L-E-V Dance Company mit „Into the Hairy“ beim Bregenzer Frühling (Foto: Katerina Jezz/L-E-V Dance/Bregenzer Frühling)
Walter Gasperi · 09. Jän 2020 · Film

Aktuell in den Filmclubs (10.1. - 16.1. 2020)

Das TaSKino Feldkirch zeigt diese Woche Noah Baumbachs großartig gespieltes Scheidungsdrama „Marriage Story“, das Filmforum Bregenz Céline Sciammas meisterhaften Frauenfilm „Portrait de la jeune fille en feu“.

Marriage Story: Ein Paar will sich einvernehmlich trennen, befreundet will man bleiben, keine Anwälte sollen beigezogen werden, aber dann entbrennt doch ein Kampf um das Sorgerecht für den achtjährigen Sohn. Man beschimpft sich und ist sich gleichzeitig doch immer noch sehr nahe und die nun doch eingeschalteten Anwälte kassieren nicht nur mächtig, sondern zerren auch die negativen Seiten des jeweiligen Ehepartners ans Licht, um den Prozess zu gewinnen.
So ernst das Thema auch ist, so dramatisch die Konfrontationen sind, die Bitterkeit federt Baumbach doch immer wieder souverän durch Komik ab. Nie wird diese Scheidungsgeschichte kitschig oder melodramatisch, bleibt auch durch den reduzierten, aber punktgenauen Musikeinsatz, der immer wieder und nur versöhnliche Momente begleitet, nüchtern und ehrlich, natürlich und echt. Hauptverdienst ist das freilich auch der bis in die Nebenrollen hinein brillanten Darstellern. Nicht nur Adam Driver und Scarlett Johansson leisten hier Herausragendes, sondern punktgenau besetzt sind auch die von Laura Dern, Ray Liotta und Alan Alda unterschiedlich angelegten Anwälte. Während Alda sich menschlich und einfühlsam zeigt, kennen die anderen beiden kein Pardon und kein Einfühlungsvermögen, gehen rücksichtslos vor, um den Sieg davonzutragen.
Berührend schließt Baumbach am Ende auch den Kreis zum Anfang, wenn Charlie bei seinem Sohn die am Beginn nicht vorgelesenen Aufzeichnungen Nicoles findet und sie sie nun gemeinsam lesen, ehe er in einer großartigen Schlussszene in einer New Yorker Bar „Being Alive“ singt und spürbar wird, wie ihn diese Scheidung verändert hat und ihn altern ließ.
TaSKino Feldkirch im Kino Rio: Mo 13.1., 18 Uhr; Di 14.1., 20.30 Uhr; Mi 15.1., 18 Uhr; Do 16.1., 20.30 Uhr

Portrait de la jeune fille en feux: Ende des 18. Jahrhundert soll in Frankreich eine Malerin auf einer kleinen Insel vor der Bretagne eine junge Adelige malen. Langsam entwickelt sich eine intime Beziehung.
Wie die Malerin genau auf Details blickt und mit Licht und Farben arbeitet, fängt auch Claire Mathons Kamera das von kaltem Stein bestimmte und nur durch Kaminfeuer oder Kerzen erhellte Anwesen und den rauen Atlantikstrand in bestechenden Bildern ein. Großes sinnliches Kino entwickelt sich dabei nicht nur durch diese Bilder, sondern auch durch die großartige Tonspur mit hallenden Tritten auf dem Steinboden, dem Knarren von Türen, dem Knistern des Holzes im Feuer oder dem Rauschen der Meeresbrandung. – An Jane Campions „Piano“ erinnert das in den Außenszenen und in der Fokussierung auf der Rolle der Frau im 18. Jahrhundert ebenso wie in der Lichtführung in den Innenszenen an Peter Greenaways „The Draughtman´s Contract“.
Die meisterhafte visuelle und akustische Gestaltung ist der Hintergrund und die Grundlage, auf dem Céline Sciamma die Geschichte langsam, aber perfekt aufgebaut und dicht entwickelt. Nur unter sich können die beiden Frauen zusammen mit einer Dienerin eine Gemeinschaft entwickeln, in der gesellschaftliche Positionen keine Rolle mehr spielen.
Sciamma forciert diesen gesellschaftlichen Aspekt aber nicht, erzählt vielmehr mit bewundernswerter Zurückhaltung, die freilich wieder mit der Zurückhaltung und äußeren Beherrschung ihrer Charaktere korrespondiert. Wie in ihre Korsette sind diese Frauen in ihre Rollen eingespannt und eindrücklich vermittelt dies auch ein Chor von Frauen bei einem nächtlichen Fest mit dem Gesang „Non fugere possum“ („Ich kann nicht fliehen“).
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Do 16.1., 20 Uhr

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