Musiker:innen aus Südafrika und Kolumbien prägen den besonderen Charakter des Pforte Kammerorchesters Plus. (Foto: Aron Polcsik)
Walter Gasperi · 20. Jun 2013 · Film

Aktuell in den Filmclubs (21.6. - 27.6. 2013)

Auf dem Programm des Filmforum Bregenz steht diese Woche „Jagten – Die Jagd“, in dem Thomas Vinterberg eindringlich zeigt, wie sich durch eine haltlose Beschuldigung eine Hexenjagd entwickeln kann. Kühl auf moderne Arbeitswelten blickt dagegen Carmen Losmann in ihrem Dokumentarfilm „Work Hard – Play Hard“, der im Lindauer Club Vaudeville gezeigt wird.

Jagten – Die Jagd: Als ein 42jähriger Kindergärtner des sexuellen Missbrauchs beschuldigt wird, ist es mit dem sozialen Frieden in einer dänischen Kleinstadt vorbei. Eine Hexenjagd setzt ein, bei der sich fast alle gegen Lucas stellen und ihn aus der Gemeinschaft ausschließen.
Linear und klassisch ist dieses in der Nachfolge von Arthur Millers "Die Hexenjagd" stehende Drama erzählt, packt aber in seinem konsequenten und stringenten Aufbau, in der knappen, aber atmosphärisch dichten und genauen Verankerung im kleinstädtischen Milieu, in der Fokussierung auf dem Missbrauchsvorwurf und seinen Folgen.
Eindringlich schildert Vinterberg, unterstützt von herausragenden Darstellern, zu denen neben Mads Mikkelsen in der Hauptrolle auch die kleine Annika Wedderkopp zählt, wie die Beschuldigung wie ein Stein, der in einen See geworfen wird, Kreise zieht. Konsequent dreht der Däne an der Schraube der Ausgrenzung, bei der ein Rädchen ins andere greift, und auf psychischen Druck bald auch physische Aggression folgt.
Packend wird so gezeigt, wie leicht eine scheinbar intakte kleine Gemeinschaft und Freundschaften zerbrechen, Menschen ausgegrenzt werden und an die Stelle von Kommunikation und dialogischer Konfliktlösung Aggressionen treten. Dünn ist die Schicht der Zivilisation und im Innern des Menschen scheint ein animalisches Wesen, ein Jäger, zu stecken, ein Instinkt, der durch Kleinigkeiten geweckt werden kann.
Vorwerfen kann man dem Film freilich den vorhersehbaren Verlauf der Handlung und das Fehlen von Ambivalenzen. Immer ist klar, dass Lucas sich nichts zu schulden kommen ließ. Mehr Unsicherheiten und Zweifel hätten da für größere Verunsicherung und nachhaltigere Wirkung gesorgt.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Fr 21.6., 22 Uhr


Work Hard - Play Hard: Carmen Losmann blickt in ihrer Langzeitdokumentation kommentarlos auf Mechanismen, mit denen Firmen versuchen die Leistungen ihrer Mitarbeiter zu verbessern. Eindrücklich wird die neue Rolle der Architektur von Arbeitsplätzen herausgearbeitet, die eine Atmosphäre und eine Gefühlswelt schaffen soll, durch die die Leistungsfähigkeit gesteigert wird. Ein Stück Wohnwelt soll in die Arbeitswelt einfließen, Kommunikationszonen und der Kaffeeautomat spielen eine große Rolle, denn die Mitarbeiter sollen in einen Flow kommen, Spaß an der Arbeit haben, um so wieder mehr zu leisten. Aber auch ein Teamtraining im Hochseilgarten, mit dem emotionale Erfahrungen verankert werden sollen, die dann wieder die Arbeitspraxis beeinflussen sollen, werden geschildert.
Nüchtern und kühl registriert Losmann alles in sorgfältig kadrierten Bildern, zeigt, was sich hinter dem Newspeak-Dschungel verbirgt, lässt die Fakten sprechen, streift mal durch Räume, lässt dann die Mitarbeiter sich selbst darstellen oder reinszeniert Gespräche, sodass sich der Zuschauer selbst eine Meinung bilden muss. Die halb als Witz gedachte Aussage eines Mitarbeiters der Deutschen Post „Man könnte mehr Mitarbeiter einstellen“ ist die einzige Kritik, die verbal an den Mechanismen geübt wird. In Losmanns Blick freilich verbreitet sich zunehmend der Horror einer Gesellschaft, in der der Mensch nur noch nach seinem Nutzen beurteilt, nach seinem Funktionieren und seiner Leistungsfähigkeit eingeschätzt wird.
Club Vaudeville, Lindau: 25.6., 20 Uhr