Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Walter Gasperi · 13. Jun 2010 · Film

Aktuell in den Filmclubs (14.6. - 20.6. 2010)

The Rocky Horror Picture Show: Vom grell geschminkten und maskierten Publikum werden bei diesem Film für gewöhnlich Wunderkerzen angezündet und Reiskörner auf die Leinwand geworfen. - Der Kinobesuch als Happening. - Was aber führt zu diesem Kultcharakter?
Keine Großproduktion, sondern ein kleiner Film mit einer einfachen möglichst trashigen Story scheinen unabdingbare Voraussetzungen eines Kultfilms zu sein. Grell und überzogen sollte auch die Inszenierung sein. Mit vulgärer blutroter Oberlippe vor schwarzem Hintergrund beginnt dieses Musical und ein geiles Abenteuer wird versprochen. Dem wiederum widerspricht der Auftakt mit Mendelssohn-Bartholdys Hochzeitsmarsch, einer unglaublich kitschigen Hochzeitsszene, bei der sich mit Janet und Brad auch ein konservatives amerikanisches Paradepärchen findet. Bis aufs Äußerste werden hier Klischees ausgereizt und nicht nur die heile amerikanische Welt wird parodiert, sondern in der nächtlichen Panne und anschließenden Herbergssuche ("There is a Light in the Darkness of Everybodys Life") auch das Horrorgenre.
Ein Leben jenseits aller bürgerlichen Normen - auch das ist wesentlich für Kultfilme - lernen Janet und Brad im mysteriösen Schloss des in knalligem Korsett und Strapsen auftretenden Frank N. Furter, dem "sweet transvestite from transsexual Transsylvania" kennen. Gefangen von dieser von Sex und Vulgarität dominierten Gegenwelt verliert das Pärchen seine Hemmungen und gibt sich auch dem leidenschaftlichen Spiel hin. Statt "Let the Sunshine in" ("Hair") heißt es nun "Let the Devil in" und die eingängigen und einfachen Songs regen auch das Publikum zum Mitsingen an.
Verdreht und freaky wie die Story sind auch die Kulissen, die Kostüme und die jenseits aller bürgerlichen Normen lebenden Figuren wie der bucklige Diener Riff-Raff. Unbefangen wird hier mit Homo- Bi-. und Transsexuaulität umgegangen und die unübersehbare Spielfreude der Akteure überträgt sich auf das Publikum. - Von Freiheit und von lustbetontem Leben jenseits aller gesellschaftlichen Zwänge erzählt "The Rocky Horror Picture Show" auf jeder Ebene und hat sich dadurch eine Kultgemeinde geschaffen.
KULTKINO-Dienstag im Kino Bludenz: Di, 15.6., 20.00 Uhr


I´m not there: Biopics über Musiker gibt es viele und meistens versuchen die Regisseure dabei brav die Lebensgeschichte nachzuzeichnen. Ganz eigene Wege schlägt dagegen Todd Haynes in seinem Film über Bob Dylan ein. Nicht „based on a true story“ steht folglich am Beginn, sondern „inspired by the many lives and times of Bob Dylan“. Von Anfang an gibt Haynes damit gar nicht vor ein Leben rekonstruieren zu wollen oder zu können, sondern beharrt geradezu auf seiner künstlerischen Freiheti. Der Name „Bob Dylan“ wird in den folgenden 135 Minuten auch gar nicht mehr fallen. Zudem wird der Protagonist auf sechs Figuren mit jeweils anderem Namen, unterschiedlichem Alter, Hautfarbe und auch Geschlecht aufgesplittet.
Das Konzept der ungebrochenen Identität wird damit verworfen, was sich auch in der filmischen Form ausdrückt, denn Haynes mischt die einzelnen Dylan-Figuren durcheinander und wechselt auch kühn den Stil. Farbige Spielszenen finden sich da neben schwarzweißen Cinema verité-Passagen, inszenierte Interviewszenen mit beispielsweise Julianne Moore als Alice Fabian alias Joan Baez neben Found Footage. Dokumentarisches mischt sich so mit surrealen Szenen, in denen Giraffen durch das Bild stolzieren, Privates mit Öffentlichem, Erfundenes mit Wahrem.
TasKino Feldkirch im Kino Namenlos: Mi, 16.6., 19.30 Uhr + Do, 17.6., 21.30 Uhr
Spielboden Dornbirn (Open-Air-Kino): So, 18.7., 22 Uhr


Die Friseuse: Nicht nur an ihrem Körpergewicht trägt Kathi König schwer, auch sonst hat es die Berlinerin in ihrem Leben nicht leicht: Ihr Mann hat ihr den Laufpass gegeben und die Nachbarin ins Einfamilienhaus geholt. Jetzt wohnt sie wieder mit ihrer Tochter im Teenageralter in einem Plattenbau in Berlin-Marzahn. Um einen Job muss sie sich auch kümmern, doch einen Frisiersalon zu eröffnen ist nicht so einfach, werden ihr doch von den Behörden alle möglichen Hindernisse in den Weg gelegt. Unterkriegen lässt sich Kathi deshalb noch lange nicht, denn sie ist eine Frohnatur mit Kämpferherz.
Mit einer überragenden Gabriela Maria Schmeide in der Hauptrolle hat Doris Dörrie ein waschechtes Feelgood-Movie gedreht. Viel soziale Realität packt sie im Grunde in „Die Friseuse“ hinein, doch der Blick darauf ist, auch wenn die Kamera noch so oft und noch so intensiv auf die Plattenbauten blickt nicht tiefschürfend und präzis. Hier entsteht nie ein Gefühl für den sozialen Raum und arg leichtfertig ist sogar der Umgang mit manchen Problemen, sodass man diese schwungvolle Komödie, die allerdings im zweiten Teil zu lang geraten ist, nicht als sozialrealistischen Film, sondern vielmehr als märchenhaftes Mut machendes Porträt einer Stehauffrau genießen sollte.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Do, 17.6., 20 Uhr + Sa, 19.6., 22 Uhr