Im Kunsthaus Bregenz bleibt man anonym
Verweigerung, Infiltration und eine Gabe im KUB
Vergeuden wir nicht die Zeit damit, draufkommen zu wollen, wer die Person ist, die in das KUB ein parasitäres, funktionsfähiges Haus mit Wasser-, Abwasser- und Stromanschluss stellt. Kein Name wird preisgegeben, doch No-Name ist diese Person gewiss nicht, zu groß wäre das Wagnis für Künstlerpersönlichkeit sowie Institution. Und am Anfang war die Einladung, dann erst die Idee zur Anonymität.
Ungewöhnlich, die Präsentation bei der Pressekonferenz (wie auch der Artist Talk am Samstag 11.10. werden wird). ███████ spricht zu uns über einen Simultanübersetzer. Sich der Autorenschaft zu entziehen, stelle vieles in Frage: Identität, Biografie, Erfahrung, Bezüge auf frühere Werke, Produktionsweise, den kreativen Impuls. „Wenn ich nicht ich bin, kann ich irgendjemand sein“, Anonymität sei wie ein Werkzeug, das auch befreiend wirkt. Doch andererseits wird es zum existenziellen Problem, wenn man sich auf nichts mehr verlassen könne, was zuvor geschaffen wurde, „oder auf Referenzen, seien es ästhetische, philosophische oder thematische“. Man verzichtet auf öffentliche Aufmerksamkeit, Anerkennung, Marktgewinne, Sichtbarkeit, Vermächtnis und natürlich auch darauf, je darüber zu reden.
Im dritten Obergeschoß des KUB steht eine funktionelle Struktur aus Aluminium. Zwei Fassadenteile lassen sich als Kipptore öffnen. Das Modulhaus ist bewohnbar ausgestattet: Küche, Herd, Kühlschrank, Waschbecken, weiters Dusche und WC, eine dicke weiche Matratze und ein versenkbarer Tisch. Betreten erlaubt, auch das Wasser rinnen zu lassen. Wie anregend einerseits und ernstgemeint andererseits die Einladung zur Aktivierung des Kunstwerks ist, wird sich herausstellen, wenn sich die Erste dort ein Spiegelei brät.
Das Stockwerk darunter bleibt leerer Raum, doch ein Spalt in der Glasdecke über die gesamte Länge legt ein Rohr frei. Was normalerweise verborgen ist, wird sichtbar, „wir stehen im Grunde genommen also unterirdisch unter dem parasitären Haus“. Im ersten Stock steht fragmentarisch ein Vorschlag für die Außenhaut der Struktur, sonst nichts, wobei die Isolierung dem Klima in Bregenz angepasst ist. Im Erdgeschoß steht ein Kopierer. Eine weitere Großzügigkeit, hier können sich Interessierte alle Informationen zur Entstehung des Kunstwerks kopieren und mitnehmen, anstatt der Publikation zur Ausstellung.
Das Modulhaus steht nicht zum Verkauf, darf nicht besessen oder archiviert werden. Es ist eine Gabe, die als Artist Residency weiter bestehen oder produziert werden kann, eine lebendige, funktionierende Struktur – gebaut, um zerlegt und andernorts wieder zusammengesetzt zu werden. Es widersetzt sich dem Nachleben der Kunst als Ware, sabotiert damit den Kunstmarkt. In vielerlei Hinsicht ist es zwar eine Skulptur, aber es gibt eine Reihe von Bedingungen. Wenn sie von anderen Institutionen übernommen werden würde, müsste sie Gastgeber sein und aktiviert werden.
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11.10.2025–18.1. 2026
Eröffnung: Fr, 10.10., 17 Uhr
Artist Talk: Sa, 11.10., 11 Uhr
Kunsthaus Bregenz
www.kunsthaus-bregenz.at