Nikolaus Walter, Ohne Titel (Krake), Schwarz-Weiß-Fotografie, Ausstellung im Rahmen des Walserherbst im Alten Konsum am Thüringerberg. © Nikolaus Walter
Walter Gasperi · 04. Aug 2022 · Film

Aktuell in den Filmclubs (5.8. - 11.8. 2022)

Das TaSKino Feldkirch zeigt diese Woche mit "Competencia official - Der beste Film aller Zeiten" eine bissige Satire auf Filmregisseure und Schauspieler:innen. Beim Filmforum Bregenz steht mit "Navalny" ein spannender Dokumentarfilm über den russischen Oppositionellen auf dem Programm.

Competencia official – Der beste Film aller Zeiten: Um der Menschheit in Erinnerung zu bleiben, engagiert ein Millionär anlässlich seines 80. Geburtstags eine berühmte Regisseurin (Penélope Cruz), die mit einem arroganten Filmstar (Antonio Banderas) und einem gefeierten Theaterschauspieler (Oscar Martinez) einen Bestseller verfilmen soll.
Die Argentinier Gastón Duprat und Mariano Cohn fokussieren aber nicht auf die Dreharbeiten, sondern vielmehr auf die Proben davor.  In den weiten und kahlen Räumen des vom Produzenten gestifteten modernen Kongresszentrums lässt die Regisseurin ihre beiden Stars ihren Text rezitieren. Immer wieder lässt sie schon bei der ersten Probe den Theaterschauspieler Ivan "buenas noches" so lange wiederholen, bis der Tonfall ihrer Meinung nach genau die Stimmung ausdrückt, mit der jemand um 11 Uhr nachts der Polizei die Tür öffnet.
Während Ivan sich zunächst weigert, bei den Proben in einer Szene zu weinen, ist das für den auch in Hollywood erfolgreichen Frauenschwarm Felix kein Problem, denn Menthol oder der Gedanke an die Oma leisteten hier beste Dienste. Doch bald zeigt auch Ivan, wie er in der Lage ist, auf Knopfdruck Tränen hervorzudrücken. Während er sich mit Biographie und Hintergrund seiner Figur beschäftigt hat, um sich im Stil des klassischen Method Acting ganz in seine Rolle hineinzuversetzen, erklärt Felix offen, dass ihn das nicht interessiere, sondern er die Figur intuitiv nach seinen Vorstellungen spiele.
Ein herrliches Trio sind Penélope Cruz, Antonio Banderas und Oscar Martinez. Bestens harmonieren diese Stars und gehen ganz in ihren Rollen auf. Trocken ist das inszeniert, aber die bissigen Dialoge und das mitreißende Spiel sorgen für beste Unterhaltung, die auch einen bösen Blick hinter die Kulissen der Filmwelt bietet und bei der mit den Eitelkeiten der Stars und schließlich auch mit Filmpartys, Pressekonferenzen und großen Filmpremieren abgerechnet wird.
TaSKino Feldkirch im Kino Rio: Sa 6.8. bis Do 11.8.

Navalny: Der Kanadier Daniel Roher zeichnet in seinem Dokumentarfilm nicht das Leben des russischen Oppositionellen Alexei Navalny nach, sondern fokussiert auf dem Giftanschlag 2020 und Navalnys sich daran anschließende Recherchen.
Rückgrat und roter Faden ist dabei ein Interview mit Navalny an der Theke einer Bar. Spürbar wird hier nicht nur das Charisma dieses Intellektuellen, sondern auch wie er es versteht sich zu präsentieren. Roher vertraut scheinbar blind seinem Protagonisten, auf kritische Gegenstimmen verzichtet er weitgehend. Kritisch wird der Blick des Kanadiers nur, wenn er Navalny auf seine früheren Auftritte bei Veranstaltungen, an denen Rechtsradikale und Nationalisten teilnahmen, anspricht. Doch auch damit versteht der Medienprofi umzugehen und erklärt offen, dass er damit kein Problem habe: Im Kampf gegen das Regime müsse man eben auch Allianzen mit Gruppierungen eingehen, mit denen man im Grunde nicht viel gemein habe.
Im Zentrum des Films steht aber der Giftanschlag im August 2020 auf einem Flug vom sibirischen Tomsk nach Moskau. Hautnah dran ist der Film, wenn Navalnys Frau Julia mit dem Handy dokumentiert, wie sie vom Besuch im Krankenhaus in Omsk, wo das Flugzeug notlandete, abgehalten wird.
Kurz angeschnitten wird die Verlegung nach Deutschland und die Entlarvung des Nervengifts Nowitschok als Ursache des Zusammenbruchs. Viel Raum widmet Roher aber vor allem Navalnys Erholungsaufenthalt im Schwarzwald, wo er nicht nur beginnt zum Giftanschlag zu recherchieren, sondern es ihm auch gelingt, in einem Telefonat einen beteiligten Wissenschaftler zum Reden zu bringen.
Formal ist das sicher kein aufregender Film, doch seine Aktualität, der starke Protagonist und eine Regie, die die Fakten geschickt bündelt und zu einer spannenden Erzählung verdichtet, sorgen für 90 packende Minuten. Aber auch das entschiedene und trotz allem Mut machende Plädoyer für Zivilcourage und Widerstand sowie die Einblicke in die medienpolitischen Methoden im Russland Putins und in dessen harten und unerbittlichen Polizeiapparat machen diesen Dokumentarfilm sehenswert.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Mi 10.8., 20 Uhr


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