Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Thomas Kuschny · 28. Jän 2012 · Musik

Von der Verbindung des Fremden mit dem Nahen - Das Trio „Tirtha“ im Spielboden

Die Bedeutung des Namens „Tirtha“ möge man, so Interesse vorhanden, doch in der allgegenwärtigen Internet-Enzyklopädie nachschlagen, rät uns Vijay Iyer, Pianist und bekanntestes Mitglied eben jener Formation. Dort steht (stark verkürzt): „Tirtha“ heißt eigentlich „Furt“, bezieht sich aber auch auf einen Übergang zum Transzendenten. Der Name passt auf jeden Fall auch, wenn damit eine Verbindung vom Jazz mit indischer Musik gemeint ist.

Iyer, Amerikaner indischer Herkunft, widmet sich dabei schon länger vor allem der rhythmischen Komponente. Nicht weiter verwunderlich, da sein Konzertflügel für eine melodische Welt mit 22 statt 12 Zwischentönen einer Oktave denkbar ungeeignet ist. So scheint seine Musik oft auf Talas, den langen indischen Zähleinheiten, basiert zu sein. Ungerade und komplexe Metren, polyrhythmische Verschachtelungen, dafür war er auch schon mit seinem Jazz-Trio bekannt. Sein harter Anschlag sorgt dabei für die nötigen Kanten und Akzente. Mit dem souveränen Nitin Mitta an der Tabla an Stelle des Schlagzeugs ändert sich das Klangbild aber drastisch in Richtung Osten, wird offener, spielerischer und weicher. Der Dritte im Bunde ist Gitarrist Prasanna, der sein Effektboard glücklicherweise nur selten im Einsatz hat, wirkt sein „cleaner“ Ton in diesem Zusammenhang doch am stimmigsten. Er spielt sein Instrument ähnlich einer Sitar, mit vielen melismenartigen Verzierungen. Daraus folgt eine „horizontale“, weniger skalenorientierte Spielweise, die ab und an aber doch durch bluesige Licks und jazzige Phrasierungen überrascht. Von ihm und Iyer sind sämtliche Kompositionen, beide orientieren sich nach eigener Aussage eher an der karnatischen Musik, dem ursprünglicheren, meist vokalen Stil Südindiens. Wie im balladenhaften „Abundance“ singt Prasanna dann seine Melodielinien mit. Immer wieder staunenmachend ist auch der indische Scat-Gesang im Unisono mit der Tabla, komplexe Zungenbrecher auf höchstem Niveau. Aber auch gänzlich andere Einflüsse werden eingewoben, ein Stück beginnt mit einer astreinen Zwölftonreihe! Die ungewöhnliche Instrumentierung wirkt dabei wie selbstverständlich, eine durchwegs runde Sache. Als Hommage an die Bollywood-Filmmusikproduktion  endet das Konzert schließlich mit der einzigen Fremdkomposition. Ein veritabler Ohrwurm!