Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Walter Gasperi · 03. Jän 2011 · Film

Monsters

Der Titel von Gareth Edwards Spielfilmdebüt weckt falsche Erwartungen, denn die Titel gebenden Ungeheuer bekommt man erst spät und nur kurz zu Gesicht. Statt auf Horrorszenen setzt der Brite in seinem Low-Budget-Film auf eine beunruhigende Atmosphäre, doch blasse Hauptdarsteller, logische Brüche und unsägliche Dialoge lassen keine echte Spannung aufkommen.

„Monsters“ setzt sechs Jahre nach dem Ausbruch der Katastrophe ein. 2009 versuchte die NASA Spuren außerirdischen Lebens zu bergen, doch als das Raumschiff in Mexiko abstürzte, machten sich die Wesen mit ihren riesigen Tentakeln selbstständig. Die Regierungen der USA und der zentralamerikanischen Staaten erklärten einen etwa 200 Kilometer breiten Landstreifen zur infizierten Zone und versuchen mit Luft- und Bodenangriffen sowie einem riesigen Wall an der amerikanisch-mexikanischen Grenze die Wesen in Zaum zu halten.

Fotograf und Verlegertochter

An die reale Abschottung der USA gegen Mexiko lässt das Szenario denken, doch dieser gesellschaftspolitisch-aktuelle Aspekt interessiert den Briten Gareth Edwards nicht. Mit Handkamera versetzt er den Zuschauer sofort mitten in einen Bodenangriff und lässt die Soldaten als Kennmusik Wagners „Walkürenritt“ einsetzen. Die Reverenz an Coppolas „Apocalypse Now“ ist unüberseh- oder – hörbar.
Von diesem Einsatz blendet Edwards zurück: Der Fotojournalist Andrew Kaulder (Scoot McNairy) soll die erwachsene Tochter (Whitney Able) seines Chefs, eines Medienmoguls, aus Zentralamerika an der infizierten Zone vorbei in die sichere USA bringen. Keineswegs begeistert ist Kaulder von dem Auftrag, will er doch viel lieber ein Foto eines Außerirdischen schießen, das er teuer verkaufen könnte, fügt sich aber dem Druck des mächtigen Vaters.

Dokumentarischer Gestus

Mit Minibudget – teilweise werden 15.000 Dollar, teilweise 800.000 Dollar genannt – drehte der Special-Effects-Experte Edwards mit kleinem Team in Zentralamerika und in Texas, wo er nach einem Hurrikan echte Bilder der Zerstörung fand. Wie „District 9“ versucht er durch dokumentarischen Gestus und die dadurch erzeugte Schein-Authentizität den Zuschauer ins Geschehen zu ziehen und zeichnet in der Tat eindrucksvoll eine aus den Fugen geratene Welt, in der stets ein Angriff der Riesenkraken oder auch der Regierungstruppen zu erwarten ist. Offen lässt Gareth dabei, speziell durch die märchenhafte Schlussszene, wer hier wirklich die Monster sind.
So überzeugend „Monsters“ auf der optischen und atmosphärischen Ebene aber auch ist, so sehr man bewundern muss, was Edwards, der nicht nur für Regie und Drehbuch, sondern auch für Kamera und Production-Design verantwortlich zeichnet, mit minimalen finanziellen Mitteln erreichte, so schwach ist die Entwicklung der Geschichte. Dass schon zigmal von einem Mann und einer Frau, die sich auf einer gefährlichen Reise näher kommen, erzählt wurde, kann man noch durchaus akzeptieren, dürftig ist aber, was der britische Debütant aus dieser Ausgangssituation macht.

Jenseits jeder Logik

Nicht gerade glaubwürdig ist es, dass sich der Fotograf in der Nacht vor der Abfahrt der Fähre voll laufen und sich anschließend wie ein Schuljunge Papiere und Geld stehlen lässt. Auch die daraus resultierende Fahrt über den Land- bzw. Flussweg – gibt es mit einem superreichen Daddy keine andere Fluchtmöglichkeit? -, folgt allzu bekannten Mustern, zitiert Herzogs „Aguirre“, Coppolas „Apocalypse Now“ und in der Zone vielleicht auch Tarkowskjs „Stalker“, verliert sich aber letztlich in einer ziemlich beliebigen Aneinanderreihung von Szenen, statt stringent die Handlung zu entwickeln und die Spannung zu steigern.
Das liegt nicht nur am angesichts der Ausnahmesituation unglaubwürdigen Geturtel des Duos, wobei es zwischen Scoot McNairy und Whitney Able nie wirklich funkt,  sondern auch am Raum, durch den die Reise führt. Einfach nicht stimmig ist es, wie hier Palmen mit Dschungel wechseln, wie im Hintergrund Hochgebirge auftauchen und die Protagonisten plötzlich vor einer Maya-Pyramide stehen, von der sich der Blick auf den amerikanisch-mexikanischen Grenzwall öffnet.

Kriminelle Synchronisation

Aufgesetzt und platt wirkt hier auch der am Rande geführte Diskurs über die Ethik der Medien und des Fotografen, seltsam auch, dass man in diesem in der unmittelbaren Zukunft (2015) spielenden Film nie zum Handy greift und verheerend ist schließlich die deutsche Synchronisation, bei der englische und spanische Dialoge gleichermaßen ins Deutsche übersetzt wurden, sodass dolmetschende Passagen zu einer abstrusen Doppelung führen.