Musiker:innen aus Südafrika und Kolumbien prägen den besonderen Charakter des Pforte Kammerorchesters Plus. (Foto: Aron Polcsik)
Walter Gasperi · 30. Okt 2011 · Film

Aktuell in den Filmclubs (31.10 - 6.11. 2011)

Mit Aki Kaurismäkis Sozialmärchen „Le Havre“ läuft einer der schönsten Filme des Jahres diese Woche im Filmtheater Madlen in Heerbrugg. Von einem Culture-Clash der anderen Art erzählt dagegen Marcus H. Rosenmüller in der Komödie „Sommer in Orange“, die diese Woche vom Filmforum Bregenz und vom TaSKino Feldkirch gezeigt wird.

Le Havre: Nach fünf Jahren meldet sich Aki Kaurismäki zurück. Warmherziger, optimistischer als sein bisheriges Werk ist sein neuer Film, aber – wie er selbst sagt – nur eine Reaktion auf den zunehmenden eigenen Pessimismus. Wie gewohnt erzählt der Finne von Underdogs, hat aber zum ersten Mal seit fast 20 Jahren wieder in Frankreich gedreht. Direkt an seinen dort entstandenen „La vie de Boheme“ knüpft „Le Havre“ an: Der „nur künstlerisch erfolgreiche“ Schriftsteller Marcel Marx ist von Paris in die Küstenstadt übersiedelt, wo er sich als Schuhputzer durchschlägt. Mit seiner Frau Arletty lebt er in einem gleichzeitig heruntergekommenen und doch wieder pittoresken Arbeiterviertel. Arletty aber ist schwer krank und muss ins Krankenhaus. Marcel aber liest wenig später im Hafenviertel einen jungen Afrikaner auf, der aus einem Flüchtlingscontainer vor der Polizei entkommen konnte. Um diesem freilich die Fortsetzung der Flucht zu seiner Mutter nach England zu ermöglichen, muss das ganze Viertel zusammenhalten…
Real ist das Flüchtlingselend, doch der Zeit enthoben scheint der Film durch das Ambiente, die Kleider, Autos und Telefone mit Wählscheiben. Gebrochen wird die bittere Realität aber auch durch Kaurismäkis warmherzigen Blick und den Glauben an das Gute im Menschen. – Ein Märchen ist dieser Film aber nicht nur auf der Handlungsebene, sondern geradezu märchenhaft ist auch die Inszenierung mit penibel arrangierten Bildern, einer Farbdramaturgie, bei der jeder Tupfer genau gesetzt ist, wunderbar stoisch agierenden Schauspielern und prägnanten knochentrockenen Dialogen. Dass in einem solchen Märchen auch am Ende Wunder stehen dürfen und ein prächtig blühender Kirschbaum von grenzenlosem Glück künden darf, versteht sich von selbst.
Kino Madlen, Heerbrugg: Mo 31.10., 20.15 Uhr


Sommer in Orange:
Ein Culture-Clash der anderen Art ist angesagt, wenn sich eine Berliner Bhagwan-Kommune 1980 in einem bayrischen Dorf niederlässt. Blauweißer Trachtenrock trifft da auf orange Pluderhose, kleinbürgerliche Ordnung auf Gedanken von freier Liebe. Zur Pendlerin zwischen den beiden Gruppierungen wird die 12-jährige Lili, die zwar in der Kommune wohnt, aber die Dorfschule besuchen muss. Von der Mutter sich selbst überlassen, sucht sie bald Anschluss bei ihren Mitschülern, möchte gern in einem Verein mitmachen und entdeckt, dass vegetarisches Essen auch nicht alles ist.
Marcus H. Rosenmüller orientiert sich sichtlich an seinem Erfolgsfilm „Wer früher stirbt, ist länger tot“, erzählt wieder aus der Perspektive eines Jugendlichen und von der Suche nach Orientierung. Doch in der Überfülle der Themen und Szenen geht diese Problematik etwas unter. Zu viel will Rosenmüller einfach, springt von einer durchaus witzigen Szene zur nächsten, geht aber nie tiefer. Kurzweilige Unterhaltung bietet diese Komödie, in der die bayrische Provinz genauso aufs Korn genommen wird wie die Bhagwan-Kommune und ihre Ideen, allerdings verpufft ihre Wirkung mit Filmende auch schon wieder.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Do 3.11., 20 Uhr; Sa 5.11., 22 Uhr
TaSKino Feldkirch im Kino Namenlos: Fr 4.11. – Di 8.11.