Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Gunnar Landsgesell · 03. Mär 2016 · Film

13 Hours: The Secret Soldiers of Benghazi

Ein Actionthriller, der eine mögliche Version der tödlichen Ereignisse rund um die Erstürmung des Gebäudes im libyschen Benghazi 2012 erzählt, in dem US-Botschafter Stevens ums Leben kam. Regisseur Michael Bay inszeniert die islamistischen Kämpfer der Ansar al-Sharia wirkungsvoll als unheimliche Macht, scheitert aber damit, die Hintergründe dieses politischen Debakels zu beleuchten.

Auf YouTube gibt es einen Ausschnitt aus einem elfstündigen Hearing zu sehen, dem sich Hillary Clinton im Oktober 2015 stellen musste. Anlass war die Ermordung des US-Botschafters J. Christopher Stevens 2012 im libyschen Benghazi. Mitglieder der Ansar al-Sharia hatten den kaum geschützten Botschafter getötet, Clinton, die damals Außenministerin war, hatte der Öffentlichkeit erklärt, dass das ein spontaner Angriff war. Sie wollte offenbar vertuschen, dass ihr Stab das Debakel mitverschuldet hat. Ein brisanter Stoff also, der hier erzählt wird. Nun wäre es aber zu viel gesagt, dass „13 Hours: The Secret Soldiers of Benghazi“ eine Rekonstruktion der damaligen Ereignisse versucht. Regisseur Michael Bay ist ein Regisseur simpel entworfener Actionfilme, der sein Publikum mit Filmen wie „The Rock“ (1996), oder der „Transformers“-Reihe (2007/14) findet. Die Frage, ob das Attentat koordiniert war, beantwortet Bay aber dennoch, ohne den Terroristen ein Gesicht oder auch nur eine Stimme zu geben. Bay inszeniert die Angriffe dieser Nacht in mehreren Wellen und greift in seinen Totalen zuweilen auch auf Zombie-Ästhetik zurück, wenn die nächtlichen Figuren sich langsam und geisterhaft dem Gebäude annähern. Von einem spontanen Tumult ist bei Bay jedenfalls nichts zu sehen.
Fast immer interessieren sich amerikanische Verfilmungen politischer Ereignisse vor allem für die eigene Rolle. Das gilt auch für „13 Hours“: Die Perspektive ist streng auf den CIA-Sicherheitsapparat und dessen Planungsfehler gerichtet sowie auf sechs „Söldner“, die damals bei der CIA unter Vertrag standen – sie sind es auch, denen hier ein Helden-Denkmal errichtet werden soll. Dass von Bay dennoch kein analytischer Blick zu erwarten ist, wie ihn etwa Kathryn Bigelow mit „Zero Dark Thirty“ auf die CIA geworfen hat, war klar.

Alamo-2012-thing


In den ersten 45 Minuten wirkt es aber geradezu so, als fände man keinen Zugang zu diesem Stoff. Bay zeigt lust- und ideenlos die sechs Kämpfer des Spezialteams beim Skypen mit der Familie und im Geplänkel miteinander. Die Helden von morgen wirken hier vor allem austauschbar. Bays Limits als Regisseur, Charaktere mit Leben zu erfüllen, werden hier deutlich. Anders die 100 Minuten danach. Die ausladende Villa, die die CIA für den Botschafter (seltsam blasiert: Matt Letscher) gewählt hat, halten Rone (James Badge Dale) und seine fünf Mitkämpfer, allesamt ehemalige Navy SEALS und Ranger, für ein Sicherheitsrisiko. Bay verschärft den Konflikt zwischen dem vor dem Ruhestand stehenden CIA-Station Chief (David Costabile) und den Spezialisten sukzessive, bis mit der Gewaltexplosion eine testosterongeladene Inszenierung ihre Erfüllung findet. Was dann folgt, umreißt ein selbstreferenzieller Scherz aus dem Mund eines der harten Hunde: When does this Alamo-2012-thing come to an end? Eine Nacht voll Feuerwerk und Tragik, der Botschafter wird ausgeräuchert, mehrmals schwankt das Geschehen zwischen Erleichterung und der eigenen drohenden Vernichtung. Ein Gefühl für die prekäre Situation dieses US-Außenpostens, der in Libyen von der Administration alleingelassen wurde, vermag Bay doch zu evozieren. Eine Randnotiz, wenngleich skurril, wie Bay Libyens Bevölkerung ins Bild holt. Während Raketenwerfer und MGs ihren Blutzoll fordern, stehen Männer, Frauen, ja Kinder nahezu mitten im Geschehen herum und betrachten dieses mit Neugier. Mehrmals auch begegnen die US-Soldaten Libyern, die auf Fernsehern begeistert ein Fußballspiel verfolgen, während rund um sie Krieg tobt. "It’s a different world", kommentiert das einer der Spezialkämpfer fassungslos. Die Frage, was die USA in dieser fremden Welt eigentlich verloren haben, außer das Leben ihrer tapfersten Krieger, wird allen (republikanischen) Verfechtern eines US-amerikanischen Isolationismus Recht geben. Im Abspann sind die Filmemacher aber auch um eine Art Völkerverständigung bemüht. Real footage zeigt Libyer, die ihre Solidarität mit den USA bekunden. Botschafter Stevens war 2012 noch lebend von jungen libyschen Männern aus dem Gebäude geholt worden, bevor er verstarb.