Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Gunnar Landsgesell · 24. Sep 2015 · Film

Chucks

Die junge Mae (Anna Posch) rebelliert gegen alles, was ihr in die Quere kommt. Als sie in einer Sozialeinrichtung Paul kennenlernt, setzt das Gefühle frei, die von einem nicht verarbeiteten Trauma stammen. Stimmungsvoller Score von Soap&Skin, aber letztlich leidet dieser Film an einer zu einförmigen Protagonistin.

„Chucks“ erzählt von einer jungen Frau, die in Punk-Pose gegen die Gesellschaft rebelliert. Mae (Anna Posch) wehrt sich gegen alles, was ihr in die Quere kommt. Gegen aufgesetzte Empathie ebenso wie echtes Interesse an ihrer Person. Als Mae von ihrem Sozialarbeiter einer NGO zugewiesen wird, lernt sie Paul (Markus Subramanian) kennen. Der junge Mann, der hier als Berater arbeitet, ist HIV-positiv und hat sich als Reaktion auf den Rückzug seiner Freunde selbst zurückgezogen. Zwischen beiden entsteht eine Liebesbeziehung, in der sich das wechselseitige Verständnis nur langsam einstellt.

Emotionale Tiefe durch Soap&Skin


„Chucks“ ist ein Film, der mit seinen kaputten Settings, der Anarcho-Punk-Attitüde seiner Protagonistin und der Darstellung linker Sub-Szenen wie aus den 80er-Jahren wirkt. Das überrascht, hat aber auch einen Retro-Charme. Zu Beginn vermag die Figur der verschlossenen, wortkargen Mae Interesse zu erwecken, die Frage, wo ihre Wut herkommt, hat zweifellos Relevanz. Doch im Fortlauf der Inszenierung bleibt Mae vor allem dem Zuseher einiges schuldig: Wo eine komplexe und widersprüchliche Persönlichkeit vermutet werden darf, wird am Ende eine einigermaßen naive und etwas einförmige Charakteristik sichtbar. Ein Mutter-Tochter-Konflikt um einen nicht aufgearbeiteten Todesfall in der Familie als Quelle der Revolte fühlt sich inhaltlich und in seiner dramaturgischen Bearbeitung etwas flach und schematisch an. Für die Inszenierung des Regie-Duos Sabine Hiebler und Gerhard Ertl heißt das, dass sie sich auf andere Assets verlassen müssen: die 23-jährige Nachwuchsschauspielerin Anna Posch gibt in der Rolle der Mae eine Talentprobe ab. Eine großartige Transponierung ihrer Stimmungslagen gibt der Score von Soap&Skin ab, der einigen Bildern eine ungeahnte Tiefe verleihen kann. Mit Paul findet sich zudem eine hintersinnige Figur, die die omnipräsente Verweigerungsfront der Protagonistin zumindest fallweise durchbricht. Auch wenn „Chucks“ ein interessanter Versuch ist, jugendliche Orientierungslosigkeit zu thematisieren, bleibt er in der Diskussion, die er anwerfen möchte, doch einiges schuldig.