Derzeit in den Vorarlberger Kinos: The Zone of Interest (Foto: Filmcoopi Zürich)
Christina Porod · 21. Sep 2012 · Kleinkunst, Kabarett

„Pleite ist man nicht wenn man kein Geld mehr hat, sondern wenn man keins mehr bekommt“ – komisch ökonomisch - Hans Gerzlich im Zeughaus

Am Donnerstagabend eröffnet Hans Gerzlich die kleine Kabarett-Reihe im Lindauer Zeughaus. Das Wirtschaftskabarett findet zufälliger- aber passenderweise nicht weit vom Treffen der Wirtschaftsjunioren statt, wo Theo Waigel (CSU) spricht. Na, vielleicht hätten sie besser rüber kommen sollen, da hätten sie was gelernt ... und einen geistreichen, unterhaltsamen und spitzzüngigen Auftritt erlebt. Das Handy darf eingeschaltet bleiben. Denn, wer um diese Uhrzeit anruft, muss etwas Wichtiges wollen. Vielleicht ist es ja der Babysitter, der nachfragt, ob die Feuerwehr Trinkgeld bekommt.

Käfighaltung, Bodenhaltung, Buchhaltung

Während der ganzen Vorstellung sitzt Hans Gerzlich entspannt und lässig auf einem Klappstuhl, die Beine überschlagen, ein Arm auf dem Nachbarstuhl, in der Hand hält er eine Wirtschaftszeitung. Am Ende der Vorstellung erfährt das Publikum, dass dort elegant-unsichtbar sein Spickzettel versteckt ist.Der Gelsenkirchener sucht seine Themen, wo er sich auskennt: Nach seiner Ausbildung als Groß- und Einzelhandelskaufmann studiert er Wirtschaftswissenschaft. Das Studium schließt er mit Diplom ab, das müsse man heutzutage dazusagen. 2000 wechselt er auf die Bühne und verarbeitet seitdem seine Berufserfahrungen als Marketing-Referent. Aktuell tritt er mit seinem Programm "Käfighaltung, Bodenhaltung, Buchhaltung" auf.

Gehirnlos + gehörlos = taubdumm

Pointiert und staubtrocken entlarvt er die komplexen Zusammenhänge von Politik und Wirtschaft und deckt Missstände auf. Aktuelle wie ehemalige Politiker bekommen ihr Fett ab. Einmal quer durch die deutsche Politikgeschichte, ob Adenauer, Kohl oder Guttenberg, jeder muss dran glauben. Mit Leidenschaft wettert er gegen Angela Merkel. Ihre Politik sei ungefähr so geradlinig wie David Hasselhoffs Nachhauseweg. Ihr Gesicht sieht aus wie ihr Ehemann heißt (Joachim Sauer) und ihre Stimme erinnere ihn an eine Mischung aus Theo Lingens und der von Willi aus Biene Maja. Noch schlechter weg kommt nur noch FDP-Chef Philipp Rösler. Denn Gerzlich fragt sich: „Wie tief sind wir gesunken, dass wir hoffen müssen, dass der Kanzlerin nichts passiert?“ Wenn der gehirnlose Rösler auch noch gehörlos wäre, dann wäre er laut Gerzlich taubdumm. Seine Vermutung ist, dass Merkel Rösler nur ins Kabinett aufgenommen hat, weil für ihn kein Kita-Platz frei war. Auch die Gesundheitspolitik spart der Kabarettist nicht aus: Er empfiehlt Hähnchenfleisch beim ersten Kratzen im Hals und Leberwurst anstelle von Wick VapoRub.

Zähneputzen = Zeitverschwendung

Der 45-Jährige bietet in seinem Programm weit mehr, als bloße Politik- und Wirtschaftskritik. So rechnet er seinem Publikum auf erfrischende Weise vor, warum Zähneputzen nichts anderes als Zeitverschwendung ist. Im Laufe eines Lebens schrubbt man ca. 3 Monate seine Zähne, ein neues Gebiss vom Zahnarzt ist in wenigen Sitzungen implantiert. Eine Zeitersparnis, die man durchaus konstruktiv nützen kann. Beispielsweise um sich Fragen zu widmen, auf die man an Unis keine Antworten bekommt: Ob das Wort Lebensgefährtin tatsächlich von Lebensgefahr kommt oder warum es Katzenfutter mit Rind-, Huhn-, und Fischgeschmack gibt, aber nicht mit Mausgeschmack.

Im zweistündigen Programm erlebt das Publikum eine sehr kurzweilige, sehr ökonomische und sehr komische Show. Sehr empfehlenswert!

Auf dem Kabarettprogramm im Zeughaus stehen noch Stefan Zinner am 22.9. und Christoph Sieber am 27.9. Detaillierte Infos unter: www.zeughaus-lindau.de