Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Walter Gasperi · 01. Mai 2009 · Film

Aktuell in den Filmclubs (4. - 10.5.2009)

Hinter Kaifeck: Mit Benno Führmann und Alexandra Maria Lara in den Hauptrollen erzählt Esther Gronenborn in ihrem Mystery-Thriller von einem Fotografen und seinem Sohn, die im bayrischen Dorf Kaifeck mit den Spuren eines lange zurückliegenden Verbrechens konfrontiert werden.
Club Vaudeville, Lindau: Di, 5.5., 20.15 Uhr


Ezra: Vom Verhör einer Wahrheits- und Versöhnungskommission ausgehend erzählt Newton I. Aduaka retrospektiv anhand eines Jungen exemplarisch vom Schicksal von Kindersoldaten in Sierra Leone. – Der Nigerianer bedient sich dabei amerikanischer Erzählmuster, emotionalisiert durch Individualisierung und Einarbeitung persönlicher Beziehungen wie der familiären Geschichte und einer Liebesbeziehung. Da historisch-soziale Hintergründe völlig ausgespart werden, bietet „Ezra“ letztlich keine Einsichten, sondern erzeugt nur mittels emotionaler Überwältigung Betroffenheit.
Takino Schaan: Mi, 6.5., 20.30 Uhr - ab 20 Uhr: Gespräch von Sebastian Frommelt mit Yann Dury, Ausstatter des Films


Das blaue Licht: Nachdem Leni Riefenstahl von 1926 an als Schülerin von Arnold Fanck bei Filmen wie „Der heilige Berg“ (1926), "Die weiße Hölle vom Piz Palü“ oder „Der weiße Rausch“ (1931) Erfahrungen gesammelt und das Handwerk gelernt hatte, legte sie 1932 mit diesem in den Dolomiten spielenden mystisch-romantischen Bergfilm ihr Debüt vor. Erzählt wird darin von einem geheimnisvollen blauen Licht, das in Vollmondnächten über dem Monte Cristallo aufleuchtet und die jungen Männer zum nächtlichen Aufstieg verführt, bei dem sie in den Tod stürzen. Die Schuld an dem Unglück geben die Bauern dem Bergmädchen Junta, das flüchtet, als es gesteinigt werden soll. Doch ein deutscher Maler folgt Juntas Spur und kommt hinter ihr Geheimnis, dessen Verrat eine Katastrophe auslöst. – Produziert wurde „Das blaue Licht“ von Henry R. Sokal, einem jüdischen Bankier, der als Freund und Protegee schon Riefensthals erste Auftritte als Tänzerin finanziert hatte und ihr zuliebe Filmproduzent geworden war. Sowohl Sokals Name als auch den des jüdischen Co-Regisseurs und Drehbuchautors Bela Balacz eliminierte Riefenstahl kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten aus den Credits. Laut Sokal sollen die teilweise sehr negativen Rezensionen von vorwiegend jüdischen Kritikern Riefenstahls Leben eine entscheidende Wende gegeben haben. Begeistert von „Mein Kampf“, das sie 1932 gelesen hatte, schwärmte sie für Hitler und wurde zur leidenschaftlichen Antisemitin. – Wird im Rahmen des Begleitprogramms zur Ausstellung „Hast du meine Alpen gesehen?“ des Jüdischen Museums Hohenems gezeigt.
Spielboden Dornbirn: Do, 7.5., 19.30 Uhr


Naked Lunch live - Universalove:  In Gemeinschaftsarbeit des Regisseurs Thomas Woschitz und der österreichischen Band „Naked Lunch“ ist dieser Episodenfilm über die Liebe entstanden, und es ist die Musik, die mindestens im gleichen Maße wie die Bilder den Film antreibt. Ineinander geschnitten werden sechs über den ganzen Erdkreis verstreute Geschichten über die Liebe erzählt – oder vielmehr Fetzen davon, entscheidende Momente vorgestellt. Das Hin- und Herspringen zwischen Rio und Marseille, Tokio und Luxemburg, Brooklyn und Belgrad macht es am Anfang nicht leicht, den Überblick zu gewinnen oder zu behalten, gleichzeitig vermittelt dieses Bruchstückhafte, Flüchtige und Fragile auch viel vom Ungewissen der Liebe. Denn reines Glück gibt es in diesem von Melancholie durchzogenen Reigen nie, vielmehr die Sehnsucht danach, nach einem Phantombild ebenso wie nach einem verehrten Telenovelastar, nach dem von einem Mafioso bedrohten Geliebten oder der vielleicht fremd gehenden Frau. So kunstvoll das freilich gemacht ist, mehr filmisches Gedicht als Erzählung, so wenig Emotionen lässt es letztlich im Fragmentarischen und Skizzenhaften aufkommen, bleibt eine artistische Fingerübung, die den Zuschauer emotional nur dann berührt, wenn er sich zu den Momentaufnahmen im Kopf komplexere Geschichten ausmalt.
Spielboden Dornbirn: Do, 7.5., 21 Uhr


Peace Kicking Mission: Anfang Mai 2008. Während in Österreich und der Schweiz die Vorbereitungen für die Fußballeuropameisterschaft auf Hochtouren laufen, reist ein österreichisches Film- und Amateurfußballteam mit einem VW-Bus durch den Kosovo und versucht in Pristina ein Fußballturnier zu organisieren, bei dem kosovo-albanische und serbische Teams gegeneinander antreten sollen. Die Verwüstungen des Krieges und die angespannte politische Situation, die ethnischen Gegensätze und die Einschränkungen durch die Sicherheitstruppen der UNO sind allgegenwärtig, dennoch gelingt es dem Team kosovarische und serbische Teams zu organisieren und so die Grenzen zumindest für die Länge eines Fußballturniers zu sprengen. – Ein (bewusst) amateurhaft ohne Stilwillen und schnell aus dem Augenblick heraus gedrehter Dokumentarfilm, der keine Hintergrundinformationen bietet, weder die geschichtliche Entwicklung beleuchtet noch in den Interviews mit Serben und Kosovo-Albanern tiefer schürft , sondern nur einen Einblick in die aktuelle Situation im Kosovo bieten will und an die Möglichkeit glaubt, mit Sport die Menschen zusammen zu bringen, die durch politische Parolen auseinander gerissen und zu Feinden gemacht werden.
Spielboden Dornbirn: Fr, 8.5.; Mi 13.5; Mi, 20.5. - jeweils 20.30 Uhr


The Boy in the Striped Pyjamas: Wie kann man vom unbeschreiblichen Grauen des Holocausts erzählen? - Mark Herman versucht es in seiner Verfilmung von John Boynes Bestseller – abgesehen vom Finale – ganz ohne Bilder von KZs und Gaskammern, er erzählt vielmehr aus der Perspektive des achtjährigen Bruno, Sohn eines KZ-Offiziers, der bei seinen Streifzügen durch die Gegend auf den gleichaltrigen Shmuehl trifft, der allerdings hinter einem Stacheldraht sitzt. Stets getrennt durch den Stacheldraht entwickelt sich so nicht nur eine Freundschaft, sondern die Erzählungen Shmuehls erschüttern langsam auch Brunos Glauben an die Integrität des Vaters und der nationalsozialistischen Ideologie und Politik. – Indem Herman konsequent aus Brunos Perspektive erzählt, schleicht sich auch beim Zuschauer das Grauen langsam ein und steigert sich sukzessive. Dank exzellenter Kinderdarsteller, einer sehr flüssigen, ganz mit den Strategien der Hollywood-Dramaturgie arbeitenden Erzählweise entwickelt „The Boy in the Striped Pyjamas“ große emotionale Kraft und kann, auch wenn im Finale mit anbrechendem Gewitter und aufdonnernder Musik viel zu dick aufgetragen wird, auch einem jungen Publikum nicht nur die Schrecken der nationalsozialistischen Rassenpolitik, sondern auch die Manipulation der Jugend bewusst machen.
Takino Schaan: Do, 7.5., 20.30 Uhr; Fr, 8.5. – So, 10.5., jeweils 18.30 Uhr


Che: The Argentine: Im ersten Teil seines vierstündigen „Doppelfilms“ über Ernesto „Che“ Guevara beschränkt sich Steven Soderbergh ganz auf die Ereignisse der Kubanischen Revolution (1956-1959). Auf der Basis von Guevaras „Kubanischem Tagebuch“ zeichnet Soderbergh mit einem großartigen Benicio del Toro in der Hauptrolle quasidokumentarisch die Ereignisse nach, ist hautnah an den Guerilleros dran, zeigt nüchtern ihren Alltag und hält den Zuschauer durch Verzicht auf Emotionalisierung und Psychologisierung auf Distanz. In der konsequenten Beschränkung auf die Aktionen der Revolutionäre werden Hintergründe ausgespart und gleichzeitig der Aufbau eines Heldenbildes durch die undramatische, auf Höhepunkte und Zuspitzungen verzichtende Erzählweise umgangen. Konterkariert wird diese Ebene durch eingeschnittene, durch grobkörniges Schwarzweiß den Eindruck von Archivmaterial vermittelnde, aber in Wirklichkeit nachinszenierte Szenen von Guevaras UNO-Rede und Interviews während seines New York-Aufenthalts 1964, die einen ideologischen Unterbau zum revolutionären Kampf in Kuba liefern. – Nicht unbedingt ein gelungener, aber zweifellos ein experimentierfreudiger Film, bei dem Soderbergh versucht,neue Wege bei der filmischen Nachzeichnung einer Biographie zu gehen.
Takino Schaan: Fr, 8.5. - Di, 12.5., jeweils 20.30 Uhr


Weiters:
Tage und Wolken – Giorni e nuvole - TaSKino Feldkirch im Kino Namenlos: Mi, 6.5., 19.30 Uhr ; Do, 7.5., 21.45 Uhr; FKC Dornbirn in den Weltlichtspielen Dornbirn: Do, 7.5., 19.30 Uhr; Fr, 8.5., 21.30 Uhr
Stadt der Blinden - Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Mi, 6.5., 20 Uhr; Fr, 8.5., 22 Uhr
Neulich in Belgien - Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Mi, 6.5., 20 Uhr; Fr, 8.5., 22 Uhr; FKC Dornbirn in den Weltlichtspielen Dornbirn: Do, 28.5., 19.30 Uhr; Fr, 29.5., 21.30 Uhr
Entre les murs – Die Klasse – Kino Madlen, Heerbrugg: Mo, 4.5.; TaSKino Feldkirch im Kino Namenlos: 8. – 12.5.