Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Walter Gasperi · 27. Jän 2022 · Film

Aktuell in den Filmclubs (28.1. - 3.2. 2022)

Am Spielboden Dornbirn steht diese Woche unter anderem Wong Kar-Wais Melodram "2046" auf dem Programm. Im Skino Schaan ist nochmals Adam McKays zwar nicht besonders subtile, aber sehr unterhaltsame und topaktuelle Satire "Don´t Look Up" zu sehen.

2046: Vier Jahre nach "In the Mood for Love" setzte Wong Kar-Wai 2004 dieses Meisterwerk mit "2046" fort. In hochartifiziellen Bild- und Tonmontagen webt der Hongkonger darin einen atemberaubenden Teppich der Erinnerungen. Im Mittelpunkt steht der Protagonist von "In the Mood for Love", der mit seinem Off-Kommentar durch den Film führt, sich an seine unglückliche Liebe erinnert und gleichzeitig einen Roman mit dem Titel "2046" schreibt.
Wenn dieser Herr Chow seiner einstigen Geliebten wieder begegnet, diese sich aber nicht an ihn erinnert oder nicht erinnern will, wirkt das wie eine Reminiszenz an Alain Resnais´ "Letztes Jahr in Marienbad". Doch ungleich emotionaler und melancholischer als im kühlen Meisterwerk des Franzosen ist diese Szene.
Eine glückliche Liebe gibt es bei Wong Kar-Wai nie. Die ganze Vergeblichkeit drückt sich nicht nur in Chows „Ich liebte einmal, aber ich habe nie herausgefunden, ob sie mich auch liebte“, sondern mehr noch in jedem Bild und jeder Bewegung aus. Und nichts kann den Verlust der Liebe des Lebens wettmachen und so bleiben Herr Chow nur die Erinnerung, die Geschichten und die Sehnsucht.
Noch mehr als in "In the Mood for Love" atmen die Bilder in "2046" diese Vergeblichkeit und die unstillbare Sehnsucht und entwickeln aus diesem Widerspruch eine atemberaubende Stimmung der Melancholie. Keine hellen Farben, nichts Grelles gibt es hier, dunkles Blau und Grau dominiert – und die Zeitlupe, mit der eine Zigarette zum Mund geführt wird oder die Zeitlupe einer Bewegung verstärkt nochmals die Vergeblichkeit und multipliziert wird diese Stimmung durch Peer Rabens Musik, der auf Schlager von Nat King Cole ebenso wie auf Arien aus Vincenzo Bellinis Oper "Norma" zurückgreift.
Spielboden Dornbirn: Do 3.2., 19.30 Uhr

Don´t Look Up: Zwei Astronomen berechnen einen Kometeneinschlag voraus, der alles Leben auf der Erde vernichten wird. Doch Politik, Medien und Bevölkerung nehmen die Warnung der Experten nicht ernst.
Auf der Höhe der Zeit ist Adam McKays von Netflix produzierte Satire. Wenn Menschen die Existenz des Kometen einfach leugnen, fühlt man sich unmittelbar an Corona-Leugner erinnert, auch Verschwörungstheorien, in denen das "Weltjudentum als Verursacher des erwarteten Kometeneinschlags" angegriffen wird, fehlen nicht.
Wenig muss hier überzeichnet werden, es reicht der Gesellschaft mit einem lustvoll aufspielenden Starensemble von Leonardo Di Caprio und Jennifer Lawrence über Meryl Streep und einem herrlichen Mark Rylance als Handy-Guru bis zu Cate Blanchett und Jungstar Timothée Chalamet den Spiegel vorzuhalten, um den Irrsinn aufzudecken. Und was ursprünglich als Kommentar zum Umgang mit dem Klimawandel angelegt war, gewinnt durch den realen Umgang mit der Corona-Pandemie zusätzliche, ebenso treffende wie beunruhigende Aktualität.
Mit den beiden Astronomen als Trägerfiguren und ihrer Entdeckung führt McKay das Publikum durch den Film und kann die unterschiedlichsten Aspekte ins Spiel bringen: Social Media, in denen permanent Banalitäten gepostet werden, sodass wichtige Nachrichten nicht mehr von Unwichtigem unterschieden werden können, werden ebenso mit Spott überschüttet wie TV-Sendungen, die lieber über Trennung und Wiedervereinigung eines von der Sängerin Ariana Grande gespielten Popsternchens und ihres Liebhabers als über den drohenden Weltuntergang berichten.
Für Subtilität und Differenziertheit ist freilich angesichts der Fülle kein Platz. Ausgelotet wird hier kein Thema, vielmehr brettert McKay mit hohem Tempo über alles drüber und übersättigt das Publikum damit fast - aber höchst unterhaltsam ist dieser fast zweieinhalbstündige Rundumschlag mit seiner Realitätsnähe, seinen treffenden Szenen und seiner Pointendichte auf jeden Fall.
Skino Schaan: So 30.1., 20.30 Uhr

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