Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Christina Porod · 28. Mär 2013 · Film

Party und Piñata, Mika und Müll – „Fiesta auf der Müllhalde“

Angespornt von der Beobachtung, dass es kaum Dokumentationsfilme für Kinder gibt, erzählt Claudia Wohlgenannt in ihrer ersten Arbeit als Regisseurin eine sehr persönliche Geschichte. Von ihrem damals achtjährigen Sohn Mika inspiriert, der mit seiner Großtante in den Ferien nach Nicaragua reisen wollte, machte sich ein kleines Filmteam auf den Weg zur „Fiesta auf der Müllhalde“. Gestern feierte der Kinder-Dokumentationsfilm, indem es nicht nur um Armut, Müll und Recycling, sondern auch um neue Erfahrungen, Begegnungen und Freundschaften geht, Vorarlberg-Premiere im Spielboden in Dornbirn.

Mikas Großtante, die Gymnasiallehrerin Gertraud Wohlgenannt, hat einen Zweitwohnsitz in Nicaragua. Und so erfährt Mika von Menschen, die auf dem Gelände einer riesigen Müllhalde nicht nur arbeiten, sondern auch leben. In La Chureca organisiert die Großtante mit Spenden ein großes Fest für Kinder, deren Eltern als Müllsammler arbeiten. Auch Mika möchte dieses Kinderfest miterleben.

Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen...

Der halbstündige Dokumentationsfilm wird vorherrschend aus der Perspektive von Mika Wohlgenannt erzählt. In Interviews und Kommentaren aus dem Off berichtet der Volksschüler von seiner ersten Fernreise. Der 8-Jährige verrät, was er sich von Nicaragua erwartet und auch, dass er sich sein Flugticket selbst kaufen möchte. Und so spart er sein Taschengeld, verkauft Spielsachen auf dem Flohmarkt, damit er in den Dschungel gehen, am Strand Rochen anschauen, die Schildkröten-Bucht nach Babyschildkröten erforschen und, natürlich nicht zu vergessen, die Party auf der Müllhalde feiern kann.

Mit Kameramann Matthias Halibrand und seiner Mutter Claudia macht sich Mika im Sommer 2011 auf nach Lateinamerika. Mit einer eigenen Kamera im Gepäck dokumentiert auch der kleine Abenteurer seine kindliche Sicht auf Menschen und Umwelt. Gelegentlich ist er überrascht, wie anders manche Begebenheiten doch sind: Die Menschen leben beengt in kleinen, dunklen Blechverschlägen, die Lehrer kommen dann und wann und das Schulbuffet sieht auch anders aus als erwartet. Beim Besuch auf der Müllhalde lernt er Menschen kennen, die mit Müll Geld verdienen. Von der Mutter seiner neuen Freundin Francis, die als Müllsucherin arbeitet, erfährt er mehr über deren harte Arbeit. Am Ende des Films ist es dann soweit. Das große Kinderfest wird mit einer bunten Piñata ausgiebig gefeiert.

Kein unsichtbares Filmteam

Für Claudia Wohlgenannt ist es in unserer heutigen vielfältigen Medienwelt wichtig, dass Kinder schon früh die Realitätskonstruktionen dahinter kennenlernen, um die tägliche Bilderflut einordnen zu können. Das ist auch der Grund, warum das „Gemachte“ nicht verschleiert wird. Immer wieder zeigt sich der Kameramann oder das Mikro im Bild. Die Regisseurin dazu: „Wir sind kein unsichtbares Filmteam, wie könnten wir das jemals sein als Europäer in einer nicaraguanischen Barackensiedlung auf einer Müllhalde? Das halte ich für unmöglich, da hätte ich das Gefühl, mich selbst zu belügen. Also war unser Weg der, das zu thematisieren. Das mag vielleicht simpel erscheinen, ist es wohl auch, aber für mich als Filmemacherin und Mensch war das der einzige Weg, den Menschen auf der Müllhalde ehrlich zu begegnen.“

Eingehüllt in die Geschichte um das Kinderfest, zeigt sich eine Gegenüberstellung der unterschiedlichen Lebenswelten. Mit Hilfe von Mikas trockenem Kindercharme entfaltet sich ein unterhaltsamer Film, der immer wieder mit witzigen Momenten durchzogen ist. Der Wunsch der gebürtigen Dornbirnerin ist, dass „Fiesta auf der Müllhalde“ Gedanken bei Kindern aber auch Erwachsenen anregt und unser Wohlstandsgesellschafts-Weltbild wieder in ein etwas anderes Licht rückt. Bei ihrem Sohn ist es gelungen: Jede Familie, die einen Kühlschrank hat, verkauft Eis, damit sie sich den Strom für ihn leisten kann. Nun möchte auch Mika wieder sparen, um seiner neu gewonnenen Freundin Francis und ihrer Familie einen Kühlschrank kaufen zu können.

 

Schulvorstellungen am 4. und 5. April, jeweils um 10 Uhr, im Spielboden in Dornbirn.
Anmeldung unter: haim@spielboden.at
www.spielboden.at

Weitere Infos zum Film: www.plancfilm.com