Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Walter Gasperi · 31. Mär 2022 · Film

Aktuell in den Filmclubs (1.4. - 7.4. 2022)

Das TaSkino Feldkirch entführt diese Woche mit dem bildschönen „Lunana" in ein abgelegenes Hochtal in Bhutan. In der gewalttätigen Todeszone Nordmexikos spielt dagegen „Was geschah mit Bus 670? - Sin señas particulares", der vom FKC Dornbirn gezeigt wird.

Lunana: Ein angehender Lehrer, der durch und durch Städter ist und von der Auswanderung nach Australien träumt, muss in seinem letzten Ausbildungsjahr in einer im abgelegendsten Teil Bhutans gelegenen Dorfschule unterrichten.
Rund 35 Minuten lässt sich Pawo Choyning Dorji für die Anreise des Lehrers Zeit. Das macht einerseits die Distanzen und die Abgelegenheit erfahrbar, andererseits wird mit dieser Langsamkeit auch Spannung aufgebaut, was den Lehrer und das Publikum denn wohl im Hochtal Lunana erwarten wird. Mit der räumlichen Distanz korrespondiert dabei eine kulturelle, wenn der westlichen Hauptstadt die ursprüngliche bäuerliche Welt gegenübergestellt wird. Dominiert dort englische Popmusik werden hier traditionelle Lieder gesungen und jede moderne Technik ist fern. Mangels Wandtafel muss der Lehrer zunächst auch im Schulgebäude auf die Wand schreiben und Papier ist Mangelware.
Alles andere als neu ist die Geschichte vom Städter, der sich in dieser einfachen, aber achtsamen und feinfühligen Dorfgemeinschaft wandelt, doch Dorjis Regiedebüt schleicht sich mit seinem unverfälschten, fast dokumentarischen Blick auf das Dorfleben und seinem leisen und warmherzigen Humor schnell ins Herz des Zuschauers ein.
Eingebettet ist dieser Blick auf diese einfachen Menschen, die von einheimischen Laien gespielt werden, in grandiose Totalen dieses Hochtals mit dem satten Grün und den schneebedeckten Bergen im Hintergrund, bei deren Anblick beiläufig auch an den Klimawandel und das Schmelzen der Gletscher erinnert wird.
Klischees mag der 37-jährige Regisseur bedienen, wenn sich auch eine zarte Liebesgeschichte entwickelt, doch die Muster eines hollywoodgemäßen Happy End werden umgangen und im Finale verdichtet sich nochmals die Frage nach Heimat und Glück. Mit einer sehnsuchtsvollen Schlussszene wird man aus diesem durch seine tiefe Menschlichkeit, seine Zartheit und Ehrlichkeit berührenden bildschönen Film entlassen.
TaSKino Feldkirch im Kino Rio: Fr 1.4., 22 Uhr

Was geschah mit Bus 670? - Sin señas particulares:
Fernanda Valadez erzählt in ihrem Spielfilmdebüt packend von einer Mutter (Mercedes Hernández), die dem Schicksal ihres Sohnes nachspürt, der beim Versuch von Mexiko in die USA zu emigrieren, verschwunden ist. Eine mühsame Spurensuche ist dies, denn die Behörden interessiert der Fall nicht, Privatpersonen wiederum hüllen sich lieber in Schweigen. Im jungen Miguel, der aus den USA abgeschoben wurde und im Grenzstreifen seine Mutter sucht, findet sie schließlich einen Begleiter. Eine neue Mutter-Sohn-Beziehung scheint sich zu entwickeln, bis die Gewalt und der Terror, der in dieser Gegend herrscht, durchbrechen.
Thrillerspannung baut Valadez auf, indem sie bis zum ebenso überraschenden wie schockierenden Ende offenlässt, was mit Jesus passiert ist. Nur sehr zögerlich und bruchstückhaft erhält man auch Einblick in die Verhältnisse in dieser Grenzregion, die schwerbewaffnete Banden kontrollieren.
Die Fokussierung auf die Protagonistin engt den Blick sehr ein, nie erhält man einen Überblick. Mehr die dumpfe Ahnung eines Klimas der Gewalt macht sich breit, als dass sich Gewissheit einstellen würde. Aufs Wesentliche reduziert ist auch der Dialog. Valadez vertraut auf die Bilder und ein starkes, die Beunruhigung steigerndes Sounddesign. Gerade im Verzicht auf explizite Gewaltdarstellung und in der Überhöhung des Terrors der Banden in einer finsteren Nachtszene wird aber die Angst, die in dieser Region herrscht, eindringlich vermittelt.
Filmkulturclub Dornbirn im Cinema Dornbirn: Mi 6.4., 18 Uhr + Do 7.4., 19.30 Uhr


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