Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Walter Gasperi · 05. Aug 2021 · Film

Aktuell in den Filmclubs (6.8. - 12.8. 2021)

Am Rankweiler Marktplatz startet diese Woche das alljährliche Open-Air-Programm "Filme unter Sternen" mit Chloé Zhaos Oscar-Sieger "Nomadland" (am 21.8. auch beim Open-Air in Hard). Das Filmforum Bregenz zeigt mit Sandra Wollners "The Trouble with Being Born" einen mehrfach preisgekrönten, aber auch verstörenden österreichischen Spielfilm um einen jungen Androiden.

The Trouble with Being Born: Von den ersten Bildern an löst Sandra Wollners Spielfilm um die etwa 10-jährige Elli, die kein Mensch, sondern ein Androide ist, Verstörung aus. Nur langsam bekommt man Einblick in ihre Beziehung zu dem Mann, den sie Vater nennt und der sie offensichtlich als Ersatz für die verschwundene reale Tochter programmieren ließ.
 Den Verlust hat er damit nicht nur kompensiert, sondern er benützt diese Elli auch nach Lust und Laune, die aber auch wiederum ganz im Stile einer Lolita als willenloses Wesen mitzuspielen scheint, bis sie eines Tages im Wald verschwindet und bald in eine zweite Geschichte um Verlust, Schuld und Begehren eingebunden wird.
Teils geisterhaft und teils märchenhaft wirkt "The Trouble With Being Born", den Sandra Wollner selbst als "Anti-Pinocchio" sieht, in dem nicht eine Puppe zum Menschen wird, sondern ein Mensch durch eine Puppe ersetzt wird. Ungleich abgründiger und verstörender als Carlo Collodis Kinderbuchklassiker ist aber dieser Film.
Idyllisch mag auf den ersten Blick das im Wald gelegene moderne Haus wirken, doch rasch schleicht sich hier Beunruhigung ein. Mit kühlen Bildern und starkem Sounddesign evoziert Wollner eine beklemmende Atmosphäre und schafft auch mit dem Gegensatz von Wald in der ersten Hälfte und tristem Autobahnstreifen und Hochhaussiedlung mit dunstverhangenem Himmel in der zweiten Hälfte einen starken Gegensatz. Gleichzeitig baut die 1983 in Leoben geborene Regisseurin mit bruchstückhafter Erzählweise zahlreiche Rätsel auf, die der Zuschauer erst langsam oder auch erst nach Filmende in der Erinnerung zumindest teilweise lösen und somit eine schlüssige Geschichte rekonstruieren kann. – Ein zweites Sehen lohnt sich hier auf jeden Fall.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Mi 11.8., 20 Uhr

Nomadland: Chloé Zhao verzichtet bei ihrem Oscarsieger und letztjährigen Gewinner des Filmfestivals von Venedig auf eine klassische Dramaturgie. Sie beschränkt sich darauf ihre Protagonistin, die 60-jährige Fern (Frances McDormand) nach dem Tod ihres Mannes und dem Verlust ihrer Wohnung bei ihrer Fahrt mit dem Van durch die USA zu begleiten. Begegnungen mit anderen Nomaden reihen sich dabei ebenso aneinander wie Gelegenheitsjobs in einem riesigen Verpackungscenter von Amazon, als Reinigungskraft auf einem Campingplatz, als Küchenhilfe in einem Fastfood-Restaurant oder bei der Zuckerrübenernte.
Ungeschönt ist der Blick auf diese Realität, aber auch unaufgeregt. Zhao dramatisiert nicht und kritisiert auch nicht groß, sondern beschränkt sich darauf mit genauem Blick die Realität einzufangen. Vorzüglich fügen sich dabei die beiden einzigen professionellen Schauspieler Frances McDormand, die für ihre Leistung mit einem Oscar ausgezeichnet wurde, und David Strathairn mit ihrem ebenso unaufdringlichen wie authentischen Spiel in die Riege der Laienschauspieler, die sich weitgehend selbst spielen.
Am Rand der Gesellschaft mögen diese Menschen leben, doch bei den wiederkehrenden Begegnungen auf den Campingplätzen, bei Gesprächen am Lagerfeuer und beim Umgang miteinander werden auch ihre Bindung und ihre Solidarität spürbar. In der Nachfolge von John Steinbecks "The Grapes of Wrath" und John Fords Verfilmung dieses Klassikers der US-Literatur beschwört dabei auch Zhao die Stärke des Volkes und die Kraft, die diese Randständigen aus ihrer Gemeinschaft schöpfen, vermittelt aber auch die Freiheit, die dieses Leben abseits gesellschaftlicher Zwänge bringt.
Filme unter Sternen, Marktplatz Rankweil: Mi 11.8., 21 Uhr
Kino am See – Seanema, Stedepark Hard: Sa, 21.8., 21 Uhr


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