Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Tamara Ofner · 13. Apr 2017 · Gesellschaft

Vorbildhaft - Eine 18-jährige Gymnasiastin recherchierte einen Fall der versuchten Enteignung ihrer Familie während des Nationalsozialismus

Anna Maria Egglers Urgroßvater - Franz Eggler - war Mitbegründer und Teilhaber der Skiliftgesellschaft Zürs. Als die Nationalsozialisten in Deutschland an die Macht kamen, wurden nicht nur Juden und Regimegegner enteignet, vertrieben und ermordet, sondern es wurde auch das gesamte Wirtschaftsgefüge im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie umstrukturiert. Die Lecher Skiliftbetreiber wehrten sich dagegen und hatten Erfolg – im Gegensatz zu vielen anderen Gewerbetreibenden und Unternehmern. Anna Maria Eggler hat im Rahmen einer vorwissenschaftlichen Arbeit im Fach Geschichte die Rechtsakten dazu in den Archiven gesucht und die Daten und Fakten zu diesem Fall recherchiert.

Archive als Fundgrube


Als die Großmutter von Anna Maria Eggler starb, wurde auch ein Stapel Dokumente gefunden, der darauf hinwies, dass es einen Prozess gegen eine geplante Enteignung während des Nationalsozialismus gegeben haben musste. Ihr Vater hatte zwar vom Großvater bereits darüber gehört, etwas Genaueres wusste jedoch niemand. In einer Jubiläumsfestschrift war dann ein kurzer Vermerk zu finden. Dieser führte in die Archive der Ski Zürs AG und von dort aufgrund einer gefundenen Aktenzahl in die Landesarchive in Tirol und Vorarlberg. Teile des Schriftverkehrs zwischen dem Bregenzer Rechtsanwalt Dr. Julius Denifl und den klagenden Skiliftbetreibern Sepp Bildstein, Franz Eggler und Ambros Strolz gaben erste Einblicke und wiesen die Spur ins Wiener Staatsarchiv, wo Anna Maria Eggler, die Urenkelin von Franz Eggler, den gesamten Prozessakt fand und versuchte den Fall zu rekonstruieren.

Ohne Vorbehalte darüber sprechen


Über ein Jahr lang hat Anna Maria Eggler für ihre Arbeit in den Archiven recherchiert und was zu Beginn von anderen als langweilig abgetan wurde, erweist sich nun als beachtenswerte Arbeit, die im Rahmen eines Vortrages im Museum Huber-Hus in Lech einem interessierten Publikum vorgestellt wurde und somit auch von Seiten der HistorikerInnen Beachtung erlangte. Zudem wird ihre Arbeit in die Vorarlberger Landesbibliothek aufgenommen und steht somit interessierten LeserInnen zur Verfügung.

Der Vortrag im Museum Huber-Hus führte zu zahlreichen Wortmeldungen und berührenden Erzählungen über damalige Geschehnisse in den Familien der Zuhörer. Mit dieser vorsichtigen und sorgfältig recherchierten Arbeit einer Gymnasiastin ist es gelungen, das Interesse an den Hintergründen und Lebenssituationen dieser mit vielen Tabus behafteten Zeit zu schaffen und einen offenen Gesprächsraum anzubieten, der den generationenübergreifende Blick auf dieses dunkle Kapitel unserer Geschichtsschreibung öffnet und zudem zusätzliche und neue Fakten dieser Zeit ans Licht bringt.

 

Die Arbeit steht unter folgendem Titel in der Vorarlberger Landesbibliothek zur Ausleihe bereit: Die Enteignung der „Ski Zürs“ im Jahre 1942 durch den nationalsozialistischen Staat und die Klage der Eigentümer dagegen.