Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Walter Gasperi · 27. Nov 2010 · Film

Fair Game

2003/04 sorgte die „Plame-Affäre“ in den USA für Aufsehen: Als Racheakt für einen Artikel des Ex-Diplomaten Joe Wilson, in dem er die Gründe, mit denen die USA in den Irak-Krieg eintrat, als fingiert darstellte, wurde seine geheim für den CIA als Agentin arbeitende Frau Valerie Plame von hohen amerikanischen Regierungsbeamten enttarnt und zum Freiwild erklärt. Doug Liman zeichnet die Ereignisse in seinem Thriller solide, aber auch sehr brav nach und vertraut vor allem auf seine beiden Hauptdarsteller Naomi Watts und Sean Penn.

Doppeldeutig ist der Titel. Denn „Fair Game“ spielt einerseits auf das unfaire Spiel an, das die Bush-Administration beim Irak-Krieg, aber auch beim Umgang mit Valerie Plame spielte, und meint andererseits „Freiwild“, zu dem die Protagonistin schließlich erklärt wurde. Das ist aber leider die einzige Doppeldeutigkeit, die sich Doug Liman erlaubt, in jeder anderen Beziehung geht es in diesem Thriller, für den Joe Wilsons Buch „The Politics of Truth“ und  Valerie Plames „Fair Game“ als Vorlage dienten, leider sehr glatt dahin.

Das Politische und das Private

„Fair Game“ setzt im Herbst 2001 mit dem US-Angriff auf Afghanistan ein, schildert dann die Recherchen Plames bezüglich des irakischen Atombombenprogramms, in die auch ihr Mann, der Ex-Diplomat Joe Wilson (Sean Penn), involviert wird. Als ehemaliger Botschafter in Niger soll er vor Ort untersuchen, ob das afrikanische Lang große Mengen  Uran an Saddam Hussein liefert. Sein Urteil fällt negativ aus, doch als der Irak-Krieg im Frühjahr 2003 ausbricht, muss er erkennen, dass seine Stellungnahme einfach manipuliert oder ignoriert wurde, um einen Kriegsgrund zu fingieren. Als er in einem Artikel in der New York Times seine Sicht der Dinge schildert, stellt die Administration Bush Wilsons als Top-Agentin arbeitende Frau Valerie Plame (Naomi Watts) bloß und erklärt sie zum Freiwild. An dem darauf folgenden Druck durch Medien und Umwelt droht auch die Ehe zu zerbrechen, doch Plame erweist sich schließlich als Kämpferin.

Abrechnung mit Bush, Feier amerikanischer Tugenden

Schon seit einigen Jahren ist das politische amerikanische Kino, das in den 70er Jahren eine Blüte feierte, zurück. Wesentlich trägt dazu die Produktionsgesellschaft Participant bei, die für die ebenso engagierten wie kritischen Filme „Syriana“, „Der Krieg des Charlie Wilson“, „Eine unbequeme Wahrheit“, „Good Night and Good Luck“ oder „Kaltes Land“ verantwortlich zeichnete. Auch „Fair Game“ wurde von Participant produziert, und schlägt auch inhaltlich die gleiche Richtung ein. Scharf wird da mit der Regierung George W. Buschs, der alle Mittel recht sind, um ihre Ziele durchzusetzen, abgerechnet, gleichzeitig werden aber auch wieder – wie beispielsweise schon in den 30er Jahren in Frank Capras „Mr Smith Goes to Washington“ - „amerikanische Tugenden“ wie der Einzelkämpfer, der sich für die Wahrheit einsetzt, gefeiert. Die Abrechnung mit der verderblichen Regierung wird so zur Hymne auf die Demokratie, für die freilich immer jeder Einzelne verantwortlich ist und die immer neu gesichert werden muss.
Dass diese Botschaft recht platt und überdeutlich im Stile einer demokratiepolitischen Lehrstunde vorgetragen wird, ist ein Manko von „Fair Game“. Schwerer trägt der auf Action weitgehend verzichtende Thriller aber daran, dass er allzu sehr an den Fakten kleben bleibt, sie aber nicht verdichtet. Brav werden so die Ereignisse nachgezeichnet, aber insgesamt bleibt der Film eher blutleer, da die Grenzen zwischen Gut und Böse doch allzu klar gezeichnet sind. Wie hier dem liberalen Musterehepaar Wilson-Plame bei zwei Abendessen ihre fremdenfeindlichen und mit Vorurteilen beladenen – man kann auch sagen von den Medien manipulierten - Bekannten gegenübergestellt werden, ist schon recht plump.

Simples Gut-Böse-Schema

Nicht gerade spannungssteigernd ist auch, dass die Ereignisse zumindest bis zum Ausbruch des Irak-Kriegs allgemein bekannt sind. Emotionalität gewinnt „Fair Game erst ab der Mitte, wenn sich der Fokus von den weltpolitischen Ereignissen auf die der Allgemeinheit weniger bekannte Hetzjagd gegen Plame-Wilson verschiebt. Gewohnt überzeugend spielen Penn und Watts, aber letztlich lässt ihnen Doug Liman zu wenig Raum, nimmt sich zu wenig Zeit um die Belastung, die aus der Medienhetze und dem gesellschaftlichen Druck entsteht, eindringlich zu vermitteln. In Ansätzen kann man das zwar spüren, aber im Kern bleibt es doch Behauptung.
So ehrenwert „Fair Game“ auch ist, so sehr er das Herz auf dem richtigen Fleck hat – es bleibt doch eine laue Angelegenheit, der kurioserweise gerade die Authentizität der politischen Ereignisse wie ein schwerer Klotz am Bein zu hängen scheint, sodass die emotionale Komponente des Privaten nie wirklich packende Dichte gewinnt.