Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Silvia Thurner · 20. Sep 2021 ·

Jubelstimmung zum Einstand in die neue Saison – das Symphonieorchester Vorarlberg mit Leo McFall am Pult sowie Selina Ott und Lilya Zilberstein spielten mit bewundernswerter Inspiration

Eine kluge Werkauswahl sowie zwei herausragende Solistinnen und ein gut disponiertes Orchester ergaben einen fulminanten Einstieg in die neue Saison der Abonnementkonzerte des Symphonieorchesters Vorarlberg mit seinem neuen Chefdirigenten Leo McFall. Die Trompeterin Selina Ott interpretierte zu Beginn das Trompetenkonzert „Eirene“ von Herbert Willi und begeisterte mit ihrer Darbietung. Nicht mehr auf den Sitzen hielt es die Zuhörenden nach der Werkdeutung des dritten Klavierkonzertes von Sergej Rachmaninow mit Lilya Zilberstein als Solistin.

Die Konzertsaison des Symphonieorchesters Vorarlberg und den ersten Turnus des neuen Chefdirigenten Leo McFall mit einer Komposition unserer Zeit zu eröffnen, ist ein gutes Zeichen. Schon lange war kein Werk von Herbert Willi in Vorarlberg zu hören. Hoch war die Erwartung an die herausragende Trompeterin Selina Ott, die als Solistin das Trompetenkonzert „Eirene“ aus dem Zyklus Montafon interpretierte. Mit großer innerer Ruhe entfaltete sie die langen Phrasierungsbögen, setzte mit einem bewundernswerten Pianissimo in höchsten Lagen an und trat abschnittweise in ein wirkungsvolles ‚Call- und Response‘ mit dem Orchester. Gut ergänzt wurde Selina Ott von den Trompetern Roché Jenny und Bernhard Lampert, die den Solopart aus den Orchesterreihen als gleichwertige Partner unterstrichen. Die weit wallenden Bögen im Orchester gestalteten die Musiker:innen und Leo McFall mit einer fein nuancierenden Klangbalance und atmendem Duktus aus, so dass der meditative Gesamtcharakter des Trompetenkonzertes gut zur Geltung kam. Aufhorchen ließen überdies die farbenreich aufgebauten Instrumentalklänge der markanten Klangtürme, die wie Marksteine den musikalischen Fluss des Werkes gliederten.

„Rach 3“ mit Bravour gespielt

Die aus Russland stammende und an der Wiener Musikuniversität lehrende Pianistin Lilya Zilberstein war eine ideale „Einspringerin“ für den ursprünglich angekündigten Solisten Nicholas Angerich. Souverän spielte sie den komplexen Solopart des dritten Klavierkonzertes von Sergej Rachmaninow, bei dem ihr während des gesamten Werkes kaum eine Ruhepause gegönnt war. Die Art und Weise, wie sie aus dem bewegten und vielstimmigen Klavierpart die Themen herausschälte und ihnen die charakteristischen Profile verlieh, faszinierte vom ersten bis zum letzten Ton. Elegant und mit Leichtigkeit formte sie die musikalischen Hauptlinien einesteils poesievoll und andernteils mit prägnantem Anschlag und kristallklar. Trotz zahlreicher großer Gesten und fulminanter Aufschwünge musizierten Lilya Zilberstein mit Bedacht auf kammermusikalische Dialoge, die schöne Wechselwirkungen ergaben.
Den Orchesterpart gestaltete das SOV homogen und war der Solistin ein geistreich und spontan (re-)agierender Partner. Bei Leo McFall liefen die Fäden zusammen. Er dirigierte mit viel Einsatz und wirkte dabei sehr präsent. Konzentriert hörte das Publikum zu und ging begeistert mit – kein Wunder, dass es nach dem letzten Ton die Zuhörenden nicht mehr auf den Stühlen hielt und viele mit ‚standing ovations‘ die Energie geladene Werkdeutung feierten.
Fein im Detail und exakt in der großen Form entfalteten Leo McFall und das Symphonieorchester Vorarlberg auch Tschaikowskys Fantasie für Orchester „Der Sturm“. Zuerst sorgten die Musiker:innen mit dem brodelnden Klanggrund und dem schön zelebrierten, pastoralen Hornklang für Spannung, dann bündelten sie die Energien und ließen von den Streichern aus den Sturm so richtig aufbrausen.
Nicht nur in diesen Passagen war erlebbar, wie gut disponiert das Orchester, aber insbesondere die Streicher:innen, unter der neuen Leitung von Leo McFall musizieren.