Musiker:innen aus Südafrika und Kolumbien prägen den besonderen Charakter des Pforte Kammerorchesters Plus. (Foto: Aron Polcsik)
Walter Gasperi · 14. Aug 2020 · Film

35. Alpinale: v-shorts als Plattform für Vorarlberger FilmemacherInnen

Seit 2005 bietet die Alpinale mit der Kategorie "v-shorts" Vorarlberger FilmemacherInnen eine Plattform, um ihre Werke einer größeren Öffentlichkeit zu präsentieren. Aufgrund der Corona-Krise entfiel heuer die Vorarlberger Kurzfilmnacht, in der jeweils im Mai eine Vorauswahl getroffen wird. Alle eingereichten 14 Filme wurden so im Rahmen des Festivals dem Publikum, das auch über die Vergabe des mit 500 Euro dotierten Preises entscheidet, präsentiert.

Neue Filme zeigten Maximilian Feurstein und Ted Dontchef sowie Fine Gompert, die schon zur letzten Alpinale mit "Dead End" beziehungsweise "The Differents" eingeladen wurden. Wie schon bei ihrem Vorgängerfilm orientieren sich Feurstein / Dontchef auch bei dem wiederum englischsprachigen "Domino" an klassischen Hollywood-Mustern. Mit starker Bildsprache, aber auch sehr formelhaft erzählen sie von einem Vater, der ohne Wissen der getrennt lebenden Mutter seine beiden Kinder zu einem Überraschungsausflug mitnimmt. Während die besorgte Mutter nach den Kindern sucht, kommt es in der Hütte, in die der Vater die Kinder brachte, zur Katastrophe.
Das ist handwerklich zweifellos gekonnt gemacht, lässt aber auch jede Eigenständigkeit vermissen und wirkt wie am Reißbrett entworfen.

Originell ist dagegen Fine Gomperts ebenfalls auf Englisch gedrehter "Off the Track" allein schon dadurch, dass ein Dialog zwischen einer jungen Frau und ihrem Bruder immer wieder durch eine auf einer Kugelbahn rollende Murmel unterbrochen wird. Auf das Zimmer des Jungen beschränkt und in Echtzeit erzählt, wirft Gompert so auf drei Minuten verdichtet Fragen nach Liebe und Gleichgültigkeit auf und macht bewusst, wie schnell Ereignisse einen (jungen) Menschen aus der Bahn werfen können.

Einen spannenden Einblick in die japanische Kunst des Kintsugi, bei der zerbrochene Keramikgefäße mittels speziellem Kleb wieder zusammengefügt werden, bietet dagegen die in Tokio lebende Sybilla Patrizia in dem sechsminütigen Dokumentarfilm "Unbroken". In einer Bildsprache, bei der die britische Künstlerin Clementine Nuttall weitgehend im Off bleibt und der Fokus ganz auf der Keramik liegt. Mit starkem Sounddesign und Voice-over weitet sich der Film zur allgemeinen Reflexion über die Frage, ob etwas Zerbrochenes nicht ein Ende, sondern vielmehr der Anfang von etwas Neuem bedeuten kann.

Interessante historische Bilder von der Bregenzerwaldbahn bietet Norbert Finks "Die Bregenzerwaldbahn 1983". Wie aus dem Führerstand eines Zuges aufgenommen wirkt der Film, für den Fink 1983 teils mit einem selbst gebastelten Doppelfahrrad, teils mit einem speziellen Mopedfahrzeug die stillgelegte Bahntrasse befuhr. Die digitale Bearbeitung des Super-8-Materials, durch das eine vergangene Zeit dem Vergessen entrissen wird, überzeugt, doch einerseits bietet der teilweise redundante, die Bilder verdoppelnde Voice-Over-Kommentar Finks kaum Hintergrundinformationen, andererseits fehlt die gestaltende Hand eines Regisseurs. Immerhin war dies der einzige Film in den "v-shorts", der auch inhaltlich einen klaren Vorarlbergbezug aufwies.

Der Bergführer und Filmemacher Stefan Fritsche zeichnet dagegen in "6425²ZERO" ein Unternehmen nach, bei dem er selbst mit vier peruanischen Bergsteigern an einem Tag den 6425 Meter hohen vergletscherten Vulkangipfel des Coropuna mit Ski bestieg und nach der Abfahrt mit Mountainbikes auf Schotterpisten über 200 Kilometer bis zur Pazifikküste fuhr.
So spannend das Unternehmen ist, so ist "6425²Zero" doch mehr klassische TV-Dokumentation als echter Dokumentarfilm. Statt in langen Bildfolgen die extreme Anstrengung erfahrbar zu machen, dominieren Interviews mit den Beteiligten und rein zur visuellen Auflockerung sind kurze Szenen von den eigentlichen Aktivitäten eingeschnitten. Als Entschuldigung kann hier auch nicht gelten, dass es kaum möglich ist, die Tour durchzuziehen und gleichzeitig selbst alles zu filmen.

Unverkennbar ein Film von Veronika Schubert ist dagegen "Contouring", in dem die gebürtige Bregenzerin zunehmend rasanter wechselnde, auf Kohlepapier nachgezeichnete  Mosaikstrukturen von Textilmustern Life-Style-Tipps und Phrasen aus Beauty-Tutorials unterlegt. - Künstlerisch zählte Schuberts Film neben Sybilla Patrizias "Unbroken" sicherlich zu den Höhepunkten dieser ausgesprochen durchwachsenen Programmschiene und gespannt sein darf man, wie das Votum des Publikums ausfallen wird.