Aktuell in den Filmclubs (16.12. - 22.12. 2016)
Spielboden Dornbirn und TaSKino Feldkirch lassen diese Woche in „Kaum öffne ich die Augen“ eine junge Frau mit ihren mitreißenden Songs gegen die einengende tunesische Gesellschaft rebellieren. Das Heerbrugger Kino Madlen zeigt dagegen mit Rolando Collas „Sette Giorni“ einen klassischen Liebesfilm.
À peine j'ouvre les yeux - Kaum öffne ich die Augen: Vom Arabischen Frühling ist im Sommer 2010 in Tunesien noch nichts zu spüren. Das Konterfei des autoritären Präsidenten Ben Ali hängt noch an Straßenmauern und in Amtsstuben, Bestechung ist an der Tagesordnung und ohne Parteimitgliedschaft geht nichts. Die 18-jährige Farah setzt ihre Stimme aber schon als Waffe ein. Auf Wunsch der Eltern soll sie zwar Medizin studieren, doch viel lieber singt sie in einer Band, die traditionelle nordafrikanische Klänge mit Rockmusik mischt, und artikuliert in mitreißenden Songs offen ihren Unmut über den Status quo.
Leben und lieben will die junge Frau, die mit ihrer Lockenpracht und ihren leuchtend rot lackierten Finger- und Zehennägel heraussticht. Doch wie eingeschränkt sie in ihrer Freiheit ist, wird deutlich, wenn sie sich heimlich mit ihrem Freund treffen muss, wie lang der Arm der Diktatur ist, wenn die Band über Selbstzensur diskutiert und Farah schließlich verschwindet.
Die Verhältnisse sind bedrückend, doch Leyla Bouzids Debüt überträgt mit dynamischer Erzählweise, kräftigen Farben, hautnah geführter Kamera und der großartigen Musik das Aufbegehren und die Lebenslust der von Baya Medhaffer intensiv gespielten Farah direkt auf den Zuschauer. Kongenial verstärkt die Form die Botschaft dieses kraftvollen und vibrierenden Films, in dem die Leidenschaft und das Engagement der Protagonistin mit dem der 32-jährigen Regisseurin zusammenfallen.
Spielboden Dornbirn: Sa 17.12. + Di 20.12. - jeweils 19.30 Uhr
TaSKino Feldkirch im Kino Rio: Mo 19.12. bis Do 22.12.
Sette giorni: Die italienische Kostümschneiderin Chiara und der französische Botaniker Ivan sollen auf der kleinen sizilianischen Insel Levanzo die Hochzeit ihrer besten Freundin und seines Bruders vorbereiten. Ivan ist eher verschlossen, leidet noch unter einer gescheiterten Beziehung, Chiara geht offen auf die Inselbewohner zu. Obwohl sie gegensätzliche Charaktere sind, kommen sie sich näher und beschließen eine Liebesbeziehung einzugehen, die aber mit der Hochzeit von Bruder und Freundin und der Abreise von der Insel auch wieder enden soll. – Aber kann man die Liebe wirklich zeitlich begrenzen oder entwickelt sie eine Eigendynamik und sind Gefühle stärker als alle Pläne?
Eine einfache Liebesgeschichte ist das, getragen von den beiden wunderbar harmonierenden Hauptdarstellern Bruno Todeschini und Alessia Barela. Großen Reiz bezieht Rolando Collas Film aber auch aus dem mediterranen Ambiente, der rauen und ursprünglichen, im Sommerlicht flirrenden Insel, den poetischen Bildern der Landschaft, des Meeres und der Inselbewohner.
Fast dokumentarisch wirkt „Sette Giorni“ auf dieser Ebene. Ganz selbstverständlich bettet Colla seine Geschichte in diese Dorfgesellschaft ein, zeichnet markante Figuren wie die Hotelbesitzerin, ist auch bei einer Beerdigung dabei und lässt sich Zeit bei der Schilderung der volkstümlich-traditionellen Hochzeit mit ihren alten Liedern und bewahrt so auch eine dem Untergang geweihte Kultur.
Kino Madlen, Heerbrugg: Mo 19.12., 20.15 Uhr