Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast. (Foto: Matthias Horn)
Walter Gasperi · 28. Jul 2016 · Film

Aktuell in den Filmclubs (29.7. - 4.8. 2016)

Das Filmforum Bregenz zeigt diese Woche den österreichischen Dokumentarfilm „Holz Erde Fleisch“. Beim Open-Air auf dem Kirchplatz Altstätten steht unter anderem „The Danish Girl“, in dem Tom Hooper die Geschichte der intersexuellen Malerin Lili Elbe erzählt, auf dem Programm.

Holz Erde Fleisch: In ruhigem und behutsamem Erzählrhythmus porträtiert Sigmund Steiner in sorgfältig abgestimmtem Wechsel von Interviews und genau kadrierten Landschaftsaufnahmen drei Bauern, Väter und ihre Kinder. Das Holz steht dabei für den Wald, die Erde für den Kartoffel- und Gemüseanbau, das Fleisch schließlich für die Schafzucht. Nie sieht man die Bauern in ihren Höfen, nie wirklich im Kreis ihrer Familie oder zusammen mit anderen Menschen, sondern immer in ihrem Arbeitsumfeld und bei ihrer Arbeit.
Spürbar wird hier eine tiefe Verwurzelung und Liebe zu dieser Arbeit, aber auch die Sorge und Angst, ob denn die Kinder den Familienbetrieb übernehmen werden. Keiner will ihnen ihren Weg verbauen, ihre freie Entscheidung beeinflussen und doch spürt man, wie sie darauf hoffen, dass der Hof übernommen wird.
In den Interviews mit den Bauern arbeitet Steiner dabei auch seine Beziehung zu seinem eigenen Vater auf, der auch Bauer war, und zieht auch Vergleiche zwischen dem Filmemachen und der Arbeit in einem Wald, muss doch bei beiden tätigkeiten immer wieder etwas weggeschnitten werden, damit Platz für Neues geschaffen wird.
Der bei der Diagonale mit dem Großen Dokumentarfilmpreis ausgezeichnete Dokumentarfilm ist kein verklärendes Loblied auf das Bauerntum, erinnert aber entschieden an die Qualitäten und Werte eines solchen Lebens, die man in unserer modernen Zeit leicht vergessen kann, arbeitet unaufdringlich, aber nachwirkend die Nachhaltigkeit und Wertigkeit dieses Lebens heraus und kann ohne je larmoyant zu plädieren, doch zu Entschleunigung anregen.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Sa 30.7., 22 Uhr

The Danish Girl: Als Mann geboren, aber sich als Frau fühlend. – Tom Hooper erzählt die Geschichte der intersexuellen Malerin Lili Elbe, die sich 1930/31 als einer der ersten Menschen einer geschlechtsangleichenden Operation unterzog.
Nach „The King´s Speech“ hat Hooper nach dem 2000 erschienenen Bestseller von David Ebershoff wiederum eine wenig bekannte historische Geschichte für die Leinwand adaptiert. Die Perspektive ist dabei die von Lilis Frau Gerda, die mit seiner Wandlung fertig werden muss. Doch einerseits vermag Alicia Vikander ihre schwierige Situation nicht wirklich auszuloten, andererseits verfälscht hier Hooper auch die historische Realität, um von einer großen Liebe zu erzählen. Völlig unterschlagen wird nämlich, dass das Paar auch deshalb nach Paris zog, weil Gerda dort ihre lesbischen Neigungen freier ausleben konnte, und dass sie sich vor Lilis Tod trennten und Gerda nach Marokko ging.
Diese Schönfärbung kennzeichnet auch die ganze Inszenierung Hoopers, dessen Film zwar vorzüglich ausgestattet ist und in den penibel in sanfte und warme Farben getauchten Bildern vielfach – passend zu den beiden Malerinnen – dänischen Gemälden der Zeit nachempfunden ist, aber in seinen sauberen Jugendstil-Räumen auch glatt und keimfrei wirkt und alle Brüche, Ecken und Kanten vermissen lässt.
Aus dramaturgischen Gründen verkürzt Hooper auch die Geschichte stark, denn während in Realität Lili und Gerda schon 1912 nach Paris zogen, setzt im Film die Handlung erst 1926 in Kopenhagen ein und die gesamte Handlung und Wandlung Lilis spielt sich hier innerhalb von nur vier Jahren ab. – Für den Film freilich hat dieser Eingriff in die Realität Vorteile, denn so gleitet „The Danish Girl“ nicht ins Episodische ab, sondern bruchlos und in einem Fluss können Hooper und sein Drehbuchautor die Geschichte erzählen.
Nebenfiguren und der gesellschaftliche Hintergrund bleiben angesichts der Fixierung auf das Ehepaar allerdings nur Staffage. Was Eddie Redmayne freilich in der Rolle der Lili leistet, ist zweifellos großartig. Einfühlsam macht er die Leiden dieser im falschen Geschlecht geborenen Protagonistin erfahrbar, doch kann auch sein Spiel nicht über die lahme und kraftlose Inszenierung hinwegtäuschen.
Open-Air auf dem Kirchplatz Altstätten: So 31.7., 21.30 Uhr