Musiker:innen aus Südafrika und Kolumbien prägen den besonderen Charakter des Pforte Kammerorchesters Plus. (Foto: Aron Polcsik)
Walter Gasperi · 03. Apr 2014 · Film

Aktuell in den Filmclubs (4.4. - 10.4. 2014)

Im Gasthaus Jöslar in Andelsbuch wird diesen Sonntag Thomas Vinterbergs Drama „Dear Wendy“ gezeigt. Im Spielboden Dornbirn läuft dagegen in der Reihe mit Filmen aus den letztjährigen Programmen des Linzer Filmfestivals Crossing Europe Scott Grahams großartiges Debüt „Shell“.

Dear Wendy: Fünf im Grunde pazifistisch gesinnte Jugendliche führt die Begeisterung für Waffen zusammen. Aber was mit harmlosen Treffs in einem aufgelassenen Bergwerk beginnt, endet in einem blutigen Showdown.
Nach einem Drehbuch von Lars von Trier drehte Thomas Vinterberg 2005 diese Mischung aus Konzept- und amerikanischem Genrekino. Wie eine Theaterbühne wirken die Settings nicht nur durch Stilisierungen, sondern auch durch Vogelperspektiven. Verstärkt wird dieser abstrahierende und den Illusionscharakter brechende Gestus durch den bewusst schematischen Handlungsaufbau sowie eingeschnittene Diagramme von Flugbahnen und Einschlägen der Kugeln.
Kühl blickt der Däne von Außen - gedreht wurde in Kopenhagen und Nordrhein-Westfalen – auf ein Amerika, in dem wie schon in Michael Moores „Bowling for Columbine“, Gus van Sants „Elephant“ oder David Cronenbergs „History of Violence“ Angst und Gewalt die Triebfedern des Handelns zu sein scheinen.
Doch diese analytische Parabel ist nur die eine Seite des Films, denn Vinterbergs Regie ist gleichzeitig immer wieder zupackend und versucht den Zuschauer ins Geschehen zu involvieren. Raffiniert spielt der Däne dabei mit Westernmotiven und zitiert im furiosen Showdown unübersehbar Sam Peckinpahs „The Wild Bunch“.  
So wird "Dear Wendy" auf einer zweiten Ebene zu einem ambivalenten Metafilm über das US-Kino, in dem sowohl die Begeisterung für die amerikanische Kinotradition stets spürbar ist als auch die Problematik der Gewaltdarstellung in diesen Filmen reflektiert wird.
Fast zwangsläufig führt diese Doppelstrategie zu Brüchen und irritiert, indem der Zuschauer aus der kühlen Analyse ebenso wie aus dem mitreißenden Identifikationskino immer wieder hinausgeworfen wird. Einrichten und wohl fühlen kann man sich in „Dear Wendy“ deshalb kaum, aber ein ungewöhnlicher und schillernder Film, der Fragen aufwirft und Diskussionen auslösen kann, ist dies auf jeden Fall.
Jöslar Andelsbuch: So 6.4., 20 Uhr

Shell: Shell ist ein 17-jähriger Teenager. Seit ihre Mutter vor mehr als einem Jahrzehnt die Familie verlassen hat, lebt sie allein mit ihrem Vater in einer Tankstelle in den schottischen Highlands. Nur selten kommen Kunden in diese raue Gegend, in der die Landschaft weit, die Wiesen karg sind und ständig ein eisiger Wind pfeift.
In großartigen Totalen, deren Farben weitgehend auf blasse Grau- und Blautöne reduziert sind, und durch den Verzicht auf Filmmusik, evoziert Scott Graham eindringlich ein Klima der Isolation und emotionalen Kälte. Verloren sind die Menschen hier und suchen doch Nähe. Der von seiner Familie getrennt lebende Hugh und der junge Adam kommen hier nicht nur vorbei um ihr Auto aufzutanken, sondern suchen auch um die Nähe des Teenagers zu suchen.
Im Zentrum steht aber die Beziehung zwischen dem an Epilepsie leidenden Vater und seiner Tochter. Sie sucht seine Nähe, kriecht sogar in sein Bett, er versucht die nötige Distanz zu wahren, sehnt sich aber auch sichtlich nach einem Ersatz für die abwesende Frau.
Von herber Poesie ist Scott Grahams sprödes Debüt, entwickelt Dichte durch die Konzentration auf einen Schauplatz und die konsequente Inszenierung und lebt von der Einbettung in die grandiose Landschaft sowie den ausdrucksstarken Hauptdarstellern Chloe Pirrie und Joseph Mawle.
Spielboden Dornbirn: Di 8.4., 20.30 Uhr