Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast. (Foto: Matthias Horn)
Walter Gasperi · 28. Mär 2009 · Film

Aktuell in den Filmclubs (30.3. - 5.4.2009)

Nomad´s Land: In seinem Dokumentarfilm folgt der Schweizer Regisseur Gael Metroz den Spuren des Genfer Schriftstellers Nicolas Bouvier, der in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts Iran, Pakistan und Sri Lanka bereiste. Enttäuscht vom heutigen Zustand der von Bouvier beschriebenen Regionen wendet sich Metroz aber von den Spuren Bouviers ab, kommt im Gefolge von Nomaden in entlegene Winkel Asiens und wird so selbst – ganz im Sinne Bouviers – zum Entdecker.
Kino Madlen, Heerbrugg: Mo, 30.3., 20.15 Uhr


Borderline: Sie ritzen sich die Arme, trinken Ammoniak oder schlucken eine Rasierklinge - Was die beiden Patientinnen in Sascha Näfs und Manuel Grafs 90-minütigem Dokumentarfilm, der im Rahmen der Matura an der Kantonsschule Wattwil entstand, erzählen, ist teilweise kaum zu glauben. Nach außen werden solche Dinge von den Betroffenen kaum getragen, und so herrscht in der Öffentlichkeit vielfach Unwissenheit über die Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS). Kurze, immer wieder eingeschnittene Statements von Passanten vermitteln einen plastischen Eindruck davon. Abhilfe soll hier dieser Film leisten, aufklären und Verständnis für von Borderline betroffene Menschen, vorwiegend sind es Frauen, wecken. Ganz auf das Thema konzentriert vermitteln so Graf/Näf in Interviews mit zwei Patientinnen und zwei Ärzten aufschlussreichen und bewegenden Einblick in Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten, aber auch in das Leben mit dieser Krankheit.
Spielboden Dornbirn: Di, 31.3., 20.30 Uhr (ausverkauft – Restkarten mit Vorbehalt an der Abendkasse)


Le petit lieutenant: Ein reinrassiger Polizistenfilm ist Xavier Beauvois fünfter Spielfilm, und doch ganz anders als all die anderen Werke dieses Genres. Gezielt wird zwar auf „Maigret“ und „Columbo“ und über Plakate auf Finchers „Seven“ und Melvilles „Un flic“ angespielt, doch nicht eine spektakuläre Verbrecherjagd, sondern die ganz alltägliche Polizeiarbeit steht im Mittelpunkt. Von Le Havre lässt sich der junge Antoine nach Abschluss der Polizeischule zur Pariser Kripo versetzen, weil dort viel mehr los sei. Am neuen Arbeitsplatz trifft der idealistische junge Anfänger auf eine ausgebrannte und desillusionierte Chefin, die vom Alkohol gerade erst weggekommen ist. Genau ist Beauvois Film, bei dem sich erst langsam die Szenenfolge aus dem Büroalltag zu einer Geschichte fügt, in der Beschreibung dieser konträren Charaktere. Und fast dokumentarisch und völlig auf Musik verzichtend wird die Polizeiarbeit geschildert als Job mit großer Verantwortung, aber wenig Erfolgs- und Glücksmomenten, dafür umso mehr Niederlagen und Einsamkeit.
Takino Schaan: Do, 2.4., 20.30 Uhr; Sa, 4.4., 18.30 Uhr + 22.30 Uhr; Mo, 6.4., 18.30 Uhr


Die Tiefseetaucher: Rote Pudelmützen und hellblaue Trainingsanzüge, David Bowie-Songs auf Portugiesisch, Hommage an die Unterwasserfilme Jacques Cousteaus, eine Ehe- und eine Vater-Sohn-Geschichte und beiläufige Parodie aufs Genrekino. – Ausgesprochen schräg ist das filmische Universum des Texaners Wes Anderson, aber immer so liebevoll und detailreich gestaltet, so überbordend an Einfällen, dass es in seinen Filmen auch beim wiederholten Sehen noch Neues zu entdecken gibt. In „Die Tiefseetaucher – The Life Aquatic with „Steve Zissou“ schickt Anderson Bill Murray als Meeresforscher und Filmregisseur Steve Zissou und ein Starensemble (Willem Dafoe, Owen Wilson, Anjelica Huston, Cate Blanchett) auf die Jagd nach einem Leopardenhai. – Absurd ist freilich die Geschichte, aber bei Anderson sind immer einzelne Szenen wichtiger als eine schlüssige Handlung und so kann man sich voll und ganz der Schönheit des Augenblicks hingeben. 
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Mi, 1.4., 20 Uhr; Fr, 3.4., 22 Uhr


Wolke 9: Nicht viel braucht Andreas Dresen für sein Kino: Ein paar Menschen und ein soziales Umfeld, in das er sie einbettet, reichen dem deutschen Regisseur völlig. An Dresens Filmen kann man studieren, wie packend ganz einfache – und auch einfach inszenierte – Geschichten sein können. Allein ein atemberaubend genauer Blick für Situationen und Schauspieler, die entsprechende Szenen frei improvisierend entwickeln können, sind dazu nötig. Blendend funktioniert hat das im Ehedrama „Halbe Treppe“ ebenso wie in der Dramödie „Sommer vorm Balkon“. Nicht anders ist das in „Wolke 9“, auf der die etwa 65-jährige Inge schwebt, als sie sich nochmals verliebt – nicht in einen jüngeren, sondern einen etwa zehn Jahre älteren Mann. Da kommt Bewegung in ihr Leben, und sie blüht auf. Doch Inge ist auch verheiratet, und wenn zwei sich lieben und es einen dritten gibt, kann das Glück auch leicht in eine Tragödie kippen. – In der Konzentration auf diese Dreiecksgeschichte, in der Natürlichkeit und Unmittelbarkeit der phänomenalen Schauspieler entwickelt dieser Liebesfilm einen Sog, dem man sich nicht entziehen kann. Denn bei einem Film von Dresen schaut man immer wieder und vor allem dem Leben bei der Arbeit zu.
FKC Dornbirn in den Weltlichtspielen Dornbirn: Do, 2.4., 19.30 Uhr; Fr, 3.4., 21.30 Uhr


Filmanalyse im Filmforum Bregenz: Schon mehrfach in den letzten Jahren begeisterte der Mannheimer Dr. Peter Bär im Filmforum Bregenz mit seinen ebenso profunden wie spannenden Filmanalysen. Auf die Vorführung des Films folgt dabei immer das Referat von Dr. Bär, wobei heuer drei Filme, die in den letzten sechs Jahren entstanden sind, unter die Lupe genommen werden. Bei „Girl With a Pearl Earring“, in dem Peter Webber fiktiv die Entstehungsgeschichte von Vermeers berühmtem Bild nacherzählt, werden ein Vergleich der Bildgestaltung im Film und beim flämischen Maler sowie eine Gegenüberstellung von Vermeers Biographie und deren filmischer Darstellung im Mittelpunkt stehen.
Wie Marc Forster in seinem visuell faszinierenden Psychothriller „Stay“ dem Zuschauer ständig den Boden unter den Füßen wegzieht und die Grenzen zwischen Realität und Wahn verschwimmen lässt, am Ende in einer kühnen Wendung aber doch zu einer ganz simplen Erklärung findet, fordert geradezu nach einer genaueren Betrachtung der hier angewendeten Erzählstrategien und vielleicht auch zum Vergleich mit dem klassischen Erzählkino, in dem so ein irrer Bildertaumel mit permanenten Handlungssprüngen nur Unverständnis und Verärgerung hervorgerufen hätte.
Als Meister der Verschränkung von parallelen Geschichten hat sich Alejandro González Inárritu seit seinem Debüt „Amores Perros“ einen Namen gemacht. In „21 Grams“ baut der Mexikaner unterstützt von einem großartigen Schauspielerensemble und der brillanten Kameraarbeit von Rodrigo Prieto aus drei Geschichten ein Puzzle auf, das sich erst langsam zu einem Gesamtbild fügt. Auch dieses packende Psychodrama über Schuld und Sühne, Zufall und Schicksal verlangt aufgrund seiner komplexen Struktur geradezu nach einer genaueren Analyse, die Dr. Bär liefern wird.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz:
Sa, 4.4., 15 Uhr: Girl with a Pearl Earring
Sa, 4.4., 19.15 Uhr: Stay
So, 5.4., 11 Uhr (Frühstück ab 9.30 Uhr): 21 Grams
jeweils im Metrokino Bregenz