Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Walter Gasperi · 29. Apr 2011 · Film

Wasser für die Elefanten

So schwerfällig wie ein Elefant dahin trottet, ist Francis Lawrence´ Verfilmung von Sara Gruens gleichnamigem Bestseller. Weder vermittelt der in Wien geborene US-Regisseur etwas von der Zirkusatmosphäre noch von der Stimmung der Depressionszeit der frühen 30er Jahre. Blass bleiben auch Robert Pattinson und Reese Witherspoon. Nur behauptet, aber nie spürbar wird ihre Leidenschaft. Einzig Christoph Waltz vermag als jähzorniger Zirkusdirektor diesem Melodram etwas Leben einzuhauchen.

Ziemlich verloren steht ein alter Mann vor einem Zirkuszelt, bis ihn ein Angestellter in seinen Wagen bittet. Zunächst versucht der Zirkusmitarbeiter noch das Heim ausfindig zu machen, in das der über 90-Jährige gehört, doch dann lässt er den Mann, dessen Augen beim Blick auf die alten Zirkusfotos an den Wänden zu leuchten beginnen, seine Geschichte erzählen.

Dreiecksgeschichte

Der Erzählrahmen weckt Erinnerungen an James Camerons „Titanic“, lässt Hoffnung aufkommen, dass eine große tragische Liebesgeschichte vor mitreißend gezeichnetem Zirkusmilieu folgt. Schwer  enttäuscht werden diese Hoffnungen aber, denn nie in Fahrt kommt die Geschichte um den jungen Jacob Jankowski (Robert Pattinson), der nach dem Unfalltod seiner Eltern sein Studium der Veterinärmedizin abbricht, und durch Zufall in die Welt des Zirkus „Benzini Brothers“ gerät. Dort triftt Jacob auf den Zirkusdirektor August Rosenbluth (Christoph Waltz), der sich nach außen hin zwar meist sanft gibt, dessen Jähzorn und Aggressionen aber immer wieder durchbrechen.Ständig ums Überleben kämpfen muss Rosenbluths Zirkus im Amerika des Jahres 1931. Im eigenen Zug tingelt man von Stadt zu Stadt. Um Löhne zu sparen wirft der Boss persönlich oder sein Handlanger auch immer mal wieder einen überflüssigen Angestellten aus dem fahrenden Zug. Andererseits ist August stets auf der Suche nach neuen Attraktionen, mit denen man ein Publikum anlocken kann. Gerade recht kommt ihm da bald der Elefant Rosie.

Verschenkte Möglichkeiten

Von Wirtschaftskrise und großer Not ist zwar immer wieder die Rede, nur spüren will man diese Stimmung in „Wasser für die Elefanten“ einfach nicht. Nie lässt Lawrence nämlich ein Gefühl für Raum und Zeit aufkommen, sondern konzentriert sich ganz auf die Dreiecksgeschichte zwischen Jacob, August und dessen Frau Marlena (Reese Witherspoon). Da werden nicht nur Attraktionen wie Tier- und Clownnummern oder spektakuläre Auftritte von Artisten, für die sich hier viel Raum böte, weitgehend ausgespart, sondern auch Nebenfiguren, die es in dieser schillernden Welt doch zuhauf gibt, gewinnen kaum Profil. Ganz anders hat da beispielsweise Carol Reed in „Trapez“ (1956) das Flair dieser Welt eingefangen, und welche Abgründe machte doch Todd Browning in seinen „Freaks“ (1932) im schonungslosen Blick auf diese Gesellschaft von Außenseitern sichtbar.
Verzichten kann man auf diese Komponenten freilich, wenn die Dreiecksgeschichte den Zuschauer in ihren Bann zu ziehen versteht. Doch auch auf dieser Ebene entwickelt Lawrence die Handlung äußerst zäh und zahm. Zwar will er mit warmem Licht und rotbraunen Farben romantische Gefühle wecken, bleibt dabei aber in hohlen und kitschigen Hochglanzbildern stecken. Die Emotionen werden nur behauptet und nie spürbar, kraftlos und lasch ist die Erzählweise und wirkt teilweise so, als ob hier eine erwachsene Geschichte für ein kindliches Publikum aufbereitet wurde.

Antiquiertes Frauenbild

Dass „Wasser für die Elefanten“ aber so eine fade Angelegenheit ist, liegt auch an den Darstellern. Als Vampir Edward in Stephenie Meyers-„Twilight“-Saga mag Robert Pattinson durchaus noch passen, doch wenn der Jungstar auch in diesem Melodram vampirhaft blass bleibt und sich ganz auf sein Aussehen verlässt, ist das entschieden zu wenig. Dass er sich wirklich in die Kunstreiterin Marlena verliebt, will man kaum glauben. Und auch Witherspoon bleibt als Marlena ein uninteressantes Zuckerpüppchen, wird aber nie zu einer Frau aus Fleisch und Blut, deren Schicksal den Zuschauer packen könnte.
Am besten bewältigt seine Aufgabe noch Christoph Waltz, der den Gegenspieler von Pattinson, allerdings zu sehr und zu selbstgefällig als Doublette seines SS-Offiziers Hans Landa aus Tarantinos „Inglourious Basterds“ anlegt ohne die Ambivalenz und Abgründigkeit dieser oscargekrönten Darstellung zu erreichen.
Perfekt spielt hier nur der Elefant Rosie. Wie Lawrence am Umgang mit diesem Dickhäuter den Charakter der beiden konträren Männertypen, den fürsorglich mitfühlenden Jacob auf der einen und den in seinem Jähzorn liebend gern zum Elefantenhaken greifenden August auf der anderen Seite, herausarbeitet, ist freilich nicht nur simpel und eindimensional, sondern bedient in den Implikationen auch ein längst überholtes Frauenbild. Denn unübersehbar dient der Elefant Lawrence als Parallelfigur zu Marlena, die kaum als selbstständiges Individuum erscheint, sondern scheinbar zwingend hilfloses und schutzbedürftiges Anhängsel eines Mannes sein muss, wobei sie scheinbar nur zwischen den Extremen Jacob und August wählen kann.