Neu in den Kinos: „Emilia Pérez“ (Foto: Neue Visionen/Wild Bunch)
Gunnar Landsgesell · 16. Feb 2017 · Film

Wilde Maus

Josef Hader als gut bezahlter, selbstgerechter Musikkritiker, der eines Tages gekündigt wird, und nun nach Rache sinnt. Eine Komödie, deren Tonlagen vom Zynismus bis zur Depression reichen. Hader quasi im Selbstversuch als Wutbürger.

Hader (fast) nackt im Regen auf einer Straße in Wien, später ebenso (fast) nackt im Tiefschnee in den Bergen, wo er während einer Verfolgungsjagd wohl die Zähne zusammenbeißen musste, um Erfrierungserscheinungen zu trotzen. Dazwischen eine Schlägerei, Hader soll eine Pistole entrissen werden, aus der er nicht ganz entschlossen einen Schuss abgibt. Nicht zu vergessen, die Fahrt auf der Hochschaubahn im Prater, auch etwas, das sich manchen auf den Magen schlägt. Mangelnden Körpereinsatz kann man dem für gewöhnlich hintersinnigen Kabarettisten Josef Hader in seiner Regiearbeit „Wilde Maus“ nicht attestieren. Das ist auch weniger Zufall als Programm – Josef Hader treibt es hier als Wutbürger um, freilich weit weniger überzeugend, als etwa Roland Düringer das tun würde. Aber auch das ist Programm. Georg (Hader) ist ein Musikkritiker, der sich für so etwas wie einen Papst dieser Zunft hält, wird aber ungeachtet dessen eines Tages gekündigt. Nun will er Rache an dem Zeitungsherausgeber nehmen, er weiß nur nicht wie. Ein Proponent des gehobenen Mittelstandes, der nun das Auto des Ex-Chefs zerkratzt, das klingt so erbärmlich, wie sich auch Haders Figur – zunehmend – anfühlt. Erst als er in der – Liliputbahn – Erich (Georg Friedrich) kennenlernt, wird das eigene Niveau schließlich glaubhaft unterschritten.

Satirisch bis grimmig


„Wilde Maus“ will sichtlich die Genregrenzen sprengen. Haders Figur verfügt über jene sarkastische Weltbetrachtung, die man auch von seinen Kabarettprogrammen kennt. Dieser Feinsinn wird mitunter aber mit dem Vorschlaghammer bearbeitet, wenn es darum geht, die innerste Emotion aus dem Habitus der Überheblichkeit herauszuschlagen. Das führt diese Komödie immer wieder zu satirischen bis grimmigen Gefühlslagen, aufkeimende Heiterkeit schlägt dann nahezu in Depression um. Der Wiener Prater liefert dazu die trödelige Kulisse, Georg, die Schießbudenfigur, die nur zu Hause noch vorgibt, täglich der Erwerbsarbeit nachzugehen. Mit Pia Hierzegger – Haders Lebensgefährtin auch im richtigen Leben – sollte sich die dramaturgische Abwärtsspirale noch einmal verschärfen. Die Beziehungsquerelen wirken aber kursorisch und ohne besonderen Elan. Das Spiel mit der Entgrenzung, das „Wilde Maus“ versucht, fühlt sich so ambivalent an wie die Verfasstheit der Figur: Die Kränkung ist fundamental, aber die richtige Aktion für deren Übersetzung muss erst gefunden werden. Hader im Schnee ist ein gutes Bild dafür: eiskalt aufgewühlt.