Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Gunnar Landsgesell · 04. Nov 2022 · Film

The Devil's Light

„The Devil's Light" erzählt von einer jungen Schwester, die am ausschließlich Männern vorbehaltenen Exorzismus-Seminar teilnehmen möchte. Ein interessanter Zug, denn der Film stellt in einer guten Mischung aus Horror und Suspense mehr dem Machtapparat der Kirche als dem Dämon selbst nach.

Die Kirche und das Kino – zwei Institutionen, die bis heute ungebrochen ein recht hanebüchenes Ritual hochhalten: den Exorzismus. Freilich aus zwei unterschiedlichen Gründen. Während der Kinobetrieb ein Geschäftsmodell ist, hat die Kirche mit der Teufelsaustreibung ein fast exemplarisches Modell für den Zugriff auf den menschlichen Körper kreiert. Bezeichnend: es ist – wie so vieles in der Kirche – Männern vorbehalten. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts, so erfährt man im Vorspann, wurde eine Schule eingerichtet, an der Priester für den Exorzismus ausgebildet werden. Zunächst geht man davon aus, dass „Prey for the Devil“ (so lautet der Originialtitel, also: „Beute für den Teufel“) eine weitere Epigone von Friedkins vor fast 50 Jahren entstandenem „The Exorcist“ ist. Ein nettes Mädchen, in dessen Körper ein Dämon einfährt, das dann verkehrt die Wände hochklettert, schlimme Fratzen schneidet und Priester unflätig beschimpft. Genauso kommt es auch. Doch während der Film keine besondere Energie für die paar Horrorszenen verwendet, ist es spannend zuzusehen, wie hier die Kirche selbst auf den Prüfstand gestellt wird. Die Geschichte will es, dass Sister Ann (Jacqueline Byers) in das ausschließlich männlich besetzte Exorzismus-Seminar drängt, weil bereits ihre eigene Mutter von einem Dämon besessen war. So erklärt sich die junge Frau zumindest ihre quälenden Erinnerungen an ihre Kindheit. Während der schwarze Seminar-Leiter Father Quinn (Colin Salmon) für Ann eine Ausnahme machen möchte, tut sich ausgerechnet eine Ordensschwester als entschiedene Verteidigerin der Männerbastion hervor. So mäandert der Film zwischen den Bemühungen der Frau, die erste katholische Exorzistin zu werden, während sie sich um ein Mädchen kümmert, das angeblich selbst von einem Dämon befallen ist.

Machtapparat gerät ins Wanken

In der Folge findet der Film mehr Gefallen daran, das junge Mädchen von ihrem Teufel zu befreien, als seiner Protagonistin zuzuschauen, wie sie gegen gläserne Wände innerhalb der Kirche anrennt. Regisseur Daniel Stamm, der bislang fast ausschließlich Horrorfilme inszeniert hat, baut das Geschehen über die Konfliktlinien des Machtapparats der Kirche und der Challenge von Ann zum Krimiplot aus. Ann und ein befreundeter Frater erfahren, dass das junge Mädchen als unheilbar in den Vatikan abgeschoben wird. Ann verschafft sich in der Bibliothek Zugriff auf eine Akte, um herauszufinden, was mit den „Patienten“ passiert ist, die man in die Zentrale nach Rom verfrachtet hat. So entspinnt sich ein nicht ganz belangloser Reigen über eine der letzten großen männlichen Bastionen unserer Zeit, der hier nicht unbedingt von der menschlichen Ratio, sondern paradoxerweise von einer durchaus Gleichgesinnten geführt wird. Das bedingt auch, dass die Kämpfe des Films eigentlich nicht in den profanen Horrorbildern der Exorzismus-Szenen stattfinden, sondern auf den Gängen des Klosters, in den Unterrichtsräumen und in den Kammern der hohen Würdenträger, die unter Druck geraten. Zwar ist „The Devil’s Light“ dennoch ein genretypischer Horrorfilm, der Thrill liegt aber in der impliziten Forderung des Films nach neuen (Gender-)Verhältnissen. Die männliche Entscheidungsmacht gerät mehr noch als der Dämon ins Wanken.