„Kaffee und Zucker?“ Dokumentartheater im TAK in Liechtenstein © Pablo Hassmann
Silvia Thurner · 24. Jul 2021 ·

In direktem Austausch mit dem Publikum – bei „Zeitklang im Museum“ spielten Musiker der Wiener Symphoniker in feiner Atmosphäre und mit viel Spaß an kleinen Besetzungen

Zum fünften Mal gab es bei „Zeitklang im Museum“ die Gelegenheit, Mitglieder der Wiener Symphoniker als Kammermusiker zu erleben. Auf dem Programm standen Duette, Trios, ein Sextett sowie ein Klavierstück von österreichischen Komponisten. Das neueste Werk von Gerda Poppa, „Distanzen“, wurde erfolgreich uraufgeführt. In anregenden Gesprächen mit Manfred Welte gaben die Komponisten Richard Dünser, Gerda Poppa, Martin Rainer und Alfred Huber Einblicke in ihre Intentionen. Dass die Musiker Stefan Tomaschitz, Peter Schreiber, Alexander Neubauer, Peter Dorfmayr und Robert Gillinger viel Spaß an den kleinen Besetzungen hatten, zeigten die inspirierten Interpretationen der gut einstudierten Werke. Emphatisch wurden sie von der Pianistin Ines Schüttengruber begleitet.

Das vorarlberg museum bietet „Zeitklang im Museum“ einen idealen Raum. Ohne Podium spielten die Musiker „face to face“ vor den Zuhörenden, so dass sich sogleich eine persönliche und konzentrierte Atmosphäre einstellte. Im Mittelpunkt stand die Uraufführung des Werkes „Distanzen“ für Kontraforte und Klavier von Gerda Poppa, das im Auftrag von Robert Gillinger entstanden ist. Vielgestaltig setzte die Komponistin Assoziationen zum Titel „Distanzen“ in Musik. Das vierteilige Werk wurde mit einem großen Aufforderungscharakter eröffnet, in dem Ines Schüttengruber am Klavier den hinter der Bühne spielenden Fagottisten über die räumliche Distanz hinweg in eine musikalische Zwiesprache verwickelte. Sodann erklang eine motorisch vorwärtsdrängende Linie, die die Musikerin und der Musiker humorvoll entfalteten. Distanzen zwischen musikalischen Stilen wurden im dritten Teil ausgelotet. Energisch wirkte der abschließende Tanz, bei dem das „Dis“ den Kernton bildete. Wirkungsvolle Tonrepetitionen und rhythmische Wechsel bestimmten den Ablauf, aufhorchen ließen dabei die beeindruckenden Pedaltöne des Kontraforte.
Aufmerksamkeit lenkte der 27-jährige Flötist Stefan Tomaschitz auf sich. Bewundernswert virtuos und emotional zugleich erfüllte er zusammen mit der Pianistin das Stück „deep red / deep blue“ für Flöte und Klavier von Thomas Larcher mit Leben.
Martin Rainer schuf für den Hornisten Peter Dorfmayr ein Werk mit dem prägnanten Titel „Urschrei“. Die zentrale musikalische Geste des Horns exponierte jedoch keinen Urschrei wie ich ihn mir bislang vorgestellt hätte. Viel mehr erklang eine glissando-geführte Floskel über die Naturtöne des Instruments hinweg. Diese Geste wurde verbunden mit melodischen Gesten und weiteren Klangfarbenänderungen des Horns, doch die musikalischen Grundgedanken wirkten relativ rasch ausgeschöpft.

Große stilistische Bandbreite

Das in einem lyrischen Balladenton gehaltene „Nocturne“ für Michaela von Richard Dünser bot eine poesievolle Entspannung, die Ines Schüttengruber am Klavier mit ihrer emphatischen Spielart unterstrich. Erfrischend wirkte auch der Bossa Nova op. 21/e von Heinz Karl Gruber.
Roland Freisitzers „Nocturne l…á la recherche d’une mélodie oubliée“ für Englischhorn (Peter Schreiber), Bassklarinette (Alexander Neubauer) und Kontrafagott profitierte vor allem von der ungewöhnlichen Besetzung. Inspiration zu diesem Werk gab Marcel Prousts Mammutwerk „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“. Die gut proportionierten Spiegel- und Angelpunkte sowie die wechselnden Rollenverteilungen der Instrumente ergaben einige Anreize. Doch die Darbietung gleich zu Beginn des Konzertabends wirkte ungünstig auf die für dieses kontemplative Werk notwendige Ruhe.
Für Holzbläserquintett und Klavier komponierte Alfred Huber das stringent gestaltete Werk „Cognition II“. Wechselverhältnisse zwischen den Instrumenten und das Aufeinander-Reagieren, indem musikalische Floskeln weitergetragen, entwickelt und zueinander in Beziehung gestellt wurden, bestimmten den straff geführten musikalischen Ablauf. Auffallend waren die unterschiedlichen Gestaltungsarten des Klanggrundes, den zuerst der Klavierpart und in weiterer Folge auch die Bläser ausbildeten. Dadurch entstanden unterschiedliche Umgebungsmuster für das musikalische Geschehen im Klangvordergrund. Besonders in Erinnerung blieben die Spaltklänge und Schwebungen, die die Bläser am Beginn des zweiten Abschnitts intonierten, bevor fugierte Passagen den Satz wieder verdichteten.

 

Tipp:
Dienstag, 3. August, 19.30 Uhr, Zeitklang im Museum II
Wiener Concert-Verein unter der Leitung von Ziv Cojocaru
Werke von M. Kranebitter; R. Schutti; H. Schmidinger; M. Floredo und D. Probst
vorarlberg museum, Bregenz