Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Walter Gasperi · 29. Nov 2018 · Film

Aktuell in den Filmclubs (30.11. - 6.12. 2018)

Das Theater am Saumarkt zeigt diese Woche im Rahmen der "Literaturtage für junge Leute" Majid Majidis Spielfilm "Die Farben des Paradieses". Beim Filmforum Bregenz steht Agnès Jaouis geschliffene Gesellschaftssatire "Place publique – Champagner und Macarons" auf dem Programm.

Die Farben des Paradieses: Der 10-jährige Mohammad ist blind. Die Umwelt ist für ihn nur durch Hände und Ohren erfahrbar. Der Iraner Majid Majidi macht durch die ruhige, aber genaue Beobachtung der Figuren, die Reduktion der Geräusche und durch den Mut zu Momenten der Stille auch für Sehende diese Welt der Blinden erfahrbar.
Indem auch die Musikuntermalung auf wenige Szenen beschränkt ist, werden Vogelgezwitscher, das Klopfen eines Spechts, das Rauschen des Meeres oder das Prasseln des Regens umso intensiver wahrgenommen, und auch die Bedeutung des Tastens wird im langen Wühlen im Meeressand, im Abgreifen eines Gesichts oder einer Getreideähre nachvollziehbar.
Wegen seiner körperlichen Behinderung wird Mohammad von seinem Vater abgelehnt. Nur widerwillig nimmt dieser ihn während der Sommerferien aus der Teheraner Blindenschule mit in das heimatliche Bergdorf. Nicht weniger intensiv wie die Welt der Blinden inszeniert Majidi hier die dazu in starkem Kontrast stehende Welt der Sehenden. In leuchtenden Farben zeigt er die grünen Wälder, die goldgelben Getreidefelder und bunteste Blumenwiesen, gefärbte Wollstränge oder den türkisen Hausverputz.
In all ihrer visuellen und akustischen Pracht und Vielfalt schildert Majidi die Natur, ohne je in kitschiges Schwelgen abzugleiten. Doch im Zentrum der Handlung stehen die sozialen Beziehungen. Während Mohammad dem verwitweten Vater, der sich wieder verheiraten will, nur im Wege steht, verbindet ihn mit der Großmutter ein sehr inniges Verhältnis.
Majidi erzählt einfach und vielleicht auch manchmal zu deutlich und zu mild - geradezu für Kinder konzipiert -, doch dieser Einwand wiegt gering angesichts der Sinnlichkeit seines Films.
Theater am Saumarkt, Feldkirch: Sa 1.12., 18 Uhr

Place publique – Champagner und Macarons:
Agnès Jaoui („Lust auf Anderes“, „Schau mich an!“) nützt ein Gartenfest, mit dem die Fernsehmoderatorin Nathalie (Léa Drucker) ihre Villa am Stadtrand von Paris einweihen will, um lustvoll Gegensätze aufeinanderprallen zu lassen. Da stehen sich nicht nur TV-Promis und die Landbevölkerung gegenüber, sondern auch der zunehmend erfolglosere und alternde TV-Moderator Castro (Jean-Pierre Bacri), den niemand unterbricht, wenn er unglaublich schlecht ein Yves-Montand-Chanson singt, und junge Hip-Hopper um einen Youtube-Star (Mister V). Mit Castros Chauffeur und einer Kellnerin, die lieber Selfies mit den Berühmtheiten macht als sich um die Gäste zu kümmern, kommt auch die arbeitende Bevölkerung als Gegenpol zur genießenden High-Society  ins Spiel, auch die Migrationsthematik wird nicht ausgespart und Konflikte zwischen Mann und Frau dürfen freilich auch nicht fehlen.
Jaoui, die selbst Castros Ex-Frau spielt, macht sich mit geschliffenen Dialogen über jede Gruppe lustig und deckt das explosive Potential auf, das in den sozialen Gegensätzen stecken kann, wenn sich am Ende die Aggressionen entladen. Dank genauen Blicks rechnet sie treffsicher und bissig mit der heutigen Handy- und Medienwelt ebenso ab wie mit dem Gieren nach Berühmtheit und der Sehnsucht nach ewiger Jugend. Nie ist der Spott aber vernichtend, denn immer spürt man, dass die Regisseurin ihre Figuren liebt und ihr deren Verhalten, deren Fehler und Schwächen nur allzu vertraut sind.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Sa 1.12., 22 Uhr