Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Walter Gasperi · 29. Aug 2010 · Film

Aktuell in den Filmclubs (30.8. - 5.9. 2010)

Die Standesbeamtin: Rahel lebt mit Mann und Sohn im pittoresken an der Aare gelegenen Schweizer Städtchen Bremgarten. Wirklich glücklich ist sie in der Ehe nicht, dementsprechend lustlos verheiratet sie als Standesbeamtin andere Paare. Bewegung kommt aber in Rahels Leben, als ihr Jugendfreund Ben (Dominique Jann) auftaucht, der in seiner Heimatstadt ein deutsches Filmsternchen heiraten will. Vollziehen soll die Trauung selbstverständlich Rahel, doch durch das Wiedersehen wird nicht nur sie, sondern auch Ben emotional mächtig in Verwirrung gebracht.
Die Handlung von Micha Lewinskys („Der Freund“) zweitem Spielfilm ist zwar vorhersehbar, doch die beiden Hauptdarsteller, allen voran Marie Leuenberg als Rahel versprühen großen Charme. Natürlich und unverbraucht wirken sie und auch der Schweizer Dialekt und das malerische Städtchen tragen viel zur stimmigen Atmosphäre bei. Einige billige Klamaukszenen fehlen zwar ebenso wenig wie die krasse Überzeichnung des Filmsternchens, mit dem die Deutschenfeindschaft der Schweizer gepflegt wird, aber insgesamt bietet diese romantische Liebeskomödie, die nicht so abgehoben künstlich und kalt kalkuliert wie amerikanische Pendants, sondern weitgehend nah am Alltag ist, doch sympathische leichte Unterhaltung. Warmherzig und lustvoll schwärmt Lewinsky dabei von der wahren großen Liebe und plädiert entschieden dafür, für diese Liebe um glücklich zu werden auch eine laue Ehe aufzugeben oder eine gute Partie fahren zu lassen.
TaSKino Feldkirch im Kino Namenlos: bis Do, 2.9..


Elsa und Fred: Details verweisen schon in den ersten Einstellungen darauf, dass sich Elsa (China Zorrilla) nicht ihren 82 Jahren entsprechend – gern macht sie sich auch ein paar Jahre jünger – benimmt: Pinkfarben ist ihr Handy und recht wild und ohne Rücksicht auf den einen oder anderen Blechschaden kurvt sie mit ihrem kleinen Stadtauto durch die Straßen von Madrid. Von ihrem Sohn fühlt sie sich ebenso bevormundet und eingeschränkt wie der physisch etwas jüngere Alfredo (Manuel Alexandre) von seiner Tochter.
Da Elsa nicht zurückhaltend, sondern eher aufdringlich und neugierig ist, führt der Einzug Alfredos in der benachbarten Wohnung zur Bekanntschaft und aus der Nachbarin in Wohnung „J wie Josephine“ wird bald die Freundin und Geliebte.
Konträr sind diese beiden Rentner, sodass ihr Aufeinandertreffen und ihre gemeinsamen Erlebnisse für viel Witz sorgen. Während es die argentinische Immigrantin Elsa mit der Wahrheit nicht so genau nimmt, auch mal die Zeche in einem Luxushotel prellt und angesichts der Kürze der verbleibenden Lebenszeit darauf aus ist, jeden Augenblick voll auszukosten, ist Alfredo ruhig, ja fast lethargisch – ein Langweiler, der scheinbar mehr Angst vor dem Leben als vor dem Tod hat.
Doch unter dem Einfluss Elsas wandelt auch er sich, wird mutiger und offener, beginnt Widerstand gegen die Bevormundung durch seine Tochter zu leisten und sein Leben zu genießen: Endlich wird so auch Elsas Traum von einer Romreise wahr. Und wie Anita Ekberg in Federico Fellinis „La dolce vita“ steht sie schließlich im Trevi-Brunnen und statt Marcello Mastroianni sieht ihr Alfredo zu.
Es sind die Schauspieler, die Marco Carnevales warmherzige Komödie über eine Rentner-Liebe tragen. Auf sie ist „Elsa und Fred“ zugeschnitten. Dem temperamentvollen Spiel der Argentinierin China Zorrilla steht der leise und zurückhaltende Manuel Alexandre gegenüber. Hinreißend ergänzen sie sich und spürbar ist, dass sie bestens aufeinander eingestellt sind, sich förmlich blind verstehen. Doch starke Schauspieler alleine nützen nichts, wenn der Regisseur es nicht versteht diese richtig in Szene zu setzen. Marco Carnevales Inszenierung mag über Fernsehästhetik nicht hinauskommen, doch sein Blick auf die beiden Rentner ist sehr genau und sanft. Es ist diese Übereinstimmung von warmherzigem Blick des Regisseurs und beglückendem Spiel der Protagonisten, die  „Elsa und Fred“ zu einem sehr gefühlvollen, aber nie sentimentalen, wunderbar widerständigen Film machen, der nicht nur schmunzeln lässt und bewegt, sondern auch mit Verve die Schönheiten des Lebens feiert und zum individuellen Lebensgenuss angesichts der Gewissheit des Todes ermuntert.
Emsigen-Beisl, Hohenems (im Rahmen der 3. Hohenemser Kulturfilmtage): Fr, 3.9., 20 Uhr