Musiker:innen aus Südafrika und Kolumbien prägen den besonderen Charakter des Pforte Kammerorchesters Plus. (Foto: Aron Polcsik)
Walter Gasperi · 27. Feb 2020 · Film

Aktuell in den Filmclubs (28.2. - 5.3. 2020)

Im Kinotheater Madlen in Heerbrugg brilliert diese Woche Renée Zellweger in "Judy" als Judy Garland. Einblick in Leben und Wirken des Bregenzerwälder Schriftstellers und Sozialreformers Franz Michael Felder, seiner Frau Nanni und deren Bruder Kaspar Moosbrugger bietet dagegen Tone Bechter in seinem Doku-Drama "Ihrer Zeit voraus", das in den nächsten Wochen an mehreren Orten gezeigt wird.

Vor ihrer Zeit: Nach Filmen über die Rolle von Frauen während des Ersten Weltkriegs („Frauenleid“), Widerstand gegen das NS-Regime („Sie dachten anders“) oder die Schwabenkinder („Fremdes Brot“) fokussiert der Andelsbucher Filmemacher Tone Bechter in seinem zwölften Film auf den Bregenzerwälder Schriftsteller und Sozialreformer Franz Michael Felder.
Mit aus dem Off eingesprochenem Text, alten Fotos, Interview mit Felder-Experten wie Walter Methlagl und Ulrike Längle sowie Spielszenen zeichnet Bechter aber nicht nur Felders Leben nach, sondern arbeitet auch die Bedeutung seiner Frau Nanni, die ihren Mann immer unterstützte, und seines Schwagers Kaspar Moosbrugger, der ein zentraler Mitstreiter beim Kampf für Gleichberechtigung war, heraus. Eher beiläufig wird das literarische Schaffen in den Film eingeflochten, im Zentrum steht das sozialreformerische Engagement, mit dem sich Felder und Moosbrugger in Schoppernau erbitterte Feinde machten und das Dorf spalteten.
Formal ist das wenig aufregend gestaltet, ist mit dem umfangreichen Off-Kommentar und den Interviews mehr Fernsehdoku als echter Dokumentarfilm. Auch die Spielszenen haben rein illustrativen Charakter, sind – nicht zuletzt aufgrund einer viel zu dick auftragenden Musik - nicht frei von Kitsch. Andererseits gelingt es Bechter aber schlüssig das Leben von Felder, Nanni und Kaspar Moosbrugger nachzuzeichnen, die sozialen Anliegen plastisch herausarbeiten und lässt dabei auch unaufdringlich, aber unüberhörbar die Frage nach der Aktualität dieser Forderungen mitschwingen.
Theater am Saumarkt, Feldkirch: Do 5.3., 20.15 Uhr
Gemeindesaal Langenegg: So 8.3., 20 Uhr
Mittelschule Alberschwende: Do 26.3., 19.30 Uhr
Kulturbühne Am Bach, Götzis: Do 2.4., 20 Uhr
Ramschwagsaal, Nenzing: Fr 17.4., 20 Uhr


Judy:
Schon mit sieben Jahren stand die 1922 geborene Judy Garland zwar vor der Kamera, zum Star wurde sie aber 1938 als Sechszehnjährige mit ihrer Verkörperung der Dorothy in „The Wizard of Oz“. Mehrfach blendet Rupert Goold zu den Dreharbeiten dieses Klassikers zurück, denn prägende traumatische Erfahrungen machte der Kinderstar in dieser Zeit. Die Haupthandlung beschränkt sich aber auf die letzten Lebensmonate Garlands, die 1968 schwer gezeichnet von Alkohol- und Tablettensucht ist, aber auf ein Comeback mit einer fünfwöchigen Konzertreihe im Londoner Nachtclub „Talk of the Town“ hofft.
Dieser London-Aufenthalt steht im Zentrum von „Judy“, ganz auf Garland fokussiert Goold, überlässt Renée Zellweger den filmischen Raum, während die anderen Figuren vor allem da sind, um ihr zuzuspielen.
Was Zellweger, die die Songs auch selbst singt, hier leistet, verdient aber unumwundene Bewunderung. Mit vollem Einsatz versetzt sie sich in ihre Rolle, singt sich mit Garland bei „Be Myself“ förmlich die Seele aus dem Leib oder bringt im abschließenden "Somewhere Over the Rainbow“ bewegend ihre tiefe Traurigkeit und Sehnsucht nach einem glücklichen Leben zum Ausdruck. Nicht weniger beeindruckend vermittelt Zellweger aber die Zerrissenheit Garlands, zeichnet sie auch als kapriziösen Star, der sich nicht an die Terminpläne ihrer Assistentin hält, in angetrunkenem Zustand auch das Publikum beschimpfen kann oder betrunken auf der Bühne stürzt. – Allein Zellweger, die für diese Rolle auch mit dem Oscar als beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet wurde, gehört „Judy“, die Regie dagegen bleibt uninspiriert.
Kinotheater Madlen: Mo 2.3., 20.15 Uhr


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