er fängt ziemlich schnell an zu stinken.“

Große Herzenswärme

Die beiden 40 Jahre alten Künstler halten sich und ihrem Publikum manchmal unbarmherzig, meistens aber augenzwinkernd den Spiegel vor. Dass ihnen die ZuschauerInnen manche Provokation nicht krumm nehmen, liegt an zwei Faktoren: Zum einen nehmen Malinke und Müller vorzugsweise sich selbst aufs Korn, zum anderen lassen sie immer eine große Herzenswärme spüren; egal, wie sehr gerade die „Wort-Pfeile“ fliegen.
Sie platzen fast vor kindlicher Spielfreude. Zwar verpassen sie manchen Einsatz oder lassen Ludewig minutenlang weiter das Intro spielen, das schon längst in den Hauptteil hätte übergehen sollen. Hier und da bringt der eine auch den anderen aus dem Konzept, weil er sich mitten in einem Lied einen direkten Kommentar nicht verkneifen kann. Das ist manchmal etwas zu viel des Guten – doch ihre Darstellung bleibt stets unprätentiös und charmant. Das Publikum dankt es ihnen immer wieder mit Szenenapplaus.

Improvisationsfreude

Im zweiten Teil lässt die Lacher-Dichter etwas nach, jedoch auf höchstem Niveau. Die Improvisationsfreude bleibt konstant; immer wieder flechten die Beiden kleine Anekdoten ein, um sich und ihr Publikum zu unterhalten. Da ist auch der nachmittägliche Friseurbesuch des Pianisten nicht vor Spott sicher. „Florian war vor der Show noch bei einem Laden namens Top Hair“, witzelt Müller, „ich vermute ja, dass der Salon so heißt, weil sie dort keine Schamhaare machen.“

Von Kummer und Kümmerling

Die leisen Töne sind an diesem Abend seltener, aber dafür intensiver. Dass sie Romantiker sind, können und wollen die beiden nicht verhehlen. So singen sie beispielsweise Zeilen wie „Ich will dein Kummer und dein Kümmerling sein… / Ich will dein Einzel- und dein Doppelkinn sein“. Melancholischer Höhepunkt gegen Ende der rund zweistündigen Show ist „Der Tag, an dem Du fortgehst“. Von einer Sekunde auf die andere schaltet das Trio um: Das Licht wird blau, die Stimmung auch.
Und wie endet der Abend eigentlich? So, wie er begonnen hat – in Zweisamkeit, nachdem sämtliche Freunde abgesagt haben. Malinke als Chefkoch hat großzügig gerechnet und zwei Kaninchen pro Gast kalkuliert. Nun sind 18 gebratene Tiere übrig, mindestens 14 zu viel. Doch mit solchen Banalitäten will sich das Pärchen jetzt gar nicht abgeben. Sie entscheiden spontan, schick essen zu gehen – und Ärger und Konventionen zuhause zu lassen.