Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Gunnar Landsgesell · 21. Nov 2013 · Film

Die Tribute von Panem - Gefährliche Liebe

Wahre Liebe gegen das Konzept totaler Manipulation. Inhaltlich ohne neue Schübe werden die Machtspiele von Panem fortgesetzt. Teil 3 und 4 sind bereits in Arbeit.

Vieles bleibt in der Schwebe in Tribute von Panem, Teil 2. Abseits der Dramaturgie dürfte dieser Eindruck auch daher rühren, dass aus dem Überraschungs-Blockbuster mittlerweile ein stattliches Franchise entstanden ist. Mit neuem Regisseur (Francis Lawrence) wurden parallel bereits Teil 3 und Teil 4 vorproduziert, was den unentschiedenen Eindruck des Films verstärken dürfte. Der Faden wird mit dem für die Arena inszenierten Liebespaar Katniss (Jennifer Lawrence) und Peeta (Josh Hutcherson) aufgenommen, das sich allerdings tatsächlich liebt und damit am Ende des ersten Films dem Tod trotzen konnte. Die „Wahrhaftigkeit“ der Gefühle kristallisiert sich dann auch als das Leitthema von „Hunger Games: Catching Fire“ heraus. Im zynisch und verlogen dargestellten Medienbetrieb, dem die reichen Bewohner der Hauptstadt frönen, wenn die Armen vom Land gegeneinander kämpfen, gibt es so etwas wie wahre Gefühle natürlich nicht. Ein bisschen rächt sich diese Unfähigkeit zu lieben auch im Lauf des Geschehens. Denn als die Teilnehmer schließlich wieder Allianzen bilden und erneut für die Arena rüsten müssen, ist den Machthabern und der Hauptstadt nicht klar, dass sich diese Liebe längst auch von den Entrechteten zu ihrem Heldenpaar Katniss und Peeta entzündet und verlängert hat. Ein hoffnungsfroher Aufstand liegt in der Luft, womit 146 Minuten ihren Abschluss finden.

Ein Loch in der Kuppel

Eigentlich könnte „Tribute von Panem“ ein ganz netter Abenteuerfilm mit juveniler Lovestory sein, in der Katniss zwischen ihrem Kampfespartner Peeta und ihrem Jugendfreund Gale (Liam Hemsworth) wankt. So etwa im Stil der „Twilight Zone“-Reihe, die von der gleichen Produktionsfirma realisiert wurde. Vor allem in der zweiten Hälfte des Films, als sich das Geschehen in einen tropischen Regenwald verlagert, finden sich einige Attraktionen, wie der Kampf gegen aggressiv angreifende Paviane. Der avisierte mächtige Überbau von Totalitarismus- und Medienkritik scheint die Dimension dieses Projekts aber zu sprengen. Besonders die Parts, in denen Donald Sutherland als Präsident Snow und skrupelloser Machtpolitiker jede Opposition ausradieren will, wirkt so, als hätte ein George W. Bush die Dramaturgie zu verantworten. Da wird Politik auf einmal ganz einfach. Und auch das Medienspektakel ist hier ohne große Mühe als emotional durch und durch korrumpiert zu erkennen. Interessant hingegen ist, welche Ergebnisse die Allianz von totalitärem Machtanspruch und zynischer Medialität zeitigt. Etwa jene der allgegenwärtigen Bilder. Offenbar sehen wir weite Strecken des Geschehens über die Kameras des Präsidenten, der auf seinen Bildschirmen fast alles – multiperspektivisch – verfolgen kann, was ihn zum ranghöchsten Reality-TV-Zuschauer macht und damit auch zum obersten Bösen. Wie diese universelle technische Sichtbarkeit aber, zumal im Regenwald, zustande kommt, bleibt ein seltsames Phänomen. Auch wenn sich gegen Ende der Himmel als gigantische Hi-Tech-Kuppel herausstellt, und die dichte Natur als reine Inszenierung entlarvt. Was das Loch, das ein Pfeil in diese Kuppel reisst, schließlich im Sinn der Wahrheits- oder Freiheitsproduktion seiner Figuren leisten wird, bleibt aber ungeklärt. Es handelt sich vorerst mal nur um einen Cliffhanger. Gerade auf dieser eigentlich zentralen Ebene wirft der Film aber Fragen auf, die er vielleicht gar nicht bearbeiten kann oder will. Hier scheint das Love-Theme als Motor und Erklärungsmodell zu genügen. Aber vielleicht ist das nur Erbsenzählerei, so wie auf die Pfeile im Köcher von Katniss zu achten, deren Anzahl in fast jeder Szene unterschiedlich ist. Aber sich, wenn es darauf ankommt, wieder auf wundersame Weise vervollständigt hat.