Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Walter Gasperi · 22. Apr 2021 · Film

Aktuell in den Filmclubs (23.4. - 29.4. 2021)

Peter Madsens Stummfilmreihe am Spielboden startet nach der Corona-Pause mit Harold Lloyds "Safety Last". Das TaSKino Feldkirch zeigt passend zur anstehenden Oscar-Verfilmung David Finchers für zehn der begehrten Statuetten nominiertes Period Piece "Mank".

Peter Madsen & CIA play Silent Movies: Safety Last! – Ausgerechnet Wolkenkratzer: Das Bild vom Mann, der an einem Wolkenkratzer hoch über den Straßen von New York an einer Uhr hängt, gehört zweifellos zu den berühmtesten der Filmgeschichte. Nicht nur in dem 1923 gedrehten "Safety Last!" (Regie: Fred C. Newmeyer/Sam Taylor) findet sich eine solche Szene, die als Musterbeispiel für das Witz und Spannung mixende Subgenre thrill comedy gilt, sondern in fünf weiteren Filmen kletterte Harold Lloyd auf Wolkenkratzern herum.
Im Gegensatz zu Chaplin und Keaton blieb er nur Schauspieler und führte als solcher zahlreiche Stunts selbst aus, übernahm aber nie die Regie, bestimmte aber dennoch Handlung und Gags seiner Filme entscheidend mit. Wollte er zunächst Chaplin imitieren, so hatte er erst Erfolg, als er eine komplett konträre Figur erschuf.
Dem Immigranten und gesellschaftlichen Außenseiter Chaplins stellt er den überangepassten Amerikaner gegenüber. Er ist auch nicht der Pionier wie Keaton, der stoisch alles wagt, sondern der immer freundlich lächelnde junge Mann, der jederzeit gerne seine Hilfe anbietet, dabei aber oft in große Gefahr gerät, doch alle Schwierigkeiten mit durch nichts zu erschütternder Beharrlichkeit, deren Fundament ein beträchtliches Maß an Naivität ist, schließlich überwindet.
Mit seinen perfekt sitzenden Anzügen, Stohhut und Hornbille war er die perfekte Identifikationsfigur für den amerikanischen Durchschnittsbürger und machte in seinen Filmen seinem Publikum vor, wie man seine Träume verwirklichen kann. Nicht in einer von ihm selbst geschaffenen Welt – wie die Filme Chaplins und Keatons – spielen folglich seine Komödien, sondern im realen Amerika der 1920er Jahre.
Da mag die Kletterpartie am Wolkenkratzer noch so real sein, so ist dabei doch auch die symbolische Komponente als Metapher für den Aufstieg des kleinen Mannes in der Karriereleiter nicht zu übersehen. Und wie der Wolkenkratzer als Sinnbild für den Aufstieg der USA zur Großmacht zu lesen ist, so ist freilich auch die Uhr nicht nur eine Chiffre der industrialisierten Welt, sondern auch eine des durch Termine und Arbeitszeiten genau getakteten Lebens des Bürgers dieser Welt.
Spielboden Dornbirn: Fr 23.4., 18 Uhr

Mank: In seinem für 10 Oscars nominierten Period Piece porträtiert David Fincher den Drehbuchautor Herman J. Mankiewicz und blickt ausgehend von der Arbeit am Drehbuch zum Klassiker "Citizen Kane" auf das Hollywood der 1930er Jahre.
Ein Fest für Cinephile ist dieser visuell brillante Film mit seinem dichten Netz an Zitaten und Verweisen. Unübersehbar wird so die Szene in "Citizen Kane" zitiert, in der dem sterbenden Zeitungsmagnaten Kane seine Schneekugel auf den Boden fällt, wenn Mank ein Fläschchen der Hand entgleitet, während eine Szene, die es in "Citizen Kane" nur als Erzählung gibt, hier visualisiert wird. Gleichzeitig erscheint die Ranch, auf der Mankiewicz arbeitet, als Vorbild für Kanes Schloss Xanadu.
Wie "Citizen Kane" arbeitet auch "Mank" mit zahlreichen Rückblenden, doch der multiperspektivischen Struktur dieses Klassikers steht hier die Fokussierung auf Mankiewicz und seinen Blick auf Hollywood gegenüber. Großartig spielt Gary Oldman diesen genialen, aber alkohol- und spielsüchtigen Drehbuchautor, der mit seinem Zynismus und seiner liberalen Haltung die Studiobosse zunehmend verärgert.
Fincher bleibt aber keineswegs in der Evokation dieser Zeit und dieses Milieus stecken, sondern arbeitet auch Parallelen zur Gegenwart ein, wenn Mank über die republikanisch gesinnten Studiobosse spottet und bei den Wahlen für den Gouverneur von Kalifornien den von den Demokraten aufgestellten sozialistisch gesinnten Schriftsteller Upton Sinclair – quasi ein Bernie Sanders der 1930er Jahre – unterstützt und Fake News thematisiert werden. – Gleichzeitig dürfte aber ein mit dem (film)geschichtlichen Hintergrund nicht vertrautes Publikum über weite Strecken wenig damit anfangen können, denn vieles wird nur kurz angetippt und nicht breit ausformuliert.
TaSKino Feldkirch im Kino Rio: So 25.4., 17.45 Uhr


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