Musiker:innen aus Südafrika und Kolumbien prägen den besonderen Charakter des Pforte Kammerorchesters Plus. (Foto: Aron Polcsik)
Walter Gasperi · 29. Jän 2012 · Film

Aktuell in den Filmclubs (30.1. - 5.2. 2012)

Diese Kinowoche dominiert die Filmreihe „Psychische Krankheiten“, die in Zusammenarbeit mit pro mente Vorarlberg am Spielboden Dornbirn veranstaltet wird. Während es in der Martin-Suter-Verfilmung „Small World“ im Rahmen einer Krimihandlung um Alzheimer geht, schildert Joseph Greco in „Aus tiefster Seele“ die Auswirkungen der schizophrenen Erkrankung einer Frau auf ihren Mann und ihren Sohn. Im Anschluss an die Vorstellungen bietet sich jeweils die Möglichkeit zum Gespräch mit Vertretern von pro mente Vorarlberg.

Small World: Konrad Lang ist zwar erst um die 60, doch Ereignisse aus der unmittelbaren Vergangenheit vergisst er zunehmend. Dafür beginnt er, sich an früheste Kindheit immer genauer zu erinnern. Das passt aber der greisen Konzernchefin Elvira Senn, bei der Konrad aufwuchs, gar nicht.
1997 gelang dem Schweizer mit seinem ersten Roman „Small World“ ein Bestseller, gekonnt verknüpft er Krimihandlung mit der Schilderung von Alzheimer und hält den Leser mit seinen Erzählstil bei der Stange. Der Franzose Bruno Chiche hält sich bei seiner Verfilmung inhaltlich ziemlich genau an die Vorlage, lässt aber Inspiration und eigenen Ansatz.
Elegant sind zwar die Bilder, aber letztlich ohne Gehalt, dienen nur dazu die Geschichte zu transportieren, drücken aber nichts in sich selbst aus. Mit Kino hat das wenig zu tun, sondern erinnert ebenso wie die zahlreichen Großaufnahmen vor allem an Fernsehfilme. Dass „Small World“ mehr Fernsehen als Kino ist, zeigt sich auch im Umgang mit den Schauspielern. Erlesen ist zwar die Besetzung von Gérard Depardieu über Alexandra Maria Lara bis Nathalie Baye, aber Chiche lässt seinen Stars kaum Raum und Zeit, um ihren Figuren mehr Ecken und Kanten zu verleihen.
Nur der mit sichtlichem Vergnügen agierende Depardieu kann aus dem engen Handlungskorsett ausbrechen, kann seinen Konrad facettenreicher anlegen, lässt ihn nie zum bemitleidenswerten Dementen werden, sondern gibt dieser Figur trotz der schweren Krankheit Leichtigkeit und einen gewissen Schalk, wenn manchmal in der Schwebe bleibt, ob Konrad wirklich so vergesslich ist oder er die Vergesslichkeit aus gewissen und allzu verständlichen Gründen nur vortäuscht.
Spielboden Dornbirn: Di 31.1.; Mi 15.2.; Di 20.3. - jeweils 20.30 Uhr

Aus tiefster Seele: Der zehnjährige Chris (Devon Gearhart) kehrt von einem Urlaub bei seiner Tante zu seinen Eltern in den Sunshine-State Florida zurück. So sommerlich aber das Klima sein mag, ungetrübt ist das Familienleben nicht, denn die Mutter (Marcia Gay Harden) leidet an Verfolgungswahn, ist stets besorgt um ihren Sohn und reagiert über alle Maßen emotional. Problematisch wird es, als sie in ihrer Paranoia nachts die Polizei alarmiert, Nachbarn mit ihrem Geschrei in der Nachtruhe stört und schließlich auch noch Chris mit einem Messer verletzt. Als die Beamten sie abführen und in eine Klinik einliefern, bleiben Vater (Joe Pantoliano) und Sohn allein zurück, müssen selbst das Leben organisieren. Während der Vater für die Mutter in Erinnerung an die glücklichen Tage ein Segelschiff baut, gibt es für Chris die erste zarte Liebe, gleichzeitig verdient er aber auch mit selbst genähten T-Shirts Geld.
Das ist zweifellos gut gespielt, und besticht am Beginn durch den genauen Blick für Details, kommt aber doch insgesamt viel zu glatt daher. Von der psychischen Krankheit der Mutter verschiebt sich der Fokus bald ganz auf Vater und Sohn, deren Beziehung sich gerade durch die schwierige familiäre Situation vertieft. Da bleibt letztlich nicht mehr als eine zweifellos sehr sauber inszenierte Schnulze, bei der Debütant Joe Greco alle Register zieht, um auf die Tränendrüsen zu drücken. – Mit Wehmut erinnert man sich angesichts dieses Filmchens an John Cassavetes´  „A Woman Under Influence“. Den trotz Verlust des Jobs lachenden Vater und den Mustersohn aus „Aus tiefster Seele“ – denn selbstverständlich wird am Ende eine heile Welt angedeutet – wird man morgen vergessen haben, unvergesslich bleiben dagegen die phänomenale Gena Rowlands, die die quasidokumentarische Regie ihres Mannes John Cassavetes voll zur Geltung brachte, und Peter Falk als der um seine Frau kämpfende, aber mit der Situation überforderte Mann.
Spielboden Dornbirn: Mi 1.2.; Do 14.2.; Do 22.3. - jeweils 20.30 Uhr