Fouad Boussouf mit einer österreichischen Erstaufführung des Stückes „Fêu“ zu Gast beim „Bregenzer Frühling“ (Foto: Antoine Friboulet)
Dagmar Ullmann-Bautz · 22. Jul 2010 · Gesellschaft

„Mit Herz und Sensibilität“ starteten die 65. Bregenzer Festspiele, respektvoll abgestimmt auf das diesjährige Thema „In der Fremde“

Unspektakulär und sehr bedacht ging am Mittwoch vormittag die von Intendant David Pountney gestaltete Eröffnung der diesjährigen Bregenzer Festspiele über die Bühne. Die auf ein hochinteressantes Festspielprogramm hinweisenden musikalischen Anklänge, eingebettet in eindrucksvolle, auch multimedial aufbereitete Bilder, machten neugierig auf das Kommende und gaben den teilweise inhaltlich auch sehr anregenden Ansprachen den Rahmen.

Es waren neben den Geladenen einige Interessierte, Neugierige und Zaungäste gekommen, um dem Einzug des Bundespräsidenten Dr. Heinz Fischer in Begleitung seiner Gattin, des Herrn Vizekanzlers und Finanzministers Dipl. Ing. Josef Pröll sowie des Landeshauptmannes Dr. Herbert Sausgruber, vor dem Festspielhaus beizuwohnen. Sie hatten sich freiwillig eingefunden und standen in leichter Sommerbekleidung wartend  in der sengenden Sonne, während Soldaten in voller Montur mit Rucksack und Waffe ihren Dienst absolvierten und ihrem obersten Chef die Ehre erwiesen. 



Langanhaltender Applaus für Zofia Posmysz



Angenehm kühl präsentierte sich das klimatisierte Festspielhaus, das sich bis auf den letzten Platz mit viel Prominenz aus Politik und Kultur gefüllt hatte. Nach der obligatorischen Bundes- und Landeshymne wirbelten Tänzer aus Aida in einer sehr frechen und frischen Choreographie von Ron Howell zu Miecyslaw Weinbergs  „Die Jagd“, ein Stück aus seinem 1954/55 entstandenen Ballett  „Burattino oder Das goldene Schüsselchen“, über die Bühne und durch den Saal.


Komponist Miecyslaw Weinberg steht dieses Jahr im Mittelpunkt des Festspielprogramms, das mit „In der Fremde“ übertitelt ist. Die Premiere und gleichzeitig Uraufführung seiner Oper „Die Passagierin“ unter der Regie von Festspielintendant David Pountney wird zweifelsohne ein ganz besonderes Highlight in diesem Festspielsommer darstellen. In seiner Rede hatte Festspielpräsident Heinz Rhomberg die Ehre, die Autorin des Librettos, Zofia Posmysz, begrüßen zu dürfen. Die Ausschwitzüberlebende wurde mit einem herzlichen und langanhaltendem Applaus von den Festgästen Willkommen geheißen und ausgezeichnet. 
Marthas Arie aus „Die Passagierin“, gesungen von Svetlana Doneva in Begleitung der Wiener Symphoniker und „Oh Patria Mia“ aus „Aida“, brillant vorgetragen von Maria Jose Siri sowie das Streicherquintett Ensemble Dolby´s Around, waren weitere Höhepunkte der Eröffnungsfeierlichkeiten.



Sensibilität und Authentizität



Die Videobotschaft  internationaler  Autoren zum Thema „In der Fremde“  stellte in ihrer Darbietung ein kleines Kunstwerk dar und traf durch die vermittelten Inhalte mitten ins Schwarze und wahrnehmbar in die Herzen vieler Anwesender. Asfa-Wossen Asserate, in Äthiopien geboren, in Deutschland lebend, Wladimir Kaminer,  jüdischer Kommunist aus Russland und in Berlin jahrelang stolzer „Alien-Pass-Inhaber“, Helge Timmerberg, deutscher Autor, den es nie lange irgendwo hält, Ilja Trojanow, deutscher Schriftsteller bulgarischer Abstammung und der mongolisch-stämmige Galsan Tschinag - sie alle haben ein Statement zu „Fremd sein“,  „im Exil sein“,  aufs Eindrücklichste und mit hoher Sensibilität und Authentizität abgegeben.



Vergangenheit statt Gegenwart



Hervorzuheben ist die Rede der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur, Dr. Claudia Schmied. Sie ging in besonderem Maße auf das Thema ein, indem sie die Angst, auch die geschürte Angst vor dem Fremden, sehr deutlich und bestimmt ansprach. Rückbesinnung auf eigene Werte und Traditionen würden die Menschen befähigen das Fremde durchaus als Bereicherung und ein unsere Identität erweiterndes Element anzusehen. Mit ihren Worten und in ihrer Diktion vermittelte sie eine in ihrem Stand immer seltener anzutreffende, wohltuende Glaubwürdigkeit.


Bundespräsident Dr. Heinz Fischer nahm in seiner Eröffnungsansprache zum Thema „Fremd Sein“  inhaltlich ebenso klar Stellung wie seine Vorrednerin, widmete sich jedoch mehr der Vergangenheit als der aktuellen Situation.


Mit der bestürzend schönen Musik von Mieczyslaw Weinberg – das Zwischenspiel aus dem Ballett „Burattino oder Das goldene Schüsselchen“ – dargebracht von den Wiener Symphonikern unter der Leitung von Rossen Gergov, ging eine zurückgenommene, jedoch stimmungsvolle Eröffnung zu Ende. Auf dem Platz der Wiener Symphoniker unter der strahlenden Sonne bei Smalltalk und einem Glas Wein ließen die Festgäste den angebrochenen Vormittag ausklingen.