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Gunnar Landsgesell · 23. Sep 2022 · Film

Don't Worry Darling

Ein psychologischer Thriller, angesiedelt in einer Wüstenlandschaft in Kalifornien: Das Victory Project führt eine Reihe von Männern und Frauen in den 1950er Jahren in einer Kleinstadt zusammen, in der geordnete Verhältnisse herrschen. Die Frauen zuhause, die Männer in der Arbeit - zumindest glauben das die Frauen. Schauspielerin/Regisseurin Olivia Wilde bringt mit "Don't Worry Darling" etwas zum Vorschein, was wir schon lange für überwunden geglaubt haben.

Je größer die gesellschaftliche Unübersichtlichkeit, desto stärker das Bedürfnis nach restaurativen Ideen, lautet eine landläufige These. Das mag insbesondere für die ohnehin von neo-konservativen Strömungen durchzogene US-Gesellschaft gelten. Während Individualismus und Freiheitsbehauptung als höchste Güter gelten, trifft man in den USA überraschend viele Formen pseudoreligiöser Gemeinschaften. Egal ob die Moon-Sekte, Scientology oder diverse Freikirchen - der Hang, sich in uniformen Einheiten zusammenzuschließen, und seien es Gated Communities oder einfach auch die nach denselben Bauplänen gestalteten Vororte der Städte, ist groß. Nicht zuletzt deshalb ist der Rückgriff von "Don't Worry Darling" auf die fünfziger Jahre so wirksam: In dieser Kleinstadt scheint es weder die Versprechung individueller Freiheiten für Frauen zu geben, noch den Wunsch, das eigene Leben anders zu gestalten, als es die Nachbarn tun. Regisseurin Olivia Wilde ("Booksmart") zeichnet in groben aber pointierten Schlaglichtern eine Gesellschaft, in der Frauen von Selbstvergessenheit geprägt sind und Männer unangefochten an den Hebeln der Macht sitzen. Während die Männer scheinbar in die Wüste in die Arbeit fahren, werfen die Ehefrauen emsig die Staubsauger an und bereiten zeitgerecht die Mahlzeiten vor. Fragen nach der eigentlichen Tätigkeit der Männer bleiben unbeantwortet. Die Ästhetik der fünfziger Jahre bietet dafür eine perfekte Kulisse. Als jedoch Alice (Florence Pugh) und Jack Chambers (Harry Styles) in das "Victory Project" ziehen, zeigen sich erste Sprünge. Alice hegt langsam Zweifel an der Harmonie der Gemeinschaft und an ihren künstlichen Ritualen. Eine ihrer Nachbarinnen, Bunny (Olivia Wilde), wirkt ein wenig zu vergnügt, während eine andere Nachbarin, Margaret (KiKi Lane), Suizid begeht, kurz nachdem sie begann, kritische Fragen über die Community zu stellen. Über allen steht der kultisch verehrte Vordenker der Community, Frank (enigmatisch: Chris Pine), der seiner Figur eine spürbare Lust verleiht, Angriffe mit charismatischer Präsenz zu parieren.  
Wie so oft bei Mystery- oder Horrorfilmen gelingt es auch in "Don't Worry Darling" die Oberflächenspannung hoch zu halten, solange das künstliche Gefüge noch keine Blicke dahinter erlaubt. Kameramann Matthew Libatique, der Produktionen wie "Black Swan" oder "The Fountain" von Darren Aronofsky bereits eine paranoide Note verlieh, weiß mit Bildern umzugehen, die nicht primär dafür stehen, was sie zeigen. Olivia Wilde hat in Florence Pugh eine Darstellerin gefunden, die das Unbehagen der Doppelbödigkeit dieser Geschichte körperlich perfekt auszudrücken vermag. Je mehr sich die Nebel lichten und "Don't Worry Darling" wie eine 4.0.-Version von "Stepford Wives" erscheint, desto stärker bleibt auch die Inszenierung selbst in den zur Täuschung selbst errichteten Kulissen hängen. Wo vieles nur Schein ist, muss die Hoffnung auf reale Veränderungen auf der Strecke bleiben. In diesem Sinn ist "Don't Worry Darling" eine ausgeklügelte ästhetische Fährtensuche, die gut unterhält, aber letztlich nirgendwo hinzuführen scheint.