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Gunnar Landsgesell · 03. Jän 2017 · Film

Passengers

Ein Raumschiff steuert 5.000 Passagiere auf einen Planeten, der auch Erde II heißen könnte. Als Jim (Chris Pratt) zu früh aus der Tiefkühltruhe geweckt wird, sucht er sich eine Gefährtin (Jennifer Lawrence). Gemeinsam reisen sie durchs All. Romantisch, unterhaltsam, ein bisschen einsam und ein bisschen planlos. So wie der Film.

Als Jim Preston (Chris Pratt) aus seiner Schlafbox erwacht, gibt es keinen Grund für Skepsis. Eine freundliche weibliche Stimme geleitet ihn durch die Räumlichkeiten, in seiner Wohnzelle nimmt er eine Dusche, es ist nach 30 Jahren immerhin die erste. Im Frühstücksraum gibt es kein Gedränge, eigentlich ist Jim der Einzige. Von den angebotenen Menüs funktioniert zwar nur der letzte Knopf in der Reihe, es ist das billigste Menü, doch dann fällt Jim wieder ein, dass er kein Ticket als Luxuspassagier gebucht hat. Jim ist Mechaniker und sein argloses Interesse an der technischen Ausstattung dieses lautlos dahingleitenden Raumschiffs nimmt ihn sogleich in Beschlag. Erst mit der Zeit fällt ihm auf, dass er der einzige der 5.000 Passagiere auf der Avalon ist, der schon wach ist. Die Reise führt auf einen Planeten, der der Erde in ihrem naturbelassenen Zustand gleicht, dort scheint die Menschheit eine zweite Chance zu bekommen. Nur Jim vielleicht nicht, ein Betriebsfehler hat ihn 90 Jahre vor der Ankunft aus dem Kälteschlaf geweckt.

Ratlos im All 

„Passengers“ versteht sich mehr als auf dramatische Zäsuren auf Stimmungen: Sie können vom Wohlgefühl sanften Meeresrauschens schlagartig in die klaustrophobische Einsamkeit des Weltalls wechseln. Schon die ersten Bilder verlangen nicht nach Dialogen, sondern wissen, mit Formen zu arbeiten. Es ist die Schönheit des Schiffes, dessen traktionsloser Antrieb und dessen transparentes rundes Design, mit dem es elegant durch das Schwarz des Raumes gleitet. Oder die Großzügigkeit der Innenräume und die kindliche Neugier von Jim, mit der er sich durch diese bewegt.
Nicht viele Filme bereiten derart gelassen die Verwerfungen vor, die in solchen Stoffen zu erwarten sind. Denkt man etwa an Duncan Jones „Moon“ und die existenziellen Fragestellungen von dessen Protagonisten, stellt sich in „Passengers“ freilich schon bald die Frage, worauf diese fein säuberlich vorbereiteten Settings nun abzielen sollen. Early bird Chris Pratt wird von einer Sinnkrise erfasst, die sich zuerst im äußeren Erscheinen eines Charles Bukowski äußert: versoffen, verfilzt und bärtig, im Bademantel oder nackt durch das Weltall kullernd. Später gerät das Schiff noch einmal zum Tummelplatz, als Jim eine Passagierin seiner Wahl (Jennifer Lawrence) vorzeitig aus ihrem Kälteschlaf reißt. Romantische Episoden zwischen Jim und Aurora wechseln mit dem Witz, der sich aus der totalen Verfügbarkeit eines riesigen Raumschiffs für nur zwei Personen ergibt.
Doch dem Film scheint es wie seinen Passagieren zu gehen: Sie wirken wie Artisten ohne Publikum: Ratlosigkeit unter der Zirkuskuppel. Niemand hat einen Plan, auch Regisseur Morten Tyldum nicht. Verschiedene Einschübe unterhalten, etwa der Barmann mit dem fahrbaren Unterteil, dessen Freundlichkeit (und Michael Sheen selbst) fatal an Jack Nicholson in „Shining“ erinnert. Nur der Horror bleibt schaumgebremst. Als die Fehlerrate der Software des Raumschiffs drastisch steigt, kräuselt sich schließlich auch das Wasser des Swimmingpools zu kristallinen Figuren wie kürzlich im famosen Maori-Abenteuer „Vaiana“. Doch in „Passengers“ gibt es keine zürnenden Götter, hier streikt nur die Technik. Damit sind für Jim und Aurora auch keine Ausflüge an der langen Leine mehr möglich, wie sie Sandra Bullock und George Clooney in „Gravity“ in die dramatische Tiefe des Alls vollführen mussten. Der Avalon ist es egal, sie schwebt mit dem Gleichmut eines Raumschiffs weiter durch den Raum.
Zwischen Lovestory und Raumschiff-Pannen findet „Passengers“ irgendwie nicht aus seiner Lethargie. Das hat auch seine Reize und zeitigt immer wieder schöne Momente. Andererseits mutete der Blick ins Universum schon lange nicht mehr so irdisch an.