Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Walter Gasperi · 19. Jul 2012 · Film

Aktuell in den Filmclubs (20.7. - 26.7. 2012)

Einen virtuosen Actionfilm zeigen mit „Drive“ diese Woche die Open-Air-Kinos in Rankweil und Vaduz. In der Kantine des Spielboden Dornbirn läuft dagegen mit „Persepolis“ Marjane Satrapis und Vincent Paronnauds großartiger autobiographisch geprägter Animationsfilm über eine Kindheit im Iran.

Drive: Fünf Minuten gibt der namenlos bleibende junge Mann seinen Kunden Zeit ihren Überfall durchzuziehen – dann startet er seinen Wagen, fährt mit oder ohne Gangster ab, bringt sie zum vereinbarten Ort, wo er den Wagen parkiert und geht.
Nebenbei ist der von Ryan Gosling gespielte wortkarge Mann Fluchtwagenfahrer und Stuntdouble bei Filmen, im Hauptjob ist er Mechaniker in einer Autowerkstatt. Fürsorglich kümmert er sich um das Kind der Nachbarin, in die er sich heimlich verliebt. Als ihr Mann aber aus dem Gefängnis entlassen wird, wird der Fahrer in einen Überfall hineingezogen, bei dem sein Kunde hineingelegt und auch er selbst zum Gejagten wird.
Nicolas Winding Refn legt mit seinem in Cannes mit dem Regiepreis ausgezeichneten „Drive“ einen kühl stilisierten Actionfilm im Stile eines Michael Mann, Jean-Piere Melville oder Walter Hills „Driver“ vor. Meisterhaft fängt die Kamera das nächtliche L.A. ein, so kontrolliert wie der Fahrer ist der Erzählstil, bis der Film dann doch wieder in spektakulären Fahrszenen oder brutalen Gewaltakten förmlich explodiert. – Meisterhaftes cooles Genrekino bietet „Drive“ und ist gleichzeitig eine ungemein stilvolle Studie der Einsamkeit und Melancholie.
Filmfest Vaduz, Rathausplatz Vaduz: Fr 20.7., 21.30 Uhr
„Filme unter Sternen“, Marktplatz Rankweil: Fr 20.7., 21.30 Uhr


Persepolis: Marjane Satrapi hat ihren autobiographischen Comic zusammen mit Vincent Paronnaud als Animationsfilm fürs Kino adaptiert. Liebevoll und kindlich wirkt „Persepolis“ in seinen einfach gezeichneten Schwarzweißbildern. Bitter und tieftraurig ist freilich die Geschichte, die erzählt wird:  Von der Islamischen Revolution 1978 – und in einer Rückblende wird sogar kurz die Entstehung des Shah-Regimes erklärt – bis in die 1990er Jahre spannt sich der Bogen, von der durch die Lehrerin geschürten Schah-Begeisterung bei Marjane, über die Revolution und die Rückkehr des exilierten Onkels bis zum Umschlagen der Aufbruchsstimmung in Terror gegen ehemalige Schah-Sympathisanten, Verschleierungspflicht, den Irakkrieg und zunehmende Repressionen gegen Oppositionelle und Einschränkungen der persönlichen Freiheit. Diese veranlassen Marjanes Familie ihre aufbegehrende Tochter vorsichtshalber nach Wien in die Schule zu schicken. Jugendliche Freuden und schwere Enttäuschungen erlebt die Ich-Erzählerin in der Fremde, ehe sie in eine Heimat zurückkehrt, die immer noch von Revolutionswächtern geknechtet wird.
In komplettem Widerspruch zur kindlichen Form des Films steht diese Geschichte. Aber es ist gerade der Kontrast von poetischer Erzählweise und harter Realität, die „Persepolis“ nicht nur seinen Reiz, sondern mehr noch seine bewegende Kraft verleiht. Was in realistischer Darstellung grob und holzschnittartig, aufgrund der Handlungsfülle auch äußerst kurzatmig wirken würde, das wird im Animationsfilm zu einer Coming-of-Age-Geschichte, in der auch der weltpolitische Hintergrund nicht zu kurz kommt. Gewisses Vorwissen setzt Satrapi freilich voraus, denn im hohen Erzähltempo bleibt keine Zeit für differenzierte Erklärungen der Hintergründe.
Spielboden Dornbirn, Kantine: Mi 25.7., 22 Uhr