Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Gunnar Landsgesell · 11. Feb 2022 · Film

Moonfall

Roland Emmerich kann es nicht lassen: Der Meister des Katastrophenfilms droht diesmal, den Mond auf die Erde stürzen zu lassen. Ein garantiert sinnbefreites Filmspektakel, das trotz seiner Produktionskosten von 140 Millionen Dollar wie ein B-Movie wirkt.

Weil der Mond innerhalb weniger Tage mit der Erde kollidiert, wird ein seltsames Trio aufgeboten, um das Ende unseres Planeten noch zu stoppen. Halle Berry (Jocinda) wird als ohnmachtsgefährdete Astronautin auch ohne Plan zur NASA-Programmdirektorin; Patrick Wilson, ihr Ex-Kollege, mimt einen NASA-Haudegen, der selbst Raumschiffe vom Schrottplatz perfekt navigieren kann; und John Bradley, ein kindlicher Nerd und Verschwörungstheoretiker, dem die Wissenschaft mit jeder noch so absurden Idee rechtgeben muss. „Moonfall“ ist ein Katastrophenfilm, das darf hier nicht nur als Genre-Beschreibung verstanden werden. Das Ganze wirkt so, als hätten die CGI-Spezialisten ein paar großartige Szenerien entworfen: etwa vom Mond, der gar kein Himmelskörper ist, sondern ein riesiges getarntes Raumschiff, in dessen skelettartige Struktur man mit einem winzigen Raumschiff hineinfliegen kann. Oder vom Mond, der riesenhaft und bedrohlich in die Atmosphäre der Erde hineinschrammt. Ein im Film hypertrophes, wenngleich kitschig geratenes blutrot-bläuliches Gemälde. Rund um diese Bilder wurde dann eine Geschichte gebastelt, die so rudimentär ausgestaltet ist, dass sie Züge eines Comics hat: Berry und Wilson, beide nicht mehr als schematisch gezeichnete Figuren, leben zwar geschieden von ihren Ehepartnern, die im Lauf der Handlung (also des voranschreitenden Weltuntergangs) aber als eine Art zweites dramaturgisches Zentrum erscheinen. Während Berry und Wilson oben im All nach dem Rechten sehen, laufen unten auf der Erde deren Kinder und Ex-Partner bald gemeinsam um ihr Leben. Umgeben von explodierenden Mondbrocken in einer verschneiten Berglandschaft ergibt das einen pittoresken Mix. Trotz der holprigen Inszenierung und der hölzernen Dialogen gerät man fast ins Grübeln: steckt dahinter Methode?

Regressive Zerstörungslust

Roland Emmerich ist sich jedenfalls seit seinem Abschlussfilm an der Münchner Filmhochschule treu geblieben. Noch unter dem Eindruck von „Star Wars“ ließ er in „Das Arche Noah Prinzip“ (1984) schwere Naturkatastrophen über die Erde kommen. Mit „Independence Day“, „2012“ und anderen Filmen wiederholte er die Übung. Dass Emmerich in München Szenenbild studiert hat, scheint seine Filme bis heute zu prägen. Ähnlich wie die Figur des Weltraum-Nerds und Verschwörungsfreaks kann man auch in Emmerichs Filmen vor allem eine Begeisterung für die Inszenierung technoider Welten finden. Die regressive Lust an der Zerstörung erinnert dabei fast ein wenig an Stan Laurel & Oliver Hardy. Da „Moonfall“ im Abstand weniger Wochen nach der bitterbösen und treffsicheren Klimawandel-Satire „Don’t Look Up“ (auf Netflix) ins Kino kommt, wurde mehrfach ein Vergleich zwischen beiden Filmen gezogen. Der Unterschied ist offensichtlich: „Moonfall“ ist zu 100 Prozent sinnbefreit. Das ist insofern erstaunlich, als Emmerich das Thema doch zu beschäftigen scheint. In „The Day After Tomorrow“ schickte er bereits 2004 Dennis Quaid als Paläoklimaforscher in die Antarktis, der einen höchst bedrohlichen Klimawandel feststellt. Bei der Klimakonferenz stößt der Forscher beim US-Präsidenten aber auf taube Ohren. „Moonfall“ bedeutet so gesehen einen Rückschritt ins Obskure. Wer sich durch solche Dinge aber nicht belasten möchte, ist in „Moonfall“ auf der sicheren Seite.