Stefan Rüeschs Werke sind derzeit in der Galerie Sechzig in Feldkirch zu sehen. (Durchblick, Acryl u. Kohle auf Leinwand, 126 x 438, 2020, Foto: Markus Tretter)
Walter Gasperi · 01. Sep 2022 · Film

Aktuell in den Filmclubs (2.9. - 8.9. 2022)

Im Hof der Schule Weidach in Bregenz wird diese Woche Open-Air das dank seiner Musik mitreißende Freddie Mercury-Biopic "Bohemian Rhapsody" gezeigt. Im Skino Schaan steht dagegen unter anderem die wendungsreiche Dramödie "El Inconveniente – Vier Wände für Zwei" auf dem Programm.

Bohemian Rhapsody: Vom Underdog zum Weltstar. – Bryan Singer zeichnet den Weg des 1991 an Aids verstorbenen "Queen"-Leadsängers Freddie Mercury (großartig: Rami Malek) vom Gepäckarbeiter zum Weltstar nach. Damit verknüpft wird die Geschichte von Mercurys großer Liebe zur Verkäuferin Mary (Lucy Boynton), die schließlich an der Homosexualität, derer sich der leidenschaftliche Performer erst langsam bewusst wird, zerbricht.
Formelhaft und oberflächlich ist "Bohemian Rhapsody" in diesen Motiven, da sie in der anekdotischen Erzählweise nicht weiter ausgearbeitet werden. Mehr behauptet als sichtbar und spürbar wird auch die Wildheit von Mercurys Lebens. Kaum mehr als ein bisschen Kokain auf einem Tisch kündet hier von schwerer Drogensucht und dass der Popstar zeitweise jede Nacht seine Sexpartner wechselte, wird nur einmal erwähnt, während sich auf der Bildebene seine homosexuelle Neigung auf lüsterne Blicke auf Männer beschränkt.
Überzeugender ist die Schilderung der Gemeinschaft und der Auseinandersetzungen innerhalb der Band, die Beschwörung der Freundschaft und der Erkenntnis, dass sie nur zusammen Erfolg haben können.
Herzstück des Films sind aber die Songs. Von der vom Gitarristen Alan May und dem Komponisten Roger Taylor im Stil von "Queen" modifizierten 20th Century Fox-Fanfare über "Killer Queen", die Titel gebende sechs minütige "Bohemian Rhapsody", "Love of my Life" (Mercurys Liebeserklärung an Mary), "We Will Rock You" und "Another One Bites the Dust" bis zum spektakulären Finale, für das der gesamte 21-minütige Auftritt beim Live Aid-Benefizkonzert für Afrika am 13. Juli 1985 im Wembley Stadion nachinszeniert wurde, spannt sich der Bogen.
Nicht nur musikalisch reißen diese Szenen mit, sondern auch durch die filmisch dynamische Gestaltung. Mit schnellem Schnitt werden Konzerttourneen zusammengefasst, prägnante Szenen bieten Einblick in die Arbeitsweise der Band und ihr Vermögen das Publikum in ihre Auftritte einzubeziehen. Geschickt werden dabei auch bald Songs ausgespielt, bald nur kurz angerissen. – Es sind diese zahlreichen Momente und das mitreißende, Oscar gekrönte Spiel Rami Maleks, die "Bohemian Rhapsody" trotz seiner allzu braven Dramaturgie zu einem sehens- und natürlich vor allem hörenswerten Musikfilm machen.
Open Air im Hof der Schule Weidach, Bregenz: Fr 2.9., 20 Uhr


El Inconveniente (Vier Wände für Zwei):
Bernabé Ricos Spielfilmdebüt setzt unvermittelt mit der Besichtigung einer geräumigen Wohnung im Zentrum Sevillas ein. Während der Immobilienmakler ununterbrochen redet, bleibt die 39-jährige Kundin Sara (Juana Acosta) ruhig und beschränkt sich darauf, alles genau anzuschauen. Ein Schnäppchen ist diese Wohnung zweifellos, bietet von der Terrasse auch einen großartigen Blick über die Hauptstadt Andalusiens. In Kauf nehmen muss man dafür freilich als kleine Unannehmlichkeit die bisherige Eigentümerin, die nach Verkauf das Wohnrecht behält. Offen redet der Makler aber darüber, dass die 74-jährige Lola (Kiti Mánver) wohl bald das Zeitliche segnen wird, raucht sie doch wie ein Schlot, trinkt Alkohol und hat auch schon zwei Bypässe.
Lola ist aber nicht, wie der Makler glaubt, gerade am Spazieren, sondern wird nach Abgang von Makler und Kundin für eine erste Überraschung sorgen, der bald weitere folgen werden. Denn so vorhersehbar ist, dass sich die kühle Geschäftsfrau und die lebensfrohe Rentnerin bald näherkommen, so wendungsreich bleibt dieses Spielfilmdebüt, dem man die Herkunft von Juan Carlos Rubios erfolgreichem Theaterstück "100m²" nicht ansieht.
Ein Vergnügen ist es nämlich zu verfolgen, wie sich die blendend harmonierenden Hauptdarstellerinnen Juana Acosta und Kiti Mánver die Bälle zuspielen. Nach komödiantischem Beginn gewinnen dabei bald auch berührende Momente an Gewicht und existentielle Lebensfragen werden angesprochen. Mit seinen Twists kann dieses smarte Feelgood-Movie dabei auch erschüttern und nachdrücklich die Ausgesetztheit und Zerbrechlichkeit des Lebens und damit auch die Kostbarkeit des Augenblicks bewusst machen.
Skino Schaan: Fr 2.9. + Di 6.9. - jeweils 18.15 Uhr


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